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Die Satansbraut

Die Satansbraut

Titel: Die Satansbraut
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Das ältere Pärchen kam ohne
anzuklopfen ins Büro marschiert, und im ersten Augenblick dachte ich, sie
hätten sich verirrt und wollten zu diesem Knicker von Rechtsanwalt in unserem
Stockwerk, der sich auf Scheidungen spezialisiert hat.
    »Sind wir hier richtig bei Rio
Investigations?« fragte das Männlein.
    »Ich bin Mavis Seidlitz«,
erläuterte ich ihnen. »Die wichtigere Hälfte von Rio Investigations. Johnny
Rio, mein Juniorpartner, hält sich in dieser Woche geschäftlich in San
Francisco auf.«
    »Laß mich das mal machen«,
sagte die kleine alte Dame, dann musterte sie mich von oben bis unten, als sei
ich eine glatte Null. »Mein Name ist Nina Farr«, erklärte sie ganz stolz.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich
kühl, »aber das ist unmöglich. Nina Farr ist doch dieser rothaarige Wirbelwind
und tanzt und singt mitreißend in den Filmen, die man zu später Stunde im
Fernsehen sieht.«
    Unvermittelt lächelte sie
strahlend, dann sah sie den kleinen Mann an. »Ist sie nicht reizend, Walter?«
gurrte sie.
    Also, es war ein ziemlich
schwerer Schock. Ich meine, gerade als ich sicher war, es sei unmöglich, da
betrachtete ich sie nochmals und fand, vielleicht sei’s ja doch möglich. Und
als ich darüber nachdachte, sagte ich mir, die Spätprogrammfilme seien sicher
vor langer Zeit gedreht, und ihre Stars mußten wohl älter geworden sein wie
alle anderen Leute auch. Wenn man dreißig Jahre abzog, dann mochte die Dame, die
da vor mir stand, gut und gern der rothaarige Wirbelwind sein, den ich vom
Bildschirm kannte.
    Das rote Haar war noch komplett
vorhanden, und das Gesicht war gar nicht so übel, auch wenn es ein paar Falten
und Krähenfüße bekommen hatte. Und die Figur war immer noch so pagenhaft
schlank.
    »Walter«, sagte sie, und das
klang ganz glücklich. »Ich bin überzeugt, unsere Idee war ausgezeichnet. Wir
sind gewiß an der richtigen Adresse.«
    »Vielleicht«, murmelte er.
»Aber eine Dame als Detektiv, meine Liebe?«
    »Ich bin sicher, Miss Seidlitz
wird mit jeder Situation fertig, die sich ergibt«, erklärte sie mit
Bestimmtheit.
    »Also gut.« Der kleine Mann
lächelte mich an. »Darf ich mich vorstellen? Ich bin Walter Tomsic.«
    Ich besah ihn mir gründlich und
bemerkte, daß auch er noch gar nicht so alt war. Vielleicht kaum über Fünfzig,
und das ist ja noch nicht alt, nur vielleicht ein bißchen ältlich. Er war
höchstens ein Meter achtundfünfzig groß, und er wirkte so zerbrechlich, daß man
fürchten mußte, ein heftiger Wind werde ihn glatt in zwei Teile knicken. Das
dichte graue Haar war gelockt, und er hatte ein pausbäckiges, rosa
Engelsgesicht. Die großen, dunklen, sorgenvollen Augen weckten das Verlangen,
ihn auf den Schoß zu nehmen und ihn jedesmal zu streicheln, wenn er einen ansah.
    »Weiter«, sagte Miss Farr so
bestimmt wie zuvor, »wir sollten Miss Seidlitz unser Anliegen erklären, um zu
erfahren, ob ihre Agentur unseren Auftrag übernehmen kann.«
    »Möchten Sie beide nicht Platz
nehmen?« sagte ich und versuchte, meine Aufregung nicht durchklingen zu lassen;
ich konnte vielleicht zwei neue Kunden an Land ziehen, während Johnny Rio
verreist war.
    Miss Farr glättete ihr Kleid
mit einer Hand, nachdem sie sich gesetzt hatte, und ich konnte sehen, daß sie
ihre Formen bewahrt hatte, es sei denn, sie trug einen BH aus Stahlblech.
    »Ich bin ein alter Freund von
Miss Farr, sowohl persönlich als auch im Beruf«, sagte Mr. Tomsic. »Wir haben
gerade eine neue, gemeinsame Produktion begonnen.«
    »Nostalgie!« sagte Miss Farr
ganz verträumt. »Ist es nicht wunderbar, daß plötzlich alles wiederkommt,
größer und schöner als je zuvor?«
    »Ich wußte gar nicht, daß es
überhaupt verschwunden war«, gestand ich offen. »Jedenfalls freut es mich zu
hören, daß alles wieder da ist.« Die Art, wie beide mich steinernen Gesichts
anstarrten, brachte mich auf die Idee, sie erwarteten noch eine weitere
Bemerkung meinerseits. »Ich meine«, sagte ich aufgekratzt, »wenn nicht alles
wiedergekommen wäre, dann säßen wir jetzt hier und hätten gar nichts,
stimmt’s?«
    »Ich werde es niemals
vergessen«, sagte Miss Farr, noch immer so verträumt. »Den lieben Ruby und die
liebe Patsy in No, No, Nanette, wieder ganz oben. Und dann die
großartigen Follies mit Alexis, Yvonne und Dorothy.
Alles Augenblicke voller Zauber!«
    »Nina versucht, Ihnen von unserer
neuen Produktion zu erzählen«, erklärte Mr. Tomsic. »Ein ganz neues Musical.
Nina ist der Star, und ich bin der
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