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Hungerkralle

Hungerkralle

Titel: Hungerkralle
Autoren: Jürgen Ebertowski
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überstürzt mit dem Ami verlassen, und um neun
sollte Wolfgang die Goldmünzen bekommen.«
    Kassner inhalierte einen tiefen Zug und
ballte die Fäuste. »Irgendwie ergibt das alles keinen Sinn, Hotte!« Er
betastete seine entstellte Gesichtshälfte. »Warum, zum Teufel, haben sie nicht
schon im Tegeler Weg zugeschlagen, sondern erst in der Nollendorfstraße? Dann
hätten sie schließlich auch Elektro-Klaus gleich gehabt.«
    Brennecke zuckte mit den Achseln. »Ich
kann es mir nur so erklären: Meunier und der Major kriegen im Oriental überraschend den Tipp, dass Elektro-Klaus am Tegeler Weg ein dickes
Geschäft vorhat. Meunier besitzt kein Auto, deshalb fahren sie mit dem Wagen
von dem Ami. Sie beobachten, wie Wolfgang und Elektro-Klaus ihren Handel abwickeln
und sich dann trennen. Sie entscheiden sich natürlich, Wolfgang zu folgen, denn
Elektro-Klaus kennen sie schließlich. So hätte ich in ihrer Situation bestimmt
auch gehandelt. – Aber wie überhaupt jemand von dem Treffen erfahren konnte,
ist und bleibt einfach schleierhaft. Wolfgang ist garantiert nicht damit
hausieren gegangen, dass er Elektro-Klaus noch einmal trifft.«
    »Gut, sie sind ihm also hinterher. Und dann? Die
Schießerei?«
    »Tja, ich denke, Wolfgang wird wohl
gemerkt haben, dass ihm jemand bis zur Druckerei gefolgt war. Wahrscheinlich
versuchte der Ami ihn dort zu verhaften, und er hat sich widersetzt.«
    »Und wenn er bei der Schießerei doch nur
schwer verletzt wurde und noch lebt?«
    Brennecke schüttelte entschieden den
Kopf. »Nein, er ist mit Sicherheit tot. Der Zeitungsmann wohnt im Mietshaus
über der Toreinfahrt. Als er heute früh seinen Handkarren aus einem Verschlag
im dritten Hof holen wollte, verboten die Militärpolizisten es ihm, aber
schließlich gab ein Deutsch sprechender Offizier die Genehmigung. – Otto! Der
Mann hat eindeutig vor der Druckerei einen abgedeckten, reglosen Körper
gesehen! Meunier kann es nicht gewesen sein und dieser Miller auch
nicht, denn beide sind vorhin bei bester Gesundheit auf dem Flugplatz
herumspaziert.«
    »Ja, du hast vermutlich recht. Wolfgang
wird ins Gras gebissen haben. Aber Scheiße, verdammte!« Otto Kassner drückte
seine Zigarette aus. »Erst hat Adolfs Verhaftung alles durcheinander gebracht,
und jetzt, wo unsere Unternehmungen endlich richtig Geld abzuwerfen beginnen,
haben wir die Bescherung!«
    Brennecke nickte. »Wir werden nicht umhinkommen,
unsere Zukunftspläne wieder einmal zu überdenken. Wenigstens hat sich jetzt
ausgezahlt, dass wir konsequent unabhängig aktiv waren. Die Druckerei lief
allein auf Wolfgangs Namen, und offizielle geschäftliche Verbindungen zwischen
meinen Bautrupps in Tempelhof und deiner Firma existieren nicht. Eigentlich
sehe ich keine direkte Gefahr für uns. Auf den Schwarzmärkten derzeit weiterhin
Gold aufzukaufen wäre allerdings Selbstmord.«
    Kassner griff nach der Zigarettenpackung.
»Was ist mit Wolfgangs Bekannten, dieser Hansen? Die noch zur Geldwäsche zu
benutzen verbietet sich ja wohl gleichermaßen.«
    »Abwarten, Otto, abwarten! Zum Glück hat es Wolfgang
erwischt, nachdem er den größten Teil der Blüten in Gold umrubeln konnte.
Vorerst intensivieren wir besser nur die legalen Geschäfte, und dann überlegen
wir in Ruhe weiter. – Auch was unseren Freund Meunier betrifft.«

 
    19. Kapitel
    D-Mark,
Clay-Mark und Tapetenmark
     
     
     
    Der kleine Hansi hatte sich wochenlang an Renate
Hansens Fersen geheftet, aber Major Millers Hoffnungen, die Überwachung würde
zu weiteren Mitgliedern der Fälscherbande führen, erfüllten sich nicht.
    Renate Hansen verließ ihre Wohnung am
Klausener Platz nur höchst selten, zumeist um Einkäufe zu erledigen oder
Behördengänge zu tätigen. Die Naziwitwen, die früher beständig bei ihr ein und
aus gegangen waren, besuchten sie überhaupt nicht mehr. Natürlich war Renate
Hansens gesamte Post vor der Zustellung von Bill Gleasons Experten im Föhrenweg
geöffnet und akribisch auf eventuell verdächtige Mitteilungen hin überprüft
worden – bislang ebenfalls ohne verwertbare Ergebnisse.
    Bennos und Hansis Erkundigungen im
Schwarzmarktmilieu waren gleichermaßen fruchtlos. Da immerhin Fräulein Schwandt
in Frohnau Wolfgang Richter als einen ihrer vier ehemaligen Nachbarn
identifizieren konnte, gab der Major dem kleinen Hansi dennoch grünes Licht,
die Überwachung von Renate Hansen fortzusetzen. Auch Benno wurde gebeten,
weiterhin in den einschlägigen Kreisen die Ohren zu spitzen.
    Unterdessen
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