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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder
Autoren: Brigitte Pons
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laut Buch – betäubt und lebendig begraben! Da ist kein Tropfen Blut geflossen. Bei all den anderen Morden erzählt er von dem Genuss, den Tod mit anzusehen. Hässliche Details über das Ausbluten, brechende Knochen, Körperflüssigkeiten …«
    »Lass gut sein, Alexandra, ich brauche die Einzelheiten nicht.«
    Jens legte seinen Arm um sie und fröstelnd lehnte sie sich an seine Schulter. Fürsorglich richtete er ihren Schal, klappte den Kragen ihrer Jacke hoch und zog die Mütze über ihre Ohren.
    »Dieser Fall war anders. Auch die Wortwahl. Er kannte das Opfer, während die anderen zufällige Fremde oder nichts als günstige Gelegenheiten für ihn waren.«
    Sie spürte ein Ziehen in ihrem Arm unter dem Gips.
    »Ich weiß nicht mehr, warum ich darauf aufmerksam wurde. Aber ich versuchte, es zu deuten. Er sprach von dem Opfer als einem, der unbedeutende Zeilen verfasste, die niemand lesen wollte, und der sich einbildete, ihm einen Gefallen zu tun. Also ein unbekannter Autor, dachte ich mir. Aber wieso ein Gefallen? Ich habe alle seine Bücher zu Hause. Und er hat eine Menge geschrieben. Ich sah mir die Erscheinungsdaten genauer an. Da war ein Bruch. Nach einem halben Dutzend gefeierter Kriminalromane, drei Jahre ohne Veröffentlichung und dann eine Bücherserie. Fünf Megabestseller in Folge. Klar, schreiben braucht Zeit. Kreativität kommt nicht auf Knopfdruck. Es war nicht mehr als ein vager Verdacht. Nach der Serie kam wieder eine Pause. Da war er in der ganzen Welt unterwegs, um anschließend sein aktuelles«, sie stockte, »sein letztes Buch zu schreiben. Ich verbrachte geraume Zeit damit, in allen Büchern querzulesen. Und ich fand auch inhaltlich und stilistisch den Bruch wieder. Da kam mir der Gedanke, dass die Serie nicht auf seinem Mist gewachsen war. Dazu passt auch, was seine Lehrerin mir später erzählt hat. Dass Tobias sich verändert hatte und dann schreibend den Weg wieder zurückging.«
    »Du meinst, ein anderer, der hier«, er deutete auf die Knochen, die aus der Grube ans Tageslicht geholt wurden, »hat die Bücher geschrieben?«
    Sie verzog zweifelnd das Gesicht. »Möglich. Oder zumindest die Idee entwickelt, ein Konzept erarbeitet oder so. Einen Plan für genau fünf Bücher. Danach musste Stockmann sich etwas Neues einfallen lassen, etwas Spektakuläres. Und mit Hilfe der Mörder-Perspektive ist ihm das gelungen.«
    »Also hat er diesen Mann damals ermordet, weil er in einer Schaffenskrise steckte. Aber wieso warst du mit dem Namen so sicher? Und wieso hast du mich in Bayern suchen lassen?«
    »Schöne Gegend und Föhnwetterlage, so steht es im Buch. Das ist nicht viel, ich weiß, aber typisch für die Voralpenregion. Und den Namen kannte ich bereits. Erst dachte ich, er hat Kai Mertens’ Verschwinden vielleicht nur als Inspiration genutzt. Ich habe es gehofft. Ja, gehofft. Nicht geglaubt. Letzte Sicherheit hast du mir verschafft mit dem Namen der Literatur-Agentin. Ich habe ein bisschen nachgebohrt und herausgefunden, dass auch Tobias einige Zeit mit ihr zusammengearbeitet hat. Ich schätze, diese Frau ist die einzige potentielle Zeugin. Wenn sie etwas von der Beziehung der beiden wusste. Aber darum sollen sich andere kümmern. Ich nicht. Ich will nichts mehr davon wissen.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht!«
    »Nein. Aber ich will nichts damit zu tun haben. Verstehst du! Sie waren mal Freunde. Kai Mertens und Tobias kannten sich aus der Schulzeit. Kannst du dir das vorstellen? Jahrelang beste Freunde und dann so ein Ende.«
    Für sie hatte er einen noch spektakuläreren Abgang vorbereitet. Obwohl auch sie eine Zeit lang geglaubt hatte, ihm etwas zu bedeuten. Sie bemühte sich, nicht daran zu denken.
    »Vielleicht wollte Mertens auch einen Deal mit Tobias, das würde den Gefallen erklären. Kai Mertens war hoch verschuldet. Hat alles versoffen. Das Haus stand unmittelbar vor der Zwangsversteigerung, als er verschwand. Kann sein, dass er versuchte, die Geschichten zu verkaufen, weil er selbst nicht mehr in der Lage war zu schreiben.«
    »Und Stockmann hat ihn umgebracht, weil er nicht zahlen wollte, ist dabei auf den Geschmack gekommen und hat weiter getötet?«
    »Nein. Wie gesagt, das viele Blut ist nicht sein Ding.«
    »Woher …?«
    »Vergiss nicht, ich habe Tobias gut gekannt. Ziemlich gut«, sie schluckte, hörte seine tiefe, vibrierende Stimme. Willst du mein Engel sein, Alexandra? Da war diese versteckte Verletzlichkeit, in seinen Worten, in seinem Wesen, hinter seinem
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