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Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Titel: Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut
Autoren: Stefan Schwarz
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du es. Ich werde ihr aber natürlich absagen, wenn du es so willst.»
    Ich hatte beinahe Tränen in den Augen, so toll hatte es sich angehört. Meine Frau kam zu mir und schmiegte sich an mich, wie sie es sonst nur macht, wenn sie zerstrittenen Freundespaaren zeigen will, was wahre Liebe ist. Ich sollte wirklich wieder mehr lügen.

Die Wahrheit über einen Jungsgeburtstag
    Wer mich schon mal unaufgefordert anrufen musste, weiß, dass ich sehr unwirsch reagieren kann. Das hat Vorteile, weil Billigtarifhausierer und Heizkostenhalbierer nie wieder anrufen, sondern danach erst mal zwei Wochen vom Call-Center-Psychologen getröstet werden müssen. Andererseits zeichnet es, wie übrigens auch viele russische Straßenkarikaturisten, ein falsches Bild von mir. Die allermeiste Zeit des Tages reagiere ich einfach nur wirsch. Angenehm wirsches Reagieren und eine betont flätige Ausdrucksweise – dies sind die Kennzeichen meiner reifen Persönlichkeit. Anders die Freunde meines Sohnes. Da spritzt der Unflat nur so aus den Pubertistenhälsen.
    In der Elternversammlung tun die dazugehörigen Erziehungspersonen ja immer so, als ob sie sich zu Hause vor lauter HabedieEhre und BehütSieGott nicht gegenseitig durch die Tür komplimentiert bekommen, aber wenn man ihren Nachwuchs mal auswärts hört, klingt es doch stark nach Hafen   … angestellte.
    Dabei wollte ich ursprünglich die ganze Bande zum 14.   Geburtstag sich selbst überlassen. Cola, Snacks und Daddelkiste. Aber als die Jungs schon beim Hinstellen der Käsestangen loswieherten (wie viel Hormonüberschuss muss man eigentlich haben, um aus so was eine Zote zu ziehen), ahnte ich, dass alle Geburtstage vorher unschuldige Vergnügungen waren.
    Eine Stunde später schubsten sich die Bengel gegenseitigin die Mädels und schrien F-Wörter . Mag ja seine Reize haben, und ich könnte auf Anhieb eine Reihe von Damen nennen, gegen die ich auch mal geschubst werden möchte, aber der Toooon! Der Kronsohn dagegen hielt sich abseits und schlug etwas stärker strukturierte Spiele vor. Gelächter allenthalben. Hatte ich meinen Sohn zu gut erzogen? Alle, die ihn kennen, und sogar die, die nur von ihm gehört haben, würden das verneinen, und die meisten würden sogar unter der Folter dabei bleiben. Aber dann rief ihm einer das böse Wort «Langweiler» herüber und ließ sich gegen die vielversprechende Mareike schubsen, die auch zuverlässig vor Freude kreischte. So geht’s aber nicht. Bei den Jungfern großtun auf Kosten meines Nachkommen?
    «Ich geh jetzt rüber und stopf der Arschkrampe das Maul», sagte ich zu meiner Frau, die in der Küche mit der Fragphasen-Trollprinzessin darüber diskutierte, ob man später länger tot ist, als man vorher nicht geboren war. «Dem geb ich Bescheid, dass man noch lange kein Pilot ist, bloß weil man mal im Internet auf ein Flugzeug-Foto geklickt hat. Den Sprilli mach ich zur Schnecke. Schleimig genug ist er ja schon. Im Bademantel duschen und noch mit X-Beinen Schlüpper wechseln, wenn alle schon gegangen sind, aber meinen Sohn vollmeiern.» Ach, gute alte Kampfrhetorik, Wohlklang früher Schulhof-Fehden. Überrascht entdeckte ich, dass ich meine Daumen Bay-City-Rollersmäßig in die Gürtelschlaufen gehakt hatte. «Lass ihn mal», sagte meine Frau, «dein Sohn kann sich selbst verteidigen. Und wenn nicht, muss er’s lernen.»
    Schade, aber wie es aussah, hatte die Wahrheit wieder einmal die Gestalt meiner Liebsten angenommen. Ich ging trotzdem leise zum Jugendzimmer, wo vierPubiknaben grölend auf dem Bett herumhüpften. Mein Sohn saß schwermütig wie Hamlet auf der Bettkante. Mareike neben ihm hielt tröstend seine Hand. Abgefeimte Masche das. Alles meine Gene.

Jugend ohne Weihe
    Wir waren immerhin 21, die nach der Elternversammlung noch sitzen blieben, und wir waren von den Ungläubigen welche. Und dementsprechend ungläubig starrte ich die Frau vom Jugendweiheverein an, als sie meine Frage nach dem Gelöbnis verneinte. «Aber es gibt einen Blumenstrauß und eine Urkunde!», antwortete sie stolz. Na toll. Bei den Urvölkern müssense Drogenwurzeln kauen oder sich sonst was ichsagnichtwo durchbohren, um ein Mann zu werden, und bei den Hindus gibt es wenigstens noch ein rituelles Bad (nötig hätte es der Sohn, aber deswegen gleich nie wieder Rumpsteak essen?), und beim gottlob untergegangenen Volk der Siebzigerjahreostdeutschen musste man als Initiant sogar einen weißen Silastik-Rollkragenpullover tragen, der beim Ausziehen knatterte und
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