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Ich sehe dein Geheimnis

Ich sehe dein Geheimnis

Titel: Ich sehe dein Geheimnis
Autoren: Kim Harrington
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Warum Cecile vor unserem Streit in die gleiche Richtung gegangen war. »Cecile Clayworth hat Sie bezahlt.«
    »Ja.«
    Das war die Quittung dafür, dass ich Stephen in der Schule verpetzt hatte. Verdammt. Rache war für diese Familie wie ein Hobby.
    »Es tut mir leid, dass ich an diesen Problemen beteiligt war.« Madame Maslov tätschelte mir die Wange und wandte sich ab.
    »Warten Sie. Bevor Sie gehen … hätte ich gerne noch die Lottozahlen von morgen.«
    Sie lachte aus vollem Hals. »Nein. Keine Lottozahlen. Aber ich werde dir schnell die Zukunft vorhersagen.«
    Sie trat dicht an mich heran, als wollte sie mir ein Geheimnis verraten, und nahm meine Hand fest in ihre Hände. Kichernd schüttelte sie den Kopf. »In deiner Zukunft sehe ich zwei Dinge – eines wird bald eintreten, das andere erst etwas später. Bald wird sich dein Bruder am Knöchel verletzen. Und später … ist jemandes Liebe zu dir nicht echt … das Gefühl entspringt nicht der Zuneigung, sondern einem kranken Wesen …« Sie öffnete die Augen und ließ meine Hand los. »Sei vorsichtig.«
    »Okay … danke.« Ich zitterte unwillkürlich. Madame Maslov hatte zwar schon einmal richtig vorausgesagt, dass mir Gefahr drohte, aber das musste nichts heißen. Oder? Vielleicht lag sie ja nur in der Hälfte der Fälle richtig. Das hoffte ich jedenfalls.
    »Eine Frage habe ich noch.« Ich vergewisserte mich, dass meine Mutter nicht in der Nähe war. »Sie haben doch einen Mann gesehen, der wie mein Bruder aussah. War er alt genug, um mein Vater zu sein?«
    Madame Maslov sah mich aufmerksam an. »Warum fragst du das?«
    »Ich habe meinen Vater seit fünfzehn Jahren weder gesehen noch gesprochen.«
    Sie runzelte die Stirn und presste die Lippen zusammen. »Er könnte es gewesen sein. Die Ähnlichkeit war unheimlich. Aber …«
    »Aber was?«
    »Wenn er dein Vater ist, dann sei froh, dass er nicht hier ist.«
    Bevor ich ihre Antwort einigermaßen verdauen konnte, öffnete sich hinter mir die Tür von Justins Zimmer. Ich drehte mich um. Perry verabschiedete sich gerade von Justin. Als ich mich wieder umwandte, war Madame Maslov schon ein gutes Stück den Flur hinuntergegangen.
    »Mist«, schimpfte ich.
    »Aah! Aaaah!«
    Ich sah gerade noch, wie Perry über die Krankentrage stolperte und stürzte. Er stieß einen gellenden Schrei aus, wie ein kleines Mädchen.
    Und er hielt sich den Knöchel.
    Als Mom mich später endlich einen Moment aus den Augen ließ, ging ich zum Strand und setzte mich in den warmen Sand. Ich nahm eine Handvoll und ließ die Körnchen zwischen meinen Fingern hindurchrieseln. Der Wind wehte sie fort. Wellen mit hübschen Schaumkronen schwappten an den Strand und wieder zurück. An diesem Schauspiel erfreuten sich ein paar kreischende Kinder, die mit Eimerchen in den Händen herumrannten und das Leben genossen.
    Ich dachte an Justin und Gabriel und meine verwirrende Gefühlslage.
    Ich dachte an Madame Maslovs düsteren Satz über den Mann, der mein Vater sein könnte, und an ihre ebenso düstere Warnung vor jemandem, der mich auf die falsche Art lieben würde.
    Schließlich dachte ich an Stephen und seine Taten. Auf seltsame Weise verstand ich seine Motive. Ich wusste, was Loyalität bedeutete, was es hieß, seine Familie vor alles andere zu stellen. Ich hatte bereits erfahren, was ich zu tun bereit war, um meine eigene Familie zu schützen. Ich hatte der Polizei Informationen vorenthalten, Menschen benutzt und gelogen.
    Wie weit würde ich schlimmstenfalls gehen? Stephen hatte seine Antwort auf diese Frage gefunden.
    Hoffentlich würde ich nie erfahren müssen, wo meine Grenzen waren.
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