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Laurins Vermächtnis (German Edition)

Laurins Vermächtnis (German Edition)

Titel: Laurins Vermächtnis (German Edition)
Autoren: Robert Biegert
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1. Kapitel
    Gretas Oberschenkel unter der Bettdecke fühlte sich gut an, warm und weich. Seine Hand auf ihrer Haut bescherte Matthias Jäger fast jeden Morgen ein Gefühl von Vertrautheit und Zärtlichkeit und meistens die erste Erektion des Tages.
    Die Augenblicke nach dem Aufwachen waren immer wieder aufs Neue die Schönsten. Wenn Greta noch schlief, betrachtete er eine Zeit lang ihr Gesicht und ihre wüstensandfarbenen Haare; wegen solcher Haare muss das Wort „wuschelig“ erfunden worden sein. Er schaute sie so lange an, bis sie die Augen öffnete, die so blau waren, dass er sich gar nicht daran sattsehen konnte. Dann lächelte Greta, schlang ihre Arme um Matthias‘ Kopf und zog sein Gesicht an ihre noch nachtwarmen Brüste – fast jeden Morgen. Diese Augenblicke hatten ihn sonst immer spüren lassen, dass es das Leben gut mit ihm meinte. Und wenn er doch einmal haderte, mit sich, mit Gott und der Welt, mit den Dingen, so wie sie waren, dann nahm Greta sein Gesicht in die Hände, küsste es und sagte: „Ach Mattes, das wird schon wieder.“
    Aber an diesem Morgen, der bereits ein Vormittag war, wie Matthias mit einem Blick auf den Wecker feststellte, fühlte es sich nicht so an. Nichts würde wieder, nicht wieder so, wie es bis gestern gewesen war. Genauer gesagt: nicht wieder so, wie Matthias Jäger bis gestern gedacht hatte, dass es war.
    Greta schlief tief und fest. Sie war mit ihrer Freundin Daniela, die sie seit den Zeiten des Stuttgarter Tennisinternats kannte, in Bozen beim Tanzen gewesen und noch später nach Hause gekommen als er.
    Er dachte an den gestrigen Abend, daran, was seine Großmutter zu ihm gesagt hatte, schaute auf seine schlafende Freundin und musste an die Artikel denken, die eine französische Sportzeitung und ein Nachrichtenmagazin im vergangenen Jahr über sie geschrieben hatten. Greta hatte sich geweigert, die Berichte zu lesen, aber Matthias hatte sie trotzdem aufgehoben. Er schlüpfte aus dem Bett, setzte sich an den Schreibtisch am Fenster und zog die Mappe mit den Blättern aus der Schublade.
    L‘Équipe, 5. Juni 2008
    Die French Open werden von einem schweren Zwischenfall überschattet. Zum ersten Mal in der Geschichte des Profi-Tennis hat eine Spielerin einen Zuschauer angegriffen und verletzt. Das gestrige Viertelfinal-Match zwischen Greta Baladier und Olga Nemtschowa lief erst wenige Minuten, als die Französin nach einem leichten Ballverlust unvermittelt auf einen Mann in der ersten Reihe des Center Courts zulief und ihn mit ihrem Schläger attackierte. Noch bevor zwei Ordner einschreiten konnten, hatte die 29-Jährige den Zuschauer zwei Mal getroffen. Das Opfer erlitt eine Platzwunde am Kopf und einen Schlüsselbeinbruch.
    Noch ist unklar, was zu dem Zwischenfall führte. Mehrere Zuschauer wollen gehört haben, dass der Mann in der ersten Reihe Baladier etwas zurief. Die Spielerin selbst äußerte sich nicht. Sie ließ sich von den Ordnern vom Platz führen und verließ sofort anschließend das Stadion. Greta Baladier muss mit einer Strafanzeige des Opfers und mit Sanktionen der Verbände rechnen.
    L‘Équipe, 8. Juni 2008
    Die Karriere von Greta Baladier ist wahrscheinlich zu Ende. Am Schlusstag des Tournoi de Roland Garros zog die Fédération Française de Tennis Konsequenzen aus dem beispiellosen Zwischenfall während des Viertelfinals zwischen Baladier und ihrer ukrainischen Konkurrentin Olga Nemtschowa. Die FFT schloss die 29-Jährige für drei Jahre von allen Profiturnieren auf französischem Boden aus und warf sie aus dem Fed-Cup-Team. Eine Entscheidung des Tennis-Weltverbandes steht noch aus. Beobachter erwarten, dass der Verband sich dem Urteil im Grundsatz anschließen und die Französin für die Grand Slam Turniere der kommenden drei Jahre sperren wird.
    Baladier hatte während des ersten Satzes einen Zuschauer in der ersten Reihe mit ihrem Schläger angegriffen und diesem dabei eine Platzwunde am Kopf und einen Schlüsselbeinbruch zugefügt. Wie mehrere Zeugen mittlerweile übereinstimmend berichteten, hatte das Opfer, ein 32 Jahre alter Buchhändler aus dem elsässischen Colmar, der Spielerin nach einem leichten Ballverlust zugerufen: „Ihr steht immer zu weit rechts, das ist eine Familienkrankheit bei Euch.“
    Damit bezog sich der Mann, der sich zuletzt auf der Liste der Parti Socialiste erfolglos um ein Stadtratsmandat in Colmar beworben hatte, ganz offenbar auf Baladiers Herkunft.
    Die 29-jährige aus Orsay bei Paris ist die Tochter des Journalisten
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