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Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Titel: Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut
Autoren: Stefan Schwarz
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funkte wie eine Transformatorenstation, aber bei den hiesigen Humanisten ist dann alles gleich mit einem Händeschütteln vorbei. Das ist doch nicht mehr feierlich. «Sosehr ich Sie als Vati verstehen kann», guckte mich die Frau vom Jugendweiheverein mit einem säuerlichen Bedauern an, «so wird ein Gelöbnis heute doch von vielen Eltern als unzeitgemäß empfunden.»
    Das sehe ich aber ganz anders. Es gibt heuer viel zu geloben. Wie wär’s denn mit: «Ich gelobe, dass meine Ausgaben nie größer sein werden als meine Einnahmen!»? Völlig ideologiefrei, von großer sittlicher Kraft und eine so äonenhafte Weisheit, dass die Jugendlichen eigentlich schulklassenweise an Greisen auf dem Totenbettvorbeigeschleust werden sollten, die sie mit ersterbender Stimme darin einweihen. Andererseits könnte man aber die Jugendweihlinge auch das Verhalten bei noch fernen Bewährungsproben quasi vorauseilend geloben lassen. «Ich gelobe, meinen Kindern oder mir anvertrauten Kindspersonen oder im schlimmsten Fall mir selbst beim Quengeln vorm Süßwarenaufsteller an der Kasse nicht nachzugeben. Möge mich die Verachtung aller Menschen von Ehre und Charakter treffen, wenn mir jemals die Worte ‹Na gut, aber nur eins, damit du Ruhe gibst!› über die Lippen kommen sollten.» Tränen allzu immer eingeknickter Mütter und die vor Schmerz geballten Fäuste rückgratlosester Väter würden die Weihehallen erfüllen bei solchen Schwüren. Aber Blumenstrauß und Urkunde, mit so was wird man doch nicht in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen. Abgesehen davon, dass man sowieso vorsichtig sein sollte, wenn Erwachsene einen Kreis um einen bilden (entweder sind es Polizisten hinter Plexiglasschilden oder Leute in unsachgemäß selbstgestrickten Pullovern, die einen dauernd feste drücken wollen).
    Die Frau vom Jugendweiheverein stellte aber fest, dass es keine weiteren Fragen gäbe, betonte, dass das private Fotografieren verboten sei (wahrscheinlich, damit von der Urkundenübergabe nichts an die Weltöffentlichkeit dringt), und pries noch einige preisermäßigte Jugendweihereisen im Vorfeld der Einweihe an. «Du hast offiziell zwei Möglichkeiten, dich auf das Erwachsensein vorzubereiten», sagte ich zu meinem Sohn, «entweder machst du eine Busreise ins Badeparadies Tropical Island oder ins KZ Buchenwald.» Der Sohn ging, dessen nicht achtend, die Zahl der Einladungen durch und meinte: «Wenn jeder 50   Euro schenkt, könnte es für einen Computer reichen.»

Das fluch ich dir   …
    Heute will ich einmal nicht verflucht sein, wie so oft, sondern selber verfluchen. Obschon die Heilkräuterei und freundliches Handauflegen ja schwer im Kommen sind, ist das gute alte Verfluchen noch nicht bei Avantgardisten der Nachwissenschaftlichkeit angekommen. Dabei gibt es im Leben eines Menschen viele Situationen, die unjustiziabel, aber schwer vergeltungsbedürftig sind. Hier hat die Verfluchung ihren eigentlichen Gegenstand. So will ich denn heute mit gut durchdachten Flüchen einige Zeitgenossen heimsuchen, die sich in der letzten Zeit dafür empfohlen haben. Wohlan denn, es sei: Abgefeimter, beutelschneiderischer Elektromechaniker, der du meine schlichte Küchenlampe für außergewöhnlich ungünstige 100   Euro wieder zum Leuchten brachtest, obschon sich später herausstellen sollte, dass du bloß binnen Minuten eine winzige Sicherung am Potenziometer ausgewechselt hast, du sollst VERFLUCHT sein! Es soll die Phase von nun an auf immer dort anliegen, wo du sie nicht vermutest. Es soll jedes Mal, wenn du mit dem Satz «Jetzt funktioniert sie wieder» den Schalter drückst, die ganze Stadt samt Straßenbahnen im Dunkel versinken. Dies sei mein Fluch!
    Arglistiger, schmerbäuchiger Bademeister, der du mich und meinen Sohn an jenem schwülen Abend erst per Karte ins Freibad ließest, um dann per Lautsprecher das offizielle Ende der Benützung der Schwimmbecken zu verkünden, du seiest VERFLUCHT! Dein zutraulich fluffiges Popkorn im Kino soll an unerwarteter Stelle ein ungepopptgebliebenes, knallhartes Maiskorn enthalten, auf dem dein alter amalgamstrotzender Backenzahn bis auf den blanken Nerv in Stücke bricht, auf dass du dich winselnd in den Nacho-Scherben unterm Sitz wälzt, und zwar so, dass noch Wochen später alle Zuschauer von der grauenvollen Synchronisation der Marterszene im Zombiefilm erzählen. So sei mein Fluch!
    Auch du, hundsföttischer Jungvater, sollst verflucht sein, der du dein junges Weib am Mobiltelefon anschriest und
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