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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne
Autoren: Joey Goebel
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Gesprächsversuch, den er in unserem ganzen vierten Highschool-Jahr unternommen hatte, also warum so tun, als würde ich ihm plötzlich etwas bedeuten? Doch ich merkte, dass er sich wirklich Mühe gab, das Richtige zu sagen. Ernst zu sein, fiel Tyler nicht leicht. Selbst jetzt sprach aus dem engelsgleichen Gesicht unter der modischen Cäsar-Frisur eine Spur Verschmitztheit.
    Mr.   Runnels überprüfte rasch die Anwesenheit, dazu benutzte er eine Liste mit Nachnamen, die alle mit U bis Z anfingen. Man hatte uns in unserem ersten Highschool-Jahr der Obhut von Larry Runnels anvertraut, und wir hatten die ganzen vier Jahre denselben Klassenlehrer behalten. Glücklicherweise verehrte ich Mr.   Runnels sehr. In vier Jahren hatte ich den Mann kein einziges Mal lächeln sehen, dennoch hielt ich ihn für einen warmherzigen, netten, herzensguten Menschen. Er hatte mir gezeigt, dass ein warmherziger, netter, herzensguter Mensch gleichzeitig [28]  Basketballtrainer sein konnte. Er hatte dunkle Augen und eins dieser Gesichter, die ich mir nicht ohne Schnauzbart vorstellen konnte. Trotz seiner müden Art und des Hundeblicks war er einer der fünf witzigsten Menschen, die mir je begegnet waren. Ich stellte ihn mir zu Hause bei seiner Familie vor, wo kein Augenblick ohne Gelächter verging.
    Einer nach dem anderen meldete sich mit »hier«. Mit seiner lauten, sonoren Stimme sprach Mr.   Runnels häufig unsere Nachnamen falsch aus, um uns zum Lachen zu bringen, und heute probierte er es bei mir, verhunzte meinen Namen besonders übel, doch aus irgendeinem Grund hätte ich diesmal am liebsten geheult.
    8 . 03   Wie konnte ich Tyler dazu bringen, mir zu erzählen, was ich wissen wollte? Ihn einfach geradeheraus zu fragen, wäre nicht mein Stil gewesen. Er hatte sich schon wieder umgedreht und legte gerade den Kopf aufs Pult, träumte vermutlich davon, wie er zu Gangstas Kontakte knüpfte – wahrscheinlich hatte er Tagträume, wie er sie in einem rauchgeschwängerten Sportstudio massierte, während sie ihn an ihrem Olde-English-Bier nippen ließen.
    Für die jungen weißen Männer der Osborne High verkörperten ihre schwarzen Gangsta-Kollegen den Goldstandard bei jener begehrtesten aller Eigenschaften: Coolness. Die Hälfte der jungen Weißen auf meiner Schule bemühte sich, wie die Gangstas zu sein. Ich fragte mich, was die G’s davon hielten. Vermutlich fühlten sie sich so ähnlich, wie ich mich fühlte, wenn irgendein Hipster mit perfektem Sehvermögen als Modeaccessoire eine Brille trug, während ich seit der ersten Klasse eine Brille tragen musste und in der [29]  neunten zu Kontaktlinsen wechselte, denn sogar wenn ich mir die Hand vor die Augen hielt, sah sie ohne Korrekturgläser wie eine fleischfarbene Wolke aus. Und doch galt diesen weißen Jungs mein Mitgefühl, da sie die ultramaskuline Coolness, die sie so verzweifelt anstrebten, nie erlangen würden.
    Mr.   Shankly tauchte auf dem Bildschirm auf, unser humorloser weißhaariger Schulleiter.
    Dass dieser Mann eine Führungsperson war, machte für mich die gesamte Schule zu einer Farce. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, verengten sich meine Augen unwillkürlich zu Schlitzen, als könnte ich durch ihn hindurchsehen, und ich schüttelte ganz leicht den Kopf. Doch ich gestattete mir nur diese physischen Symptome meiner Abscheu; ich hatte meiner Mutter geschworen, nie, unter gar keinen Umständen, ein Wort von dem weiterzusagen, was sie mir über den Mann erzählt hatte. Meine Mom war in ein Geheimnis eingeweiht, das von höchstens sechs Personen bewahrt wurde, und ich war eine davon. Ich konnte ihn unmöglich ansehen oder auch nur seinen Namen hören, ohne an die abscheuliche Tat zu denken, die er, wie ich wusste, verübt hatte.
    »Hallo, Schülerinnen und Schüler, und willkommen in der Schule. Ich hoffe, alle hatten angenehme Ferien, und hier sind die Bekanntmachungen. Wir gratulieren unserer Baseballmannschaft zu ihrem Acht-zu-vier-Sieg über West Heights…« Danach nannte er alle Ergebnisse der Spiele, die während des Spring Breaks stattgefunden hatten. »…die Baseballmannschaft von Osborne High tritt heute Abend um halb sechs im Eagles Stadion gegen Mason County an. [30]  Die Jungentennismannschaft spielt um sechzehn Uhr in Irvine Southern gegen Irvine Southern. Erscheint zahlreich und unterstützt eure Eagles. Der Walzerkurs für den Abschlussball findet heute Abend zwischen sieben und halb neun in der Sporthalle statt.«
    Ich fand es albern, dass auf dem
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