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Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Titel: Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut
Autoren: Stefan Schwarz
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weißen Ganzkörperanzug tödliche Viren von einer hermetischen Schleuse zur anderen trägt, aber irgendeine Grundausbildung haben sie ja alle. «Das ist Fett!», sagte die Veterinärin, nachdem sie Minka nicht ohne Mühe angehoben und befühlt hatte. «Dieses Zeug da unten am Bauch ist Fett?», fragte meine Frau ungläubig. Die Tierärztin nickte. Fett geht eben seine eigenen Wege.
    In unserer Kaufhalle gibt es eine Verkäuferin, bei der sich das Fett in Form eines Kehllappens angespeichert hat. Sie ist nett, sieht aber aus wie ein Leguan.Evolutionär macht das überhaupt keinen Sinn. Wenn das ein Fortpflanzungsvorteil sein soll, dann nicht in derselben Gattung. Ich zum Beispiel hätte mein Fett gern auf den Schultern, aber es tut mir nicht den Gefallen. «Die Katze ist überfüttert, aber keine Sorge. Im besseren Fachhandel gibt es spezielle Diätprodukte. Die sind zwar etwas teurer, aber ein, zwei Jahre, dann ist sie wieder in Form.» Der Haustierökonom in mir begann leise vor sich hin zu sieden. «Und Gewichte?», fragte ich die Tierärztin, noch bevor meine Frau mich mit einer schneidenden Bewegung an ihrem Hals zum Schweigen bringen konnte. «Kann man an dem Tier nicht irgendwelche Gewichte anbringen, so zu Ertüchtigungszwecken?»
    Ich habe nie vergessen, wie Minka eines süßen Mittagsschlafs voll ausgekrallt und in hohem Bogen auf meinen Schoß gesprungen kam, weil die erektile Bewegung unter der Kuscheldecke irgendwie in ihr Beuteschema gepasst hatte. (Worauf ich ein Klappmesser turnte, das eines Olympiakaders würdig war.) Dass Minka nunmehr mit vier selbstverständlich total artgerechten Bleimanschetten an den Pfoten ächzend aufs Sofa kriechen sollte wie ein Rekrut an der Eskaladierwand, schien mir physiologisch ausgewogen und auch mal gerecht.
    «Nein, aber ihr könnt ihr dass Futter an verschiedenen Stellen verstecken, sodass sie bei Hunger erst mal suchen muss.» Sohn und Tochter waren von dieser Art Dauer-Ostern sofort total begeistert. Ich wollte erst «Nix da!» knurren, aber da die Trollprinzessin ihrer Enttäuschung für gewöhnlich in schrillen Schreien Ausdruck verleiht, knickte ich ein. Ein Fehler.
    Ein paar Tage später zog Verwesungsgeruch durch die Wohnung, und ich saß bei offenem Fenster imMantel vorm Fernseher. Die vergesslichen Kinder kletterten suchend über und unter die Schränke. «Wenn Minka es bis jetzt nicht gefunden hat, wieso sollten es dann die Kinder finden?», sagte meine Frau.

Zuletzt
    Oft höre ich Leute sagen, dass es bei uns zu Hause sicher sehr lustig zugeht. Das stimmt auch. Meine Frau hat mich dennoch gebeten, darauf hinzuweisen, dass das nur für die Zeit gilt, in der ich keine Kolumne schreibe oder mich gedanklich auf das Schreiben einer Kolumne vorbereite oder eine bereits geschriebene Kolumne kritisch begutachte oder der Veröffentlichung entgegenfiebere. In der verbleibenden Zeit würde es wahrscheinlich schon sehr lustig zugehen, wenn sie nicht so tief und fest schlafen täte.

Glossar
    S.   11: Mondfahrt der Mannsbilder (Das Magazin 9/​06),
S.   15: Schnell mal Luft holen gehen (Das Magazin 05/​07),
S.   18: Soll ich meine Tochter verschleiern? (Das Magazin 02/​06),
S.   21: Menschen ohne Bodenplatte (Das Magazin 07   -   08/​05),
S.   23: Auf kleinem Fuß (Das Magazin 06/​06),
S.   25: Wunderliche Vielfalt in der Vererbung (Das Magazin 04/​07),
S.   28: Bart apart (Das Magazin 01/​07),
S.   30: Schüchtern betrachtet (Das Magazin 09/​08),
S.   36: Kampf ums Puscheldiadem (Das Magazin 11/​05),
S.   38: Dir werd ich helfen, Freundchen (Das Magazin 10/​05),
S.   40: Parole Passwort (Das Magazin 01/​06),
S.   43: Wie eine Feuersbrunst (Das Magazin 09/​06),
S.   45: Die Hussen kommen (Das Magazin 12/​05),
S.   47: Die Welt im Kleinen (Das Magazin 03/​07),
S.   50: Träge Trägerrakete (Das Magazin 03/​08),
S.   52: Vermisstenanzeige (Das Magazin 12/​06),
S.   54: Ausgezwinkert (Das Magazin 11/​06),
S.   57: Schnurren und Schrammen – wer will das verdammen (Erstveröffentlichung),
S.   61: Mein Leben als französisches Melodram (Das Magazin 09/​07),
S.   64: Umbau im Lotterbett (Das Magazin 05/​06),
S.   66: Böser Vati (Das Magazin 07   -   08/​07),
S.   69: Gottes Tischfeuerwerk (Das Magazin 12/​07),
S.   72: Pechsträhnchen (Das Magazin 07   -   08/​08),
S.   75: Mein Mann möchte diese Kolumne nicht schreiben (Das Magazin 10/​06),
S.   77: Lebensmittelmottenmittel (Das Magazin
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