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Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Titel: Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
Autoren: Ellen Berg
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aufschlug, enthielt Steuerunterlagen. Der zweite Versicherungspolicen. Vivi warf ihn auf den Boden. Der dritte Ordner war voller Rechnungen. Den vierten Aktenordner hatte Jan mit dem Etikett »privat« beschriftet.
    Sie setzte sich auf den Schreibtischstuhl. Wonach genau sie suchte, wusste sie nicht. Doch es gab ein Geheimnis, und wenn ihr wankelmütiges Glück sie nicht schmählich im Stich gelassen hatte, wurde sie hier fündig. Hektisch durchblätterte sie den Ordner. Jan war wirklich ein Schätzchen. Alles hatte er aufgehoben: seine Ernennung zum Hauptkommissar, seine Bewerbungen, seine Studienunterlagen, sein Abiturzeugnis. Immer weiter zurück wühlte sich Vivi in seine Vergangenheit, bis sie schließlich die letzten Blätter erreichte.
    Eine Geburtsurkunde. Und eine Adoptionsurkunde. Ein Ehepaar Petersen aus Hamburg hatte Jan adoptiert. Und nun? Mit einer Büroklammer war ein weiterer Zettel auf der Rückseite befestigt. Vivi drehte das Blatt um.
    Sehr geehrter Herr Petersen,
    dem Antrag auf Ermittlung Ihrer leiblichen Eltern wurde stattgegeben. Sie sind das zweite Kind von Frau Anna Erna Elisabeth Kowalski, wohnhaft in Köln, Mathildenstraße 6. Vater unbekannt.
    Jetzt brauchte Vivi wirklich ein Kreislaufmittel.
    Vivi hatte nie Schach gespielt. Immerhin kannte sie in etwa die Regeln und hatte auch schon mal von Blitzschach gehört. Etwas Ähnliches ereignete sich nämlich gerade auf dem Schachbrett ihrer Synapsen. Mindestens in Lichtgeschwindigkeit. Die Dame erledigte einen Turm, der Springer preschte vor, wurde jedoch von der Dame umgemäht, die auch gleich noch einen Bauern erwischte. Dann schob sich der feindliche König heran und bedrohte die Dame.
    »Frau Bernburg? So sagen Sie doch etwas«, flehte Doktor Köhnemann.
    Vivi saß so unbeweglich auf dem Schreibtischstuhl wie eine Schaufensterpuppe. Nur, dass Schaufensterpuppen im Allgemeinen keine rosa Bademäntel trugen und schon gar nicht rosa Frotteeschlappen mit eingestickten Prinzessinnenkronen.
    »Frau Bernburg!«
    »Geben Sie mir noch eine Sekunde bitte, ich muss mir einen Überblick verschaffen«, bat Vivi.
    Jan Petersen hieß also eigentlich Jan Kowalski. Unzweifelhaft war er der Bruder von Richard beziehungsweise André Kowalski. Diese Entdeckung haute Vivi komplett aus den Pantinen.
    Sie starrte auf das Blatt Papier. Nur ein paar Buchstaben, undein ganzer Kosmos kracht zusammen, dachte sie. In ihrem Bauch bewegte sich etwas, zart wie Schmetterlingsflügel. Das konnte eigentlich nur eine Halluzination sein, denn in diesem frühen Stadium der Schwangerschaft fühlte man doch wohl noch nichts. Oder?
    Vivi bestand praktisch nur noch aus Gefühlen, und zwar aus sehr widersprüchlichen. Liebe und Hass, Rachsucht und Sehnsucht tobten in ihr. Es war gar nicht so leicht, in diesem Schlamassel noch die Übersicht zu bewahren. Immerhin brachte ihr Verstand eine Schlussfolgerung zustande: Jan hatte sie ausspioniert, weil er sie ans Messer liefern und seinen Bruder rächen wollte. Der Verdacht musste früh auf sie gefallen sein, denn bestimmt hatte Richard alias André seinem Bruder von ihr erzählt.
    Alles in Vivi war in Aufruhr, während sie die Ereignisse rekonstruierte. Dann hatte sie Bertholds Millionen geerbt, und Jan hatte seine Taktik geändert – nun wollte er Rache plus Knete. Und das ging nur über Vivis Leiche, seit er wusste, dass sie vorhatte, das gesamte Geld zu spenden.
    So einleuchtend das alles war, eines blieb im Dunkeln: Was war mit dieser großen, wunderbaren Liebe? Klar, das Schauspieltalent lag in der Familie. Richard hatte ihr ja auch den röhrenden Romeo vorgespielt. Aber bei Jan war es anders gewesen. Sie tickten gleich. Sie hatten so viel gemeinsam. Sie begehrten einander bis zum Irrsinn. Und während Richard ein Kurzstreckenläufer gewesen war, mit wenigen Stippvisiten bei Vivi, hatte Jan den Test des Zusammenlebens glänzend bestanden: immer liebevoll, immer zärtlich, immer freundlich. Wie passte das alles zusammen?
    Jetzt saß zur Abwechslung Vivi vor einem Tausend-Teile-Puzzle,das sie nicht zusammensetzen konnte. Höchste Zeit, mit jemandem zu reden. Und dafür kam nur eine einzige Person in Frage.
    Sie drehte sich zu dem Arzt um, der mit einem zutiefst verwirrten Gesichtsausdruck in seinem Sessel hockte.
    »Herr Doktor Köhnemann, eines Tages werde ich alles wiedergutmachen«, sagte Vivi gehetzt. »Ich bitte Sie nur noch um einen letzten Gefallen: Könnten Sie mich ins Hotel Miramar fahren?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich
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