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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch
Autoren: David Sedaris
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Geschenk von meinen Eltern. «
    »Nur eins?« fragte sie.
    »Vielleicht auch acht oder zehn. «
    »Nie sechs oder sieben?«
    »Manchmal«, erwiderte ich.
    »Und was machst du am einunddreißigsten Dezember, an Silvester?«
    »Am letzten Tag im Jahr plündern wir den Tannenbaum, und meine Mutter bereitet Meer-Früchte zu. «
    »Du hast es wirklich raus, alle s-Laute zu meiden«, sagte sie. »Das muss ich dir lassen, die meisten anderen sind nicht so zäh. «
    Ich dachte, sie würde mir weitere Fallen stellen, aber stattdessen begann sie, von ihren Ferienplänen zu erzählen. »Es ist nicht einfach, einen Verlobten in Vietnam zu haben«, sagte sie. »Letztes Jahr waren wir bei seiner Familie in Roanoke, aber dieses Jahr feiere ich Weihnachten mit meiner Großmutter, draußen in Asheville. Meine Eltern kommen auch, und wir werden uns alle kräftig anstrengen, damit es ein schönes Fest wird. Am Tag darauf fahre ich mit einer Freundin nach Jacksonville, wo wir uns das Spiel Florida gegen Tennessee im Gator-Stadion ankucken. «
    Ich konnte mir nichts Schlimmeres vorstellen, als für ein Footballspiel nach Florida zu fahren, aber ich tat so, als wäre ich beeindruckt: »Wow, da wär ich gerne dabei. «
    »Letztes Jahr war ich in Memphis, als NC State im Liberty-Stadion Georgia mit vierzehn zu sieben vom Platz fegte«, sagte sie. »Und nächstes Jahr will ich im Tangerine-Stadion unbedingt einen Platz erste Reihe Mitte haben, egal, wer spielt. Warst du schon mal in Orlando? Eine absolut phantastische Stadt. Wenn mein zukünftiger Ehemann einen Job in seinem Beruf findet, wollen wir in ein, zwei Jahren da runter ziehen. Kaum zu glauben, ich unten in Florida. Du wärst bestimmt selig, stimmt's?«
    Ich wusste nicht, wie ich antworten sollte. Wer war diese Sportplatz-Fanatikerin, die keinen Mixer, dafür aber einen Verlobten in Vietnam hatte, und wieso rückte sie erst jetzt mit alldem raus? Die ganze Zeit hatte ich sie für eine kaltblütige Agentin gehalten, dabei war sie bloß eine leicht schräge, unerfahrene Sprachtherapeutin. Miss Samson war ganz bestimmt kein schlechter Mensch, aber ihr Timing war total daneben. Sie hätte sich zu Anfang des Jahres öffnen sollen, anstatt bis jetzt damit zu warten, wo ich nichts weiter tun konnte, als sie zu bedauern.
    »Ich habe mein Bestes versucht, mit dir und den anderen zu arbeiten, aber was soll ich sagen? Manchmal ist das Beste nicht gut genug. « Sie nahm noch ein Plätzchen und drehte es in ihrer Hand. »Ich wollte mir beweisen, dass ich anderen helfen kann, aber es ist schwer, gegen so viel Widerstand anzukämpfen. Die Schüler mögen mich nicht, aber ich denke, damit muss ich leben. «
    Sie nahm eine Hand vors Gesicht, so dass ich befürchtete, sie würde jeden Moment losheulen. »Nicht doch«, flehte ich. »O Mitht!«
    »Ha-ha«, sagte sie. »Hab ich dich doch noch erwischt. « Sie lachte viel mehr, als nötig gewesen wäre, auch dann noch, als sie das Formular unterschrieb, mit dem sie mich für den Therapiekurs im kommenden Jahr empfahl. »Stimmt, so ein Mitht. Du hast nämlich noch ein schöner Stück Arbeit vor dir, Mister. «
    Meine Mutter, der ich die Geschichte erzählte, fand das alles zum Schießen. »Da siehst du's«, sagte sie, »du bist einfach zu arglos. «
    Ich gab ihr recht, nur war mir das Wort naiv lieber.
Riesentr äume, Zwergentalent
    Mein Vater ist Jazz-Fan und Besitzer einer beachtlichen Schallplatten- und Tonbandsammlung, die er nach der Arbeit zu hören pflegte. Er konnte noch so mies gelaunt nach Hause kommen, sobald er seinen Dexter Gordon und einen Wodka Martini hatte, schmolz der Ärger dahin, und alles war »beautiful, baby, just beautiful«. Im Moment, da die Nadel auf der Platte aufsetzte, lockerte er seine Krawatte und war nicht mehr der steife Techniker mit der Tasche voller IBM-Stifte mit dem Aufdruck »Denk«.
    »Mannomann, hör dir an, was der Kerl in den Backen hat. Ich habe ihn mal im Bitte Note gesehen, und ich kann nur sagen, der hat mich glatt vom Stuhl gepustet! So einem Talent begegnet man nur einmal im Leben. Der Bursche war der absolute Senkrechtstarter, und ich saß gleich in der ersten Reihe. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Wow«, antwortete ich, »muss irre spannend gewesen sein. «
    Empathie war die falsche Reaktion, da sie nur seinen Ärger zu wecken schien.
    »Was weißt du schon davon«, sagte er. »Von wegen, "irre spannend". Du hast ja keine Ahnung. Man hätte dem Mann mit einem Beil die Lippen abhacken können, und er
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