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198 - In der Spiegelwelt

198 - In der Spiegelwelt

Titel: 198 - In der Spiegelwelt
Autoren: A.F.Morland
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Vorsichtig zog ich die Decke zur Seite und schwang die Beine aus dem Bett Vicky nahm wahr, daß ich mich bewegte, ohne aufzuwachen. Sie reagierte mit einem tiefen Seufzer und einer Drehung von mir weg.
    Ich sah auf die Digitalanzeige des Radioweckers. Es war sechs Uhr früh -und es war Sonntag. Fast die ganze Menschheit steht am Sonntag etwas später auf, doch ich hielt es im Bett keine Minute länger aus.
    Es drängte mich, jemandem meine Idee mitzuteilen, und niemand eignete sich dafür besser als der Ex-Dämon. Ich stand auf und schlich aus dem Schlafzimmer. Den Schlafrock nahm ich mit, zog ihn erst draußen an.
    Im Haus herrschte sonntägliche Stille. Auch Mr. Silver und seine Freundin Roxane, die weiße Hexe aus dem Jenseits, horchten noch an der Matratze. Nur der Nessel-Vampir Boram schlief nicht. Die graue Dampfgestalt war immer wach, am Tag ebenso wie in der Nacht, aber er verhielt sich stets so ruhig, als wäre er gar nicht da.
    Noch nie hatte Boram unsere Nachtruhe gestört, selbst wenn sie noch so weit in den Tag hineinreichte. Es sei denn, es lag ein triftiger Grund dafür vor.
    Ich begab mich in die Küche und füllte Wasser in den Kaffeeautomaten -und gemahlenen Kaffee für zwei Tassen in den Filteraufsatz.
    Ein Druck aufs Knöpfchen, und Augenblicke später begann das heiße Wasser zu gurgeln. Nun ging ich ins Wohnzimmer, wo mir der weiße Vampir mit seiner hohlen, rasselnden Stimme einen guten Morgen wünschte, wobei er nicht vergaß, mich wie immer »Herr« zu nennen, anstatt mich mit meinem Vornamen anzusprechen, wie es alle meine Freunde taten.
    Ich hatte es aufgegeben, ihn darum zu bitten. Es hatte keinen Zweck. Niemand konnte Boram ändern. Er war, wie er war. Damit mußte man sich einfach abfinden.
    »Tust du mir einen Gefallen, Boram?« fragte ich.
    »Jeden, Herr.«
    »Dann geh bitte hinauf und hole Mr. Silver. Aber weck Roxane nicht.«
    Der Nessel-Vampir nickte. Lautlos verließ die Dampfgestalt den Raum. Boram würde unter der Tür in Roxanes und Mr. Silvers Schlafzimmer durchsickern wie eine dünne Nebelschwade.
    Ich kehrte in die Küche zurück. Der Kaffee war inzwischen fertig. Ich goß ihn in zwei Tassen und gab Milch dazu, und eine Minute später erschien der Hüne mit den Silberhaaren, mein bester Freund und Kampfgefährte. Der Nessel-Vampir zog sich wieder zurück.
    »Seit wann bist du unter die sonntäglichen Frühaufsteher gegangen?« fragte Mr. Silver. »Du pennst doch normalerweise so lange, daß ich mich schon für dich schäme.«
    Ich stellte die Tassen auf den Küchentisch. »Setzen wir uns.«
    »Wenigstens warst du so klug, mich mit entwaffnendem Kaffeeduft zu empfangen«, brummte der Hüne und nahm Platz. »Dennoch würde ich gern wissen, was dich veranlaßt, mich zu dieser nachtschlafenden Zeit aus dem Bett zu holen.«
    »Eine Idee«, antwortete ich und schlürfte vorsichtig meinen heißen Kaffee.
    »Muß ja eine Wahnsinnsidee sein.«
    »Kannst du laut sagen«, pflichtete ich dem Ex-Dämon bei.
    Mr. Silver sah mich gespannt an. »Dann laß mal hören.«
    Ich richtete mich gerade und hob den Kopf ein wenig. »Ich weiß endlich, wie wir unseren Erzfeind Frank Esslin wieder zu unserem Freund und Vertrauten machen können.«
    Diese Eröffnung schlug bei Mr, Silver wie eine Bombe ein, obwohl ihn für gewöhnlich kaum etwas aus der Fassung bringen konnte.
    ***
    Frank Esslin blickte auf ein ungewöhnliches, ereignisreiches Leben zurück. Einst war er WHO-Arzt gewesen -Spezialgebiet: Tropenmedizin.
    Er war viel für die Weltgesundheitsorganisation unterwegs gewesen, und auf einer dieser Reisen hatte er Tony Ballard kennengelernt. Aus der Bekanntschaft entwickelte sich sehr rasch eine Freundschaft, die über den normalen Rahmen weit hinausging, denn Frank und Tony kämpften auch Seite an Seite gegen Geister und Dämonen.
    Nichts schien ihrer wetterfesten Freundschaft etwas anhaben zu können, doch eines Tages bekam Rufus, der Dämon mit den vielen Gesichtern, Frank Esslin in die Finger, und von da an wurde alles anders.
    Rufus, von Tony Ballard in die Enge getrieben, zerstörte sich selbst - und nahm Frank Esslin mit. Dabei fand eine folgenschwere Umkehr statt.
    Aus Frank Esslin wurde ein Söldner der Hölle, der unter Rufus’ persönlichem Schutz stand. Der Dämon ließ seinen Schützling auf der Prä-Welt Coor zum gefährlichen Mord-Magier ausbilden, und Frank Esslin setzte sich immer ehrgeiziger für die schwarze Macht ein.
    Er wollte aufsteigen. Sein geheimes Ziel war es, ein
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