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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Michael Robotham
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Ich heiße Piper Hadley und
    ich werde seit dem letzten Samstag der Sommerferien vor drei Jahren vermisst. Ich habe mich nicht in Luft aufgelöst, und ich bin auch nicht weggelaufen, wie damals viele Leute geglaubt haben (sofern sie nicht dachten, ich sei sowieso schon tot). Und trotz allem, was man vielleicht gehört oder gelesen hat, bin ich auch nicht in ein fremdes Auto eingestiegen oder mit einem perversen Pädo durchgebrannt, den ich im Internet kennengelernt habe. Ich wurde weder an ägyptische Sklavenhändler verkauft noch von einer Bande Albaner zur Prostitution gezwungen. Und dass ich auf einer Luxusjacht nach Asien verschleppt wurde, stimmt auch nicht.
    Ich war die ganze Zeit hier – weder im Himmel noch in der Hölle noch an dem Ort dazwischen, dessen Name mir nie einfällt, weil ich im Kindergottesdienst nicht aufgepasst habe. (Ich bin bloß wegen dem Kuchen und dem Saft danach hingegangen.)
    Ich weiß nicht ganz genau, wie viele Tage, Wochen oder Monate ich schon hier bin. Ich habe versucht mitzuhalten, aber mit Zahlen hab ich es nicht so. Im Rechnen bin ich ehrlich gesagt eine absolute Niete. Fragt Mr Monroe, meinen alten Mathelehrer. Der behauptet, ihm seien die Haare ausgefallen, als er mir das Lösen von Gleichungen beibringen wollte. Das ist übrigens totaler Blödsinn. Er war schon kahler als eine Schildkröte auf Chemo, bevor er mich je unterrichtet hat.
    Jeder, der damals die Nachrichten verfolgt hat, weiß, dass ich nicht allein verschwunden bin. Meine beste Freundin Tash war bei mir. Ich wünschte, sie wäre jetzt hier. Ich wünschte, sie hätte sich nicht durch das Fenster gezwängt. Ich wünschte, ich wäre an ihrer Stelle entkommen.
    In Geschichten über vermisste Kinder heißt es immer, sie würden von Herzen geliebt, und ihre Eltern wünschten sie sich sehnlichst zurück, egal ob das stimmt oder nicht. Damit will ich nicht sagen, dass sie nicht geliebt und vermisst werden, doch das ist nicht die ganze Wahrheit.
    Schüler, die bei Prüfungen glänzen, laufen nicht weg. Mädchen, die bei Schönheitswettbewerben gewinnen, laufen nicht weg. Und auch nicht solche, die mit heißen Typen zusammen sind. Sie haben einen Grund zu bleiben. Aber was ist mit denen, die gemobbt werden? Die magersüchtig sind oder wegen ihres Aussehens Komplexe haben? Oder die die Streitereien ihrer Eltern leid sind? Es gibt eine Menge Gründe, die Jugendliche dazu bringen, und keiner hat etwas damit zu tun, ob man von seinen Eltern geliebt wird oder gewollt ist.
    Ich will nicht an Tash denken, weil ich weiß, dass mich das aufregen wird. Meine Sauklaue ist auch so schon schwer zu entziffern, was eigentlich seltsam ist, weil ich mit neun sogar mal einen Schönschriftwettbewerb gewonnen habe. Als Preis gab es einen Füller in einer schicken Schachtel, an der ich mir beim Zumachen immer die Finger geklemmt habe.
    Wir sind zusammen verschwunden, Tash und ich. Es war ein Sommer mit heißen Winden und heftigen Gewittern, die kamen und gingen wie, nun ja, Gewitter eben. Es war ein klarer Abend Ende August, der letzte Tag des Bingham Summer Festivals. Die Karussells liefen nicht mehr, und die bunten Lichter waren gelöscht.
    Unser Verschwinden wurde erst am nächsten Morgen bemerkt. Am Anfang haben nur unsere Familien nach uns gesucht, dann riefen auch Nachbarn und Freunde unsere Namen auf Spielplätzen und Straßen, über Hecken und Felder. Als die Stunden sich anhäuften, alarmierten sie die Polizei, die eine richtige Suche einleitete. Hunderte von Menschen versammelten sich auf einem Kricketplatz und wurden in Trupps unterteilt, die die Bauernhöfe und Wälder entlang des Flusses durchsuchten.
    Am zweiten Tag waren fünfhundert Leute im Einsatz, Polizeihubschrauber, Spürhunde und Soldaten von der Royal Air Force. Dann kamen die Journalisten mit ihren Satellitenschüsseln und Übertragungswagen, die auf dem Bingham Green parkten und die Einheimischen für die Benutzung der Toiletten bezahlten. Vor der Stadtuhr stehend berichteten Reporter den Leuten, dass es nichts zu berichten gebe, doch sie taten es trotzdem. Tagelang ging das so, auf allen Sendern rund um die Uhr, weil die Öffentlichkeit auf den neusten Stand des Nichts gebracht werden wollte.
    Sie nannten uns die »Bingham Girls«, und die Leute häuften Blumen zu Gedenkstätten und banden gelbe Bänder um Laternenpfähle. Sie kamen mit Luftballons, Stofftieren und Kerzen an, genau wie damals bei Prinzessin Dianas Tod. Vollkommen Fremde beteten für uns, weinten, als
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