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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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1. Kapitel
     

     
    Mein Mandant stellte sein Diktiergerät auf die Mitte meines Schreibtisches und drückte die Start-Taste. Zuerst hörte man nur das Surren des Bandes, dann die Stimme einer Frau: „Ja, Heinrich, natürlich verstehe ich dich. Aber schließlich muss ich auch einmal an mich denken, daran kannst du jetzt nichts mehr ändern, verstehe das doch endlich.“ Es folgte ein undefinierbares Geräusch und schließlich ein Knacken. Die ganze Zeit hatte Heinrich Grölling kerzengerade auf seinem Stuhl gesessen und der Wiedergabe des Diktiergerätes gelauscht. Seine Lippen zitterten leicht, nervös nestelte er an seiner Krawatte: „Das ist der Beweis!“
    „Wie bitte?“
    „Sie betrügt mich diesem schmierigen Banker, diesem Lohmann.“
    „Wie kommen Sie denn darauf?“
    „Ich habe unser letztes Telefongespräch mitgeschnitten. Im Hintergrund hört man ganz deutlich sein Grunzen. Soll ich das Band noch einmal abspielen?“
    „Ja, eh, gern.“
    Ich lehnte mich aufmerksam im Sessel zurück und presste meine Fingerspitzen gegeneinander. Er spulte das Band an den Anfang und drückte erneut die Start-Taste. Nochmals ertönte die Stimme der Frau, dann ein Geräusch im Hintergrund.
    „Da ist es“, schrie Grölling und deutete mit dem Zeigefinger auf sein Diktiergerät. „Kaum bin ich ausgezogen, trifft sie diesen Kerl in unserer Wohnung. Sie ist schuld daran, dass unsere Ehe in die Brüche gegangen ist. Ich will die Scheidung!“
    Langsam dämmerte mir, was Heinrich Grölling von mir wollte. „Ich verstehe, Sie möchten sich von Ihrer Frau scheiden lassen. Nach der heutigen Gesetzeslage ist es jedoch nicht notwendig, dass Sie die Schuld Ihrer Gattin nachweisen. Wenn Sie ein Jahr von Ihrer Frau getrennt leben, gilt die Ehe als zerrüttet und kann geschieden werden. Natürlich nur, wenn beide Ehepartner einverstanden sind.“
    Grölling war über meine Ausführungen nicht besonders glücklich. Ich konnte ihn verstehen. Er hatte sich soviel Mühe gegeben, seine Frau in flagranti zu erwischen, und nun stellte sich der ganze Zinnober als überflüssig heraus.
    „Möchten Sie einen Cognac?“ Er nickte nur stumm. Ich goss ihm einen Drink ein und mir auch gleich einen, da ich ohnehin bald Feierabend machen wollte. Er leerte sein Glas in einem Zuge. „Wissen Sie, eigentlich liebe ich sie immer noch, obwohl sie mich mit diesem Lohmann betrügt. Ich weiß nicht, was ich machen soll.“
    „Versuchen Sie doch einfach, sich mit ihr auszusprechen.“
    „Nein, ich glaube, das hat keinen Zweck mehr. Trotzdem vielen Dank, Herr Grühnspahn. Ich melde mich, wenn ich Sie wieder brauche.“
    Er erhob sich, und ich geleitete ihn zur Tür. Wir wünschten uns gegenseitig auf Wiedersehen, dann verschwand er im Treppenhaus. Ich ging zu meinem Schreibtisch, ordnete den Aktenstapel und steckte mir eine Marlboro an. Es tat mir leid, dass ich Grölling nicht hatte helfen können, aber schließlich bin ich Rechtsanwalt und kein Eheberater. Scheidungssachen deprimieren mich immer, denn obwohl es keine Schuldzuweisung mehr gibt, wird doch jede Menge dreckige Wäsche gewaschen, wenn es um das Sorgerecht für die Kinder und die Teilung der Vermögenswerte geht. Ich hatte vor einiger Zeit eine Frau vertreten, deren Exmann nach dreijähriger mühseliger Prozessführung auf Herausgabe einer völlig wertlosen Medaille klagte, die er bei Schwimmmeisterschaften während seiner Schulzeit gewonnen hatte und die seine Exfrau angeblich böswillig zurückhielt. Meine Mandantin hatte mir hingegen glaubhaft versichert, dass sie die besagte Medaille einfach nicht finden konnte. Sie habe das ganze Haus danach abgesucht, aber außer einem schon lange vermissten Toaster habe sie nichts gefunden. Das grelle Klingeln des Telefons riss mich unsanft aus meinen Gedanken.
    „Herr Grühnspahn, Ihre Mutter ist am Apparat, soll ich durchstellen?“
    „Ja, Frau Rohrbein, stellen Sie durch – und dann können Sie Schluss machen.“
    „Ist gut, Herr Grühnspahn. Gute Nacht.“
    „Alexander?“
    „Ja, Mutter, was gibt es?“
    „Ich wollte dich nur daran erinnern, dass ihr Sonnabend zum Essen kommen wolltet.“
    „Ja, ich weiß, ich habe es nicht vergessen“, erwiderte ich leicht ungehalten.
    „Sei bitte pünktlich um zwölf Uhr da. Du weißt, wie sehr es dein Vater hasst, wenn die Essenszeit nicht eingehalten wird.“
    „Ja, Mutter, ich werde mich bemühen. Ich muss jetzt Schluss machen, ich habe noch zu arbeiten.“
    „Gut Junge, bis dann.“
    Es knackte
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