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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder
Autoren: Brigitte Pons
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hätte, sprang er auf und eilte ihr entgegen. »Schwester, gibt es etwas Neues?«
    Lächelnd nickte sie. »Herr Michalczyk ist jetzt im Aufwachraum. Wenn Sie zu ihm möchten, denke ich, das geht in Ordnung.«
    »Wunderbar. Kommst du, Alexandra?«
    Sie zerdrückte den Plastikbecher in ihren Händen.
    »Geh du. Ich kann nicht.«
    * * *
     
    Erst eine Stunde später wagte Alexandra sich in Mischas Zimmer. Conrad Neumaier hatte darauf bestanden und sie schließlich durch die Tür geschoben.
    Mischa sah schrecklich aus, noch ganz benebelt von der Narkose. Seine Stimme stolperte heiser und langsam, eine Nachwirkung des Beatmungsschlauchs. Trotzdem versuchte er zu scherzen.
    »Montagmorgen müssen wir wohl früher aufstehen. Einarmig die Uniform anzuziehen, stelle ich mir schwierig vor.« Er hustete und sein Gesicht verzerrte sich bei jeder Erschütterung. »Aber wir kriegen ja immerhin noch zwei funktionsfähige Arme zusammen. Wenn du mit dem linken Arm schaltest und ich mit dem rechten lenke, könnten wir glatt ganz normal Streife fahren, was?«
    Sein Lachen klang gequält und sie schaffte nur ein mühsames Nicken. Sie, die immerzu redete, fand keine Worte. Eine Schwester streckte den Kopf zur Tür herein.
    »Frau Müller? Die Operation ist vorbei. Herr Weber ist jetzt auf die Station gebracht worden. Seine Frau möchte Sie sehen.«
    »Geh schon.« Mischa nickte ihr zu. Die Schwester wartete.
    »Geht es ihm gut?« Alexandras Hände schwitzten bei dem Gedanken an Karin.
    »Sein Zustand ist nicht unkritisch, aber derzeit einigermaßen stabil. Die Chancen sind gut, dass er in absehbarer Zeit zu sich kommt. Seine Frau will Sie gleich sprechen, sagt sie. Damit sie wieder bei ihm sein kann, wenn er aufwacht.«
    Die Schwester verließ den Raum, doch Alexandra zögerte.
    »Worauf wartest du? Mensch, er ist über den Berg, zieh nicht so ein Gesicht. Als ich ihn fand, dachte ich nicht, dass er es schafft. Seine Frau wird dir nicht gleich den Kopf abreißen. Er lebt. Das ist doch, was am meisten zählt. Oder nicht? Alles Weitere könnt ihr später klären.«
    Er machte eine kurze Pause. Atmete schwer. Alexandra rührte sich immer noch nicht.
    »Und zwischen uns gibt es nichts, was geklärt werden müsste«, fügte er hinzu.
    Hilflos stand sie am Fußende des Bettes.
    »Es tut mir alles so leid.«
    »Lass, das ist nicht nötig.«
    Sie zog kurz die Oberlippe zwischen die Zähne, sprach dann aber weiter. »Tobias hat mich vor die Wahl gestellt, wer von euch sterben soll. Und ich …«
    »Nicht, Alexandra, tu dir das nicht an.«
    Ihre Hände krampften sich um die Metallstange, auf der ein Schild mit Mischas Namen klebte.
    »Ich sollte wählen, wen von euch ich retten würde, wenn ich könnte.«
    »Du hattest nie eine Wahl. Geh jetzt und hör auf mit den Selbstvorwürfen.«
    »Darum geht es nicht, es ist nur …«
    »Verschwinde Alexandra, ich will es nicht hören. Ist das deutlich genug? Hau jetzt ab. Klar?«
    Sie ging langsam zur Tür, drehte sich um, die Hand schon auf der Klinke.
    »Auch wenn du es nicht hören willst, Mischa, ich muss es sagen. Als ihr beide da unten gelegen habt, alles voll mit Blut, eurem Blut, da wurde mir schlagartig klar …«
    »Sascha!«
    Sie ließ sich nicht unterbrechen. »Die Entscheidung war in meinem Kopf. Sofort. Ich musste sie nicht treffen. Sie war einfach da. Ich dachte, es wäre schwer, aber es war so verdammt leicht. Und damit komme ich nicht zurecht, Mischa.«
    »Hör auf, Sascha – hör auf!« Er flüsterte es, fast flehentlich. »Sag nichts mehr.«
    »Ich fühle mich so schuldig seitdem. Und ich weiß nicht, was ich Karin sagen soll. Ich bin so froh, noch mit Jörg reden zu können. Wenn es wirklich in meiner Hand gelegen hätte … aber das kann ich ihr nicht sagen, und ihm nicht … weißt du, dann könnte ich das nie mehr.«
    Erst, als sie längst gegangen war, wurde ihm klar, was ihre Worte bedeuteten.
    * * *
     
    Karin erwartete Alexandra vor der Tür der Intensivstation. Angst und Wut entluden sich über ihr wie ein Gewitter und sie ließ es reumütig, fast dankbar, über sich ergehen.
    »Wenn er deinetwegen stirbt, mache ich dir das Leben zur Hölle, das schwöre ich dir!«
    »Karin, es tut mir leid …«
    »Es tut dir leid? Was genau? Dass du schuld bist, dass er vielleicht verblutet? Dass dein beschissener Liebhaber ihn abgeknallt hat? Oder dass du mit ihm im Bett warst?«
    Es gab nichts zu ihrer Verteidigung zu sagen, was jetzt nicht lächerlich geklungen hätte. Aber nach
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