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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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ich ertragen in christlicher Geduld, wenn sie den Bogen nicht überspannt und vor drei Tagen den Stecker aus der Kühltruhe im Keller gezogen hätten. Wir haben es erst gestern gemerkt, da war schon alles abgetaut und verdorben.«
    »Entsetzlich!«
    »Aber, meine Lieben, da ist mir der Kragen geplatzt! Da hat es was gesetzt!«
    »Opa, du hast doch nicht...«
    »Doch«, sagte der Opa, »ich habe!« und er lebte förmlich auf. »Ich habe ihnen eine Tracht Prügel verabreicht, an die sie noch lange denken werden. Sie war längst fällig, meine Lieben! Jetzt sind sie erzogen! In Zukunft werdet ihr es leichter haben!«
    Ähnliches pflegte meine Mutter zu sagen, wenn wir Andreas oder Mathias nach einem Urlaub bei ihr abholten. (Sie nahm nie beide zusammen. »Denn«, so sprach sie, »ich bin auch nicht mehr die Jüngste, und eure Kinder sind reizend, aber nur einzeln zu ertragen.)
    »Jetzt ist er wirklich ganz sauber«, erklärte sie, »jetzt habt ihr keinen Ärger mehr damit. Er hat sich an das Töpfchen gewöhnt und weiß Bescheid. Ihr müßt ihn nur draufsetzen, und schon ist die Sache erledigt.«
    Wir dankten überschwenglich, packten den betreffenden Sohn ins Auto und priesen uns glücklich, daß diese schwierige Periode überwunden schien.
    Kaum zu Hause angelangt, war alles wieder beim alten. Von »wirklich ganz sauber« konnte nicht die Rede sein.
    »Na, Kind, wie ist es?« fragte meine Mutter ein paar Tage später am Telefon, »habt ihr noch Schwierigkeiten?«
    »Wenn wir das Töpfchen aus dem Spiel lassen, dann nicht.«
    »Kind, ihr macht da irgendetwas falsch. Meine Kinder waren alle mit zwei Jahren sauber. Ihr seid zu lässig und nehmt es nicht ernst genug. Nun lest ihr schon all diese Erziehungsbücher, und was kommt dabei heraus? Nichts als nasse Hosen!«
    Dann erreichte uns ein Päckchen mit Photos.
    »Andreasle bei den Großeltern« stand darauf geschrieben. Wir betrachteten die Photos: Andreas auf dem Töpfchen neben Großpapas Schreibtisch sitzend; Andreas auf dem Töpfchen unter dem Birnbaum sitzend, rechts Großmama, Bohnen schnippelnd, links Großpapa, Zeitung lesend; Andreas auf dem hohen Stuhl am Frühstückstisch, unter ihm das Töpfchen... so ging es weiter, lauter entzückende Töpfchenbilder. Er mußte die ganze Ferienzeit auf diesem Gefäß zugebracht haben. Kein Wunder, daß er es bei uns so tief verabscheute, es aus dem Fenster warf, unters Bett schubbste oder einfach dafür sorgte, daß die Sache schon erledigt war, bevor das Töpfchen in Aktion trat.

    »Also, jetzt sind sie erzogen!« sagte der liebe Schwiegervater, als wir unsere Söhne im Auto verstauten. »Ich habe euch viel Mühe abgenommen, und es ist mir nicht leicht gefallen, das könnt ihr mir glauben. Ich lasse mir nicht von zwei kleinen Lausbuben auf der Nase herumtanzen, auch wenn ich weiß, daß ihr gegen Prügel seid!«
    »Weisch, Mulchen«, sagte Andreas bei der Heimfahrt, »dr Opa hat uns richtig verhaue, zerscht mi und dann dr Mathias. Aber ‘s war net schlimm! Mir habet furchtbar brüllt, und dann isch d’ Omi komme und hat gsagt, sie kann’s net mit asehe, ‘s dreht ihr’s Herz rom, und dr Opa wär en Türann und schlägt die arme Kinder halb tot, wo sie ‘s doch net gwußt habet mit dr Kühltruhe. Dann hat dr Opa den Schtock in d’Eck gschmisse und gsagt, se soll net denke, ihm macht’s Spaß, aber er hat a Verantwortung, und se soll net so histerisch sei, und dann habet se sich furchtbar gschtritte, und dr Mathias hat fascht gar nix mehr verwischt.«
    »Ja«, bestätigte Mathias, »da hab i Glück ghabt!«

Umzug ohne Aufzug

    Der Auszug verlief schnell und reibungslos. Punkt zwölf Uhr schloß der Packer die Tür des Möbelwagens. Manfred und ich fegten das leere Haus und gingen dann noch einmal von Zimmer zu Zimmer, um Abschied zu nehmen.
    Trotz all seiner Tücken liebte ich dieses Haus: Den Parkettboden, der in stillen Nächten so furchterregend »arbeitete«; die zinnengeschmückten Öfen, in denen man Äpfel braten und Wärmflaschen aufheizen konnte; die Küche mit der steinernen Spüle, dem altmodischen Tellerbrett und den Rohren, die trotz unserer Bemühungen jeden Winter einzufrieren pflegten; die Speisekammer, in der es noch zart nach Sauerkraut und Schimmel duftete - ja, dies alles liebte ich oder meinte es wenigstens beim Auszug, umfaßte es noch einmal mit warmem Blick und richtete ihn dann hinaus zum Fenster. Der Birnbaum flammte in herbstlichem Rot und der goldene Hahn auf dem sehenswerten Kirchlein
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