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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder
Autoren: Brigitte Pons
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»Aber mit den Kollegen bist du bestimmt schon ein paar Mal gefahren.«
    »Ich bin mir sicher, ich kenne dich vom Revier. Ist nicht sonst eher die Elektronikabteilung dein Bereich? Ladendiebstahl – CDs, DVDs – und so?«
    Sichtlich genervt hob der Junge beide Hände und suchte Mischas Beistand.
    »Ey Mann, was will die Frau von mir? Sag der mal, sie soll still sein!«
    Mischa setzte den Blinker und stoppte gleich darauf am Zebrastreifen. Die bevorstehenden Formalitäten auf dem Revier und die Aussicht auf ein Telefonat mit den Eltern ihres schlecht gelaunten Begleiters verführten nicht zu übermäßiger Eile.
    »So läuft das nicht bei uns. Meine werte Kollegin wird sich genauso lange weiter mit dir unterhalten, wie sie das für richtig hält.«
    »Oh Mann, ey …«
    Plötzlich klopfte jemand neben Alexandra an die Scheibe.
    »Tobias!« Hocherfreut kurbelte sie das Fenster herunter. »Nur eine Sekunde, Mischa!«
    »Polizeioberkommissarin Müller, wie schön Sie hier zu treffen. Im Einsatz, wie ich sehe?«
    Die Nennung des Dienstgrades verfehlte ihre Wirkung nicht. Dem Jungen klappte die Kinnlade runter. Oberkommissarin. Erstaunlich, was das ausmachte. Nicht viel, rein faktisch, aber gefühlsmäßig eine ganze Menge. Glaubten die Jungs doch plötzlich, nicht irgendeinen Polizisten vor sich zu haben. Oberkommissarin. Das musste schon etwas Wichtiges sein. Alexandra grinste. Normalerweise eine Technik, die Mischa gerne verwendete, um ihr den angemessenen Respekt zu verschaffen. Es funktionierte fast immer. Dass ausgerechnet Tobias ihm jetzt mit diesem Trick zuvorkam, amüsierte sie.
    »Im Einsatz, allerdings. Und leider gerade keine Zeit«, verkündete Mischa gereizt.
    »Das Schicksal meint es gut mit mir. Da komme ich nichts ahnend aus der Stadtbücherei und dann sehe ich dich! Ein Lichtblick an profanem Ort.« Tobias beachtete ihn nicht und flirtete ungerührt weiter.
    »Wir sehen uns morgen?«
    »Ja, morgen. Ich freu mich drauf.«
    Tobias zwinkerte ihr zu, musterte Mischa desinteressiert und schlenderte lässig davon.
    * * *
     
    Er trug es mit Fassung. Immer schon hatte er gewusst, dass die anderen ihn unterschätzten. Sie hielten ihn für dumm. Aber das war er nicht. Sein Vertrag war nicht verlängert worden. Auch die Zeitarbeitsfirma kündigte ihm. Wegen mangelnder Integrationsbereitschaft. Er passte nicht ins Team. Die Kündigung festigte seine Überzeugung, dass er für etwas anderes bestimmt war, als diesen nichtsnutzigen Menschen zu dienen. Für Geld. Damit glaubten sie, ihn kaufen zu können. Eine monatliche Überweisung und er schuldete ihnen Loyalität. Aber da irrten sie schon wieder. Er wusste längst, wer der Einzige war, dem er dienen wollte. Freiwillig. Nur Ihm allein gebührte all seine Zuneigung. Seinem Willen unterwarf er sein Schicksal. Dass er den Schlüssel mitnahm, an diesem letzten Arbeitstag, war reine Intuition. Bedächtig traf er Vorbereitungen, ohne genau zu wissen, wofür. Doch in ihm wuchs die Gewissheit, dass er seine Kenntnisse brauchen würde. Bald.

Samstag, 20. Oktober
     
    Hand in Hand schlenderten sie über die Uferpromenade auf der Sachsenhäuser Mainseite. Stahlblau spannte sich der Himmel über die Stadt und den breiten ruhigen Fluss. Die höher gelegene Straße wurde von Platanen gesäumt, deren handtellergroße Blätter in großen Mengen heruntergeweht waren und sich in der Grünanlage sammelten. Unter ihren Füßen raschelte das bunte Laub.
    Alexandra liebte dieses Geräusch. Ein Knistern, ähnlich dem eines gerade erst aufflackernden Feuers, wenn die Flammen Stück für Stück das trockene Holz erobern. Die Sonne wärmte ihr Gesicht, eine Wohltat nach den vergangenen trüben Tagen. Ein letztes Aufbegehren des Altweibersommers. Der Wetterbericht prognostizierte weiter sinkende Temperaturen und der Wind, der gelegentlich auflebte, war bereits erstaunlich kalt. Ihre Hand schmiegte sich in Tobias’ Jackentasche, wärmend und behaglich. Das Mittagessen ließen sie ausfallen. Die Zeit, die sie gemeinsam verbringen konnten, war zu kostbar, um sich auf einen langwierigen Restaurantbesuch einzulassen. Mit einem Tisch, der sie voneinander trennte.
    »Du warst viel unterwegs in den letzten Jahren, das war fast eine Weltreise, oder?«
    »Es waren vor allem Lesereisen und kein Urlaub.«
    »Aber ein bisschen Entspannung war sicher auch dabei?«
    »Entspannung?« Er lachte leise und legte den Arm um ihre Taille. »Ja natürlich. Es gibt Dinge, die mich sehr entspannen!«
    Das
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