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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)
Autoren: Nick Lake
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Nahe der Burg des Fürsten Oda, Nagoya
    1565
     
    Es war nicht gut, sich hier draußen aufzuhalten, in der Nacht, ganz allein.
    Das junge Mädchen durchquerte das Handwerkerviertel bedauerlicherweise mitten in der Nacht  – und es war ganz allein.
    Sie bewegte sich mit dem gezierten Gang einer Adligen und trug nur einen zarten, zusammengefalteten Fächer bei sich. Mit Edelsteinen besetzte Ringe reihten sich an ihren Fingern. Die weichen Tabi an ihren Füßen waren für das Haus gedacht und zum Rennen oder Kämpfen völlig ungeeignet.
    Der Mann in Schwarz war froh darüber. Mit Gegenwehr wurde er fertig. Aber wenn sie davonliefen  – das war immer lästig.
    Er blickte auf sein junges Opfer hinab und vergewisserte sich noch einmal, dass er sein Ziel richtig identifiziert hatte. Ja, da war es: Ganz deutlich erkannte er auf dem Kimono des Mädchens das Mon der Familie Oda, Blütenblätter in Blütenblättern.
    Dies war die Tochter des Fürsten Oda.
    Das Mädchen war sich offenbar nicht bewusst, welche Wirkung die feinen Goldfäden in ihrem Gewand auf die Bewohner eines solchen Viertels haben konnten.
    Diese Arbeit wird leichter, als ich dachte , überlegte der Mann in Schwarz.
    Er sprang lässig auf das nächste Dach hinüber. Lautlos kam er auf und lief weiter, geschmeidig und tief geduckt, damit ihn niemand bemerkte. Das nächste Dach war zu weit, um es mit einem Satz zu erreichen, doch er sprang einfach mit einem Salto auf den Boden, rollte sich ab, sprang geschickt in die Höhe und packte die überhängende Traufe des nächsten Daches. Er blieb eine Sekunde lang dort hängen und genoss das Gefühl der Schwerkraft, die an seinem Körper zog, ehe er auf die Dachschindeln emporschnellte.
    Eine Katze, die dort geschlafen hatte, erhob sich gereizt, machte einen Buckel und wollte fauchen, doch der Ninja hob ein Blasrohr an die Lippen. Die Katze brach zusammen und rollte die Dachschräge hinab. Ehe sie über den Rand fallen und auf den Boden prallen konnte, streckte der Ninja träge einen Arm aus und heftete den Kadaver mit einem Wurfdolch an die Schindeln aus Rinde.
    Der Ninja sprang von Dach zu Dach, bis er das Mädchen überholt hatte. Er wartete auf den richtigen Moment, und sein gesamter Körper blieb vollkommen still. Als das Mädchen unter ihm vorüberging, sprang er vom Dach und fing sich geschickt mit einer Kniebeuge ab, die beinahe augenblicklich in einen brutalen Tritt ins Gesicht des Mädchens überging.
    Das Mädchen taumelte rücklings, und der Ninja grinste und nutzte seinen Vorteil zu einer Reihe weiterer Tritte, ehe er nach seinem Kurzschwert griff.
    Als sich seine Hand zum Gürtel bewegte, senkte er für den Bruchteil einer Sekunde den Blick, und im selben Moment krachte etwas in sein Gesicht, brach ihm die Nase und ließ Schmerz und Übelkeit wie einen Tsunami durch seinen Körper rollen. Verschwommen sah er, wie das Mädchen die Hand zurückzog, und erkannte, dass der Fächer gar kein Fächer war  – es war ein schwerer Metallstab, als Alltagsgegenstand getarnt, ein klassischer Ninja-Trick.
    Aber wie …?
    Das Mädchen schlug erneut mit dem Stab zu, doch diesmal blockte der Ninja den Schlag mit Leichtigkeit ab. Seine Selbstsicherheit kehrte zurück, als es ihm endlich gelang, sein Schwert zu ziehen und es in einem Bogen aufwärtszuschwingen. Der Hieb sollte den Unterkiefer zertrümmern, die Halsschlagader durchtrennen und –
    Das Mädchen drehte sich irgendwie unter dem Schwerthieb weg und ließ den Fächer-Schlagstock auf das Handgelenk des Ninja herabsausen. Der Mann spürte, wie ihm das Handgelenk zertrümmert wurde, und als sein Schwert zu Boden fiel, zerschlug eine Faust voll scharfkantiger Edelsteine sein linkes Auge.
    Kein Schmuck. Ein Schlagring.
    Seine Beine knickten ein, und er sank zu Boden. Doch es war noch nicht vorbei. Es war nie vorbei. Seine Wunden würden mit der Zeit verheilen. Das Auge natürlich nicht, aber der Rest …
    Das Mädchen stellte sich über ihn und zog ein grausames Wakizashi aus ihrem Kimono. Die Klinge des Kurzschwerts war so scharf, dass sie schimmerte, als sei sie sehr heiß. Die junge Frau ließ es geschickt um die rechte Hand wirbeln.
    Da wusste der Ninja, dass es vorbei war.
    »Richte dem Daimyō Tokugawa Folgendes von mir aus: Wenn er mir weiterhin Meuchelmörder schickt, werde ich ihm weiterhin Leichen zurückschicken«, sagte sie. »Und wenn er die ganze Welt gegen mich aufstellt, dann werde ich die ganze Welt töten. Sag das dem Daimyō. Und wenn er
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