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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder
Autoren: Brigitte Pons
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du nicht allein sein willst.«
    »Nein. Ist schon okay. Ich glaube, für ein normales Familienleben bin ich derzeit nicht geeignet. Ozzy ist genau der Richtige. Sei nicht beleidigt, Jens.«
    »Bin ich nicht. Aber nur, wenn du jetzt auf der Stelle schläfst.«
    »Versprochen.« Ängstlich schloss sie die Lider, voll böser Ahnungen, was sie gleich wieder sehen würde. Ihr blieb keine Zeit, überrascht zu sein. Dunkelheit umfing sie und in Sekundenschnelle folgte gnädiger, traumloser Schlaf.
    * * *
     
    Der Koffer lagerte zwischen den verlorenen Gepäckstücken. Bald schon bedurfte es keines besonderen Riechers mehr, um ihn zu finden. Der Augenblick der Vergeltung näherte sich unaufhaltsam. Die Stunde des Richters. Und die des Henkers.
    * * *
     
    Nervös lag Mischa in seinem Krankenhausbett. Er hasste es, nicht mobil zu sein und wegen jeder Kleinigkeit die Hilfe der Schwestern in Anspruch nehmen zu müssen. Noch viel mehr hasste er es, nicht zu wissen, was um ihn herum geschah – und mit ihm. Er brauchte Informationen, Antworten, eine Perspektive. Und jetzt endlich saß der Chefarzt auf seiner Bettkante, um ihm genau das zu geben.
    »Ihr Brustnerv ist beschädigt und auch der Rabenschnabelfortsatz. Der Kopf des Oberarmknochens sowie der Bereich des Schulterblattes, der die Gelenkhöhlung bildet, sind zum Teil zersplittert.« Er hielt eine Röntgenaufnahme gegen das Licht und deutete mit einem Stift auf die betreffenden Stellen. »Hauptschlagadern waren zum Glück nicht betroffen, sonst säßen wir jetzt nicht hier. Die Verletzungen einzeln betrachtet sind gut behandelbar, aber die Kombination erschwert die Sache. Wobei vor allem die Nervenschädigung problematisch ist, die den Musculus serratus anterior, einen der Brustmuskel, betrifft. Diese Verbindung ist wichtig, um den Arm seitlich heben zu können. Aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass Sie den Arm und die Schulter mit etwas Geduld und Disziplin wieder annähernd normal bewegen können werden.«
    Mischa schluckte. Annähernd normal – war das alles, was er zu erwarten hatte?
    »Ich will Ihnen nichts vormachen, Herr Michalczyk. Durch die vielen Knochensplitter ist das Gewebe ziemlich angegriffen. Der Knochen und die Zellstrukturen brauchen Ruhe zur Heilung. Der Muskel und der Nerv dagegen brauchen Stimulation, um sich zu regenerieren. Wir müssen daher Chancen und Risiken gegeneinander abwägen, unter Berücksichtigung des Faktors Zeit. Unter Umständen kann die Bewegung des Armes aus dem Schultergelenk eingeschränkt bleiben. Im schlimmsten Fall lässt er sich nicht mehr über die Horizontale hinaus anheben. Die volle Belastbarkeit kann jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit wieder herstellt werden. Damit kann man ganz gut leben. Glauben Sie mir!«
    Aufmunternd klopfe der Arzt ihm aufs Bein und ließ ihn dann allein zurück.
    Nur langsam dämmerte Mischa, was das für Folgen haben konnte. Blinzelnd starrte er aus dem Fenster in den unruhigen Himmel.
    Building castles in the sky. Bill Withers schöne Textzeile bekam in dem Zusammenhang plötzlich einen boshaften Unterton. Hatte er wirklich auf ein Wunder gehofft? Am Horizont schloss sich das letzte blaue Loch zwischen den Wolken. Ein Graupelschauer peitschte über die Erde. Harte weiße Körner prasselten gegen die Scheibe. Glauben Sie mir. Ein trauriges Lächeln glitt über Mischas Gesicht. Die Wunde pochte.
    Ich spüre das Leben, Stockmann. Das Leben ist es, woran ich glaube.
    Und da war noch etwas, woran er gerne geglaubt hätte.

Mittwoch, 14. November
     
    Umständlich schälte sich Conrad Neumaier aus der Jacke. Sie war eindeutig zu warm für eine überheizte Krankenstation. Im Treppenhaus standen dagegen alle Fenster offen und es zog erbärmlich. Vermutlich hatte jemand heimlich geraucht. In Mischas Zimmer traf er nur die Putzfrau an, das Bett war leer.
    Eine letzte Chance, es sich anders zu überlegen, kehrtzumachen. Aber sein Entschluss stand fest. Im Stationszimmer sortierte eine Schwester Pillen in ein Zählbrett, als Neumaier klopfte.
    »Entschuldigung – Herr Michalczyk ist nicht in seinem Zimmer?«
    Ein böser Blick traf ihn.
    »Schon wieder! Jetzt habe ich mich verzählt. Sind Sie sein Vorgesetzter? Nein? Aber Polizist. Wenn Sie Handschellen haben, machen Sie ihn irgendwo fest, wenn Sie ihn erwischen. Er ist unvernünftig. Vermutlich sitzt er wieder in Zimmer 207, bei Herrn Weber.« Sie kippte die Pillen zurück in den Behälter, um von vorn anzufangen.
    Neumaier folgte den großen
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