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Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut

Titel: Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut
Autoren: Stefan Schwarz
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Mondfahrt der Mannsbilder
    Männer sind das starke Geschlecht. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Was sonst als ein Geschlecht von besonderer Güte würde ein derart umfassendes und andauerndes Draufschlagen so unbeschadet überstehen? Glaubt man den Frauen und ihrem Gefolge von Einschleimern, sind Männer zu nix nütze, aber für alles verantwortlich. Kriege, Seuchen, Gewalttaten, zu enge Parklücken – alles Männerwerk. Andererseits aber Kinder kriegen, Blumen pflanzen, Frieden schaffen oder verdammt nochmal endlich einfach den verflixten Weichspüler in den zweiten Waschgang geben, wie es ihm schon tausendmal gesagt wurde – Fehlanzeige. In der Familie sind Männer eine Katastrophe. Machen ständig nur Nickerchen oder hantieren geistesabwesend im Hobbyraum mit sinnlosen Kleinteilen. Bei der Erziehung der Kinder entweder zu grob oder zu nachlässig. Und in den Liebesdingen einfältig, monoton, selbstsüchtig und eher fertig, als frau das Wort Migräne aussprechen kann.
    Deswegen muss der Mann sich ändern. Und zwar schon immer. Er muss weniger Fleisch essen und mehr Roibusch-Tee trinken, er muss in Workshops lernen, sich fallenzulassen und ganz anzunehmen, seinen Atem zu spüren, auf ganz natürliche Art fröhlich zu sein und auch mal zu weinen. Schenkelstreicheln statt Schenkelklopfen.
    Natürlich haben die Frauen unrecht. Das desaströse Männerbild der Gegenwart, wie es in jedem Schrottplot von Frauenliteratur als sexistische Mischungaus Vollochsen und Deckhengsten zu Millionen über den Ladentisch geht, offenbart nur, wie sehr die Frauenwelt in selbstverliebter Nölroutine erstarrt ist. Alles, was den Männern heute vorgeworfen wird, haben die meistens schon seit hundert Jahren hinter sich gelassen. Männer können keine Gefühle zeigen? Wer, bitte schön, hat das Poesiealbum erfunden, in das sich Geister wie Goethe und Schiller empfindsamste Sentenzen hineindichteten? Das ganze späte 18. und frühe 19.   Jahrhundert hindurch grüßt, küsst und umarmt sich die literarische Männerwelt wie ein am Rande der Ohnmacht herumseufzender Schwulenclub auf einer Überdosis Ecstasy. Und wahrscheinlich wäre es heute noch so, wenn nicht plötzlich die Frauensleute auch angefangen hätten, sich mit ihrer Intimität zu brüsten. Wir sind beim Geheimnis des unablässigen Gestaltwandels des Konstruktes Männlichkeit angekommen.
    Die Männer sind mit ihrer Männlichkeit nur deshalb ständig in der Krise, weil sie sich ewig etwas Neues einfallen lassen, um sich von den stupide nachahmenden Frauen zu unterscheiden. Ein flüchtiger Blick auf ein paar Cranach-Gemälde zeigt, wer eigentlich den bunten Flitterkram der Kleidermode für sich erfunden hatte. Die Herren Fürsten und Vögte mit extra verstärkt hodenbetonten Beinkleidern lassen keine Zweifel daran aufkommen, wer die Urheberschaft von Feinstrumpfhose und Wonderbra beanspruchen kann.
    Männer nehmen es mit der Körperpflege nicht so genau? In Ovids Liebeskunst gibt es ellenlange Maßgaben zur Entfernung von eventuell störenden Nasen-und-Ohren- und Popo-Härchen für den Römer von Welt, und das zu einem Zeitpunkt, als der übergroße Teil der Frauen noch mit Stachelbeerbeinen und Angorapelzachseln übers Forum schlurfte.
    Männer wollen immer nur das Eine? Das stimmt. Männer wollen tatsächlich nur das Eine, nämlich, dass die Frauen endlich einmal von ihrer obsessiven Fixiertheit auf den angeblich männlichen Sexwahn ablassen. Auch hier, in quälend uninspirierter Nachfolge schon längst vergangener männlicher Sexprotz-Epochen, kann die moderne Frau in einem sportlichen Kompliment bezüglich ihrer Figur, einer unschuldigen Nackenmassage im George-W.-Bush-Stil (wobei wir nicht wissen, ob dies nicht doch der noch rechtzeitig abgebrochene Versuch war, der außenpolitisch unkooperativen Bundeskanzlerin den Hals umzudrehen) oder einem rein olfaktorisch interessierten Schnuppern am neuen Parfüm nichts anderes erkennen als immer dasselbe schnöde Beiwohnungsgesuch. Frauen überschätzen notorisch ihre Rolle im männlichen Geschlechtsleben. Natürlich ist Sex für Männer wichtig, aber das heißt nicht, dass Frauen jedes Mal mit dabei sein müssen. Oft stören sie sogar dann, wenn sie mal mit von der Partie sein dürfen.
    Und so verhält es sich mit den meisten männlichen Betätigungen. Schon längst haben sich die Frauen auch beim Boxen und Fußballspielen eingeklinkt, und manch ein betagter Fan kam beim Public Viewing während der WM nicht über das
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