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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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mit trällernder Stimme, was der Tag alles so für mich bringen würde: „Löwe. Vormittags kann es zu Spannungen am Arbeitsplatz kommen und auch Ihr Liebesleben gerät ins Wanken. Drängen Sie Ihre eigene Person nicht so in den Vordergrund, dann werden sich die Probleme in Luft auflösen.“
    Genüsslich köpfte ich mein Sechs-Minuten-Ei. Innerlich hörte ich die Stimme meiner Mutter: Junge, das Ei wird nicht geköpft, das ist unfein, ein Ei wird diskret aufgeklopft! Mit einem leisen Knacken fiel der Eikopf zur Seite. Zufrieden betrachtete ich den Erfolg meiner Henkersarbeit.
    Susi saß mir gegenüber und löffelte ihre Grapefruit. Sie war wieder einmal auf Diät. „Heute Mittag darf ich eine Orange und einen Becher saure Sahne essen“, teilte sie mir mit.
    „Ja, Schatz, das hört sich wirklich lecker an“, sagte ich und widmete mich dem Wirtschaftsteil der Tageszeitung.
    „Und heute Abend gibt es noch hundert Gramm gedünstetes Gemüse und einen Apfel extra.“
    „Aha.“
    Sie kaute geräuschvoll, was mir in diesem Moment unheimlich auf den Wecker ging.
    „Übrigens, Alex, ich habe es mir überlegt. Es ist Zeit, dass ich ein Kind bekomme.“
    Ich legte die Zeitung beiseite und sah sie an: „Und welcher Mann wird die ehrenvolle Aufgabe haben, dir dabei behilflich zu sein?“
    Sie sagte, sie habe an mich gedacht, worauf ich entgegnete, dass ein Kind überhaupt nicht in Frage komme. Sie schrie, dass sie aber ein Baby wolle. Ich schrie zurück, dass sie sich dann eben einen anderen Besamer suchen müsse. Sie könne ja eine Annonce in der Zeitung aufgeben oder sich an die Spermabank wenden, so ein Reagenzglaskind sei ja schließlich auch ganz nett. Sie fing an zu weinen und nannte mich ein gefühlloses Schwein. Dann zog sie ihren Mantel über, nahm ihre Tasche und rannte aus der Wohnung. So sieht es also aus, wenn das Liebesleben ins Wanken gerät, dachte ich. Es ist ja nicht so, dass ich generell etwas gegen Kinder hätte, wirklich nicht. Ich kann Susi sogar verstehen. Ihr Job als medizinisch-technische Assistentin füllt sie nicht aus und Aufstiegschancen sind auch nicht in Sicht. Da ist es schon angenehmer, sich einen gut verdienenden Anwalt zu angeln und sich dem Hausfrauen- und Mutterdasein zu widmen. Ich weiß allerdings nicht, was ich mit einem Kind anfangen sollte. Die „Ist-das-süß-Schreie“ von Frauen, wenn sie so ein kleines Knäuel entdecken, können bei mir nur ein Achselzucken hervorrufen. Die erste Zeit kann man sich mit so einem Wurm noch nicht einmal richtig unterhalten. Der einzige Kompromiss, auf den ich mich einlassen könnte, ist der, dass ich mich erst dann mit dem Kind beschäftigen müsste, wenn es sprechen kann und stubenrein ist. Das wäre eine Basis.
    Ich machte mich auf den Weg ins Büro. Zu meinem Entsetzen stand mein Auto leider nicht mehr dort, wo ich es abgestellt hatte. Ich ahnte Schlimmes, ging zurück in die Wohnung und rief die Polizei an. Ich gab dem Beamten am anderen Ende der Leitung meine Autonummer durch. Ich fühlte geradezu das schadenfrohe Grinsen des Polizisten. Ja, mein Auto sei abgeschleppt worden, denn es habe die Fußgänger behindert, es befinde sich am Ostufer. Ich musste mir also ein Taxi bestellen und ließ mich zum Ostufer fahren. Wie ich diese Widrigkeiten des Alltags hasse! Schließlich kam ich im Büro an. Leo Bleibtreu wartete schon auf mich. Er stand im Vorzimmer mit einer Tasse Kaffee in der Hand und beflirtete Frau Rohrbein. Ich bugsierte ihn in mein Büro und fragte ihn, wie sein medizinisch-psychologisches Gutachten beim TÜV ausgefallen sei. „Es ist wirklich unglaublich“, antwortete er. „Diese Psychofritzen haben sich doch tatsächlich gegen die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ausgesprochen. Ich kann es einfach nicht fassen!“
    „Hast du die schriftliche Beurteilung bei dir?“
    „Ja, hier ist sie!“
    Er kramte in seinem Jutebeutel und brachte nach einiger Zeit einen völlig zerknitterten Zettelhaufen zum Vorschein. Ich las unter anderem:
    Aktenanalyse:
    Herr Leopold Bleibtreu war seit 1987 im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse drei. Aus der Straßenverkehrsakte geht hervor, dass der Betreffende von Januar 2006 bis Oktober 2009 durch zahlreiche Verkehrszuwiderhandlungen negativ in Erscheinung getreten war und deshalb beim Bundeskraftfahrzeugamt in Flensburg mit 36 Punkten belegt wurde. Bei den Verkehrsverstößen handelte es sich u.a. um Geschwindigkeitsüberschreitungen, Führen eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss,
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