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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
Autoren: Hope Cavendish
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Unfreiwillig
     
    Erschaffen wurde ich im Jahre 1599 in meiner damaligen Heimatstadt London. Elisabeth I. regierte das Land und Shakespeare feierte mit seinen Stücken Erfolge am Globe Theatre. Ich bekam von all dem aber damals noch nicht viel mit, da ich sehr zurückgezogen aufgewachsen war. Meine Mutter war eine Dienstmagd, die sich von dem Earl of Rutland schwängern ließ. Natürlich weigerte sich der Earl, mich offiziell als seine Tochter anzuerkennen, brachte mich aber bei einem kinderlosen älteren Ehepaar unter, das mir eine für die damalige Zeit umfassende Ausbildung zukommen ließ.
    Mein Ziehvater hatte es als Apotheker zu bescheidenem Reichtum gebracht, da man seine Kräutermischungen und Heilpulver, die auch meine Ziehmutter mit großem Geschick herstellte, bei Hofe gerne orderte. Beide gaben mit Freude ihr naturkundliches Wissen an mich weiter, zumal ich mich als sehr wissbegieriges und lerneifriges Kind herausstellte. Meinen leiblichen Eltern bin ich indes nie begegnet. So wuchs ich ohne große Sorgen bei meinen Zieheltern auf und ging ihnen bei ihrem Tagesgeschäft zur Hand.
    Eines Abends bat mich meine Ziehmutter, eine wichtige Lieferung Kalmus und Echten Schwarzkümmel vom Hafen abzuholen, die dort mit einem Schiff aus Portugiesisch-Indien angekommen war. Sie war nicht mehr sehr gut zu Fuß und mein Ziehvater war am Vormittag zu Hofe bestellt worden und noch nicht wieder zurückgekehrt.
    Ich hatte den Apotheker schon oft zum Hafen begleitet und kannte den Weg daher im Schlaf. Mühelos bekam ich die bestellte Ware ausgehändigt. Es begann bereits zu dämmern und so machte ich mich schleunigst auf den Heimweg. Auch wenn ich den Hafen kannte, so war mir die Gegend dennoch nicht sonderlich geheuer, da sich gemeinhin allerlei Gesindel hier herumtrieb.
    Prompt stellte sich mir ein zerlumpter Bettler in den Weg. »Na, meine Schöne!«, grölte er mir seine Whiskyfahne ins Gesicht und entblößte dabei sein immerhin noch aus drei Zähnen bestehendes Gebiss. Ich wich angewidert einen Schritt zurück. Plötzlich wurde der Bettler nach hinten gerissen und flog in hohem Bogen in den Dreck. Ich riss erstaunt die Augen auf und sah mich einem Edelmann gegenüber, dessen erlesene Kleidung und federgeschmücktes Barett auf einen hohen Stand schließen ließen. Hinter ihm standen fünf weitere nicht minder vornehm gekleidete Peers.
    Der Edelmann beugte sich zu mir herunter und musterte mich anzüglich. Die Farbe seiner lodernden Augen ließ mich zurückschrecken. Vielleicht lag es ja an der untergehenden Sonne, aber sie waren irgendwie … rot.
    »Tatsächlich eine unerwartete Schönheit an diesem unwirtlichen Ort«, murmelte er mit heiserer Stimme, während er mich weiterhin musterte.
    Ich räusperte mich. »Ich bin Euch sehr dankbar für Eure Hilfe, Mylord, aber wenn Ihr mich nun vorbeilassen würdet …«
    »Nicht doch!«, unterbrach er mich zischend und drängte mich gegen eine Wand. Auch seine fünf Begleiter waren plötzlich kaum mehr als zwei Zoll entfernt, dabei hatte ich gar nicht wahrgenommen, dass sie sich bewegt hatten.
    Mir entglitt das Paket mit den wertvollen Kräutern und fiel in eine Dreckpfütze. Der rotäugige Peer griff mir in den Schritt. Ich schrie entrüstet auf und spuckte ihm ins Gesicht. Plötzlich verwandelte sich sein Gesicht in eine hasserfüllte Fratze. Er schlug mir ins Gesicht und der scharfe Schmerz wurde nur noch von dem Entsetzen überlagert, das mich ergriff, als er nach meinem Arm griff und seine Zähne hineinschlug. Ich verlor das Bewusstsein.
     
    Schmerzen. Brennende Schmerzen. Mein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen, obwohl er doch ganz offensichtlich in einer kühlen Schlammpfütze lag. Ein schemenhaftes Gesicht tauchte über mir auf. War es Gut oder Böse? Ich wusste es nicht. Es war mir auch egal. Solange nur jemand die Flammen löschte. Hände glitten über meinen Körper, schienen ihn nach Verletzungen abzutasten. Überall, wo sie mich berührten, wurde das Brennen heftiger. Ein unbändiger Schrei kroch meine Kehle hinauf. Ich wurde erneut ohnmächtig.
     
    Ich schlug die Augen auf und sah einen dunkelblauen Baldachin, der mir gänzlich unbekannt war. Mir war heiß. Und meine Kehle brannte. Offenbar war ich krank gewesen und man hatte mich ins Bett gebracht. Aber in welches Bett? Ich lehnte mich hoch und sah mich um. Dies war definitiv nicht mein Zuhause. Meine Eltern hatten zwar auch teure Möbel, doch war ihr Haus längst nicht so raffiniert eingerichtet, wie
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