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Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon

Titel: Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
Autoren: Anonymus
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Eins
    Joel Rockwell konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor so nervös gewesen zu sein. Seine bisherige berufliche Laufbahn als Nachtwächter im Santa Mondega Museum of Art and History war ereignislos gewesen, um es gelinde zu sagen. Er hatte dem Beispiel seines Vaters Jessie folgen und zur Polizei gehen wollen, doch er hatte die Tests an der Police Academy nicht bestanden. In mancherlei Hinsicht war er froh darüber. Polizeiarbeit war viel gefährlicher, wie sich gerade drei Tage zuvor herausgestellt hatte, als sein Vater in den Nachwehen der Sonnenfinsternis während des Mondfestivals vom Bourbon Kid erschossen worden war. Ein lockerer Job als Wachmann war die bessere – sicherere – Alternative. Zumindest hatte es so ausgesehen, bis vor ziemlich genau fünf Minuten.
    Der beschwerlichste Teil seiner nächtlichen Pflichten bestand darin, im Büro vor einer Reihe von Monitoren zu sitzen, die im Allgemeinen zeigten, dass innerhalb der Mauern des Museums nichts, aber auch rein gar nichts passierte. Außerdem juckte die graue Uniform, die Joel tragen musste, wie die Hölle. Wahrscheinlich war sie bereits von zahllosen anderen Angestellten getragen worden, bevor er sie an seinem ersten Tag erhalten hatte, und sie war einfach nicht zum Herumsitzen gemacht worden. Zu versuchen, sich während der gesamten Schicht in ihr wohlzufühlen, war in der Regel die anspruchsvollste Aufgabe der Nacht. Bis auf die Tatsache, dass das, was er soeben auf dem Bildschirm Nummer drei gesehen hatte, schlagartig alles änderte.
    Joel Rockwell war kein Mann, der unter einer überschäumenden Fantasie gelitten hätte. Er war auch kein sonderlich intelligenter Mann – genau der Mangel an diesen beiden Eigenschaften hatte letztendlich dazu geführt, dass er die Aufnahmeprüfung an der Police Academy nicht geschafft hatte. Wie einer seiner Prüfer – ein grauhaariger dreißigjähriger Lieutenant – in seiner vertraulichen Beurteilung festgehalten hatte: »Dieser Typ ist so dämlich, dass es sogar den anderen Bewerbern aufgefallen ist.« Nichtsdestotrotz besaß er eine gewisse Bauernschläue und Aufrichtigkeit, die ihn zu einem guten Zeugen und zuverlässigen Wachmann machten, wenngleich nur, weil ihm die Fantasie und Intelligenz fehlten, irgendetwas anderes zu tun.
    Wenn seine Augen ihm keinen Streich spielten, dann hatte er auf dem Bildschirm soeben einen Mord beobachtet. Sein Kollege Carlton Buckley war während seines Rundgangs im ersten Untergeschoss angegriffen und getötet worden. Rockwell hätte die Polizei alarmiert, doch bei der Beschreibung dessen, was er soeben gesehen hatte, hätten die Beamten ihn wahrscheinlich ausgelacht und eingesperrt, weil er ihre Zeit verschwendete. Also tat er das Nächstbeste, was ihm einfallen wollte: Er rief Professor Bertram Cromwell an, einen der Direktoren des Museums.
    Er hatte die Nummer des Professors in seinem Handy gespeichert, und obwohl er ein wenig nervös war angesichts der Tatsache, dass er zu so gottloser Zeit anrief, wählte er die Nummer trotzdem. Cromwell war einer jener ausgesprochen höflichen Gentlemen, die niemals aus der Haut fuhren wegen eines Anrufs, ganz gleich, wie trivial der Anlass auch sein mochte.
    Mit pochendem Herzen und dem Handy am Ohr, während er darauf wartete, dass Cromwell den Anruf entgegennahm, verließ er das Sicherheitsbüro und begab sich zur Treppe, um hinunter ins Untergeschoss zu steigen und nachzusehen, was da passiert war.
    Er hatte den Fuß der Treppe erreicht und bog nun nach rechts in einen langen Gang ein, als der Professor endlich abnahm. Wenig überrascht klang er ganz wie ein Mann, der soeben aus tiefstem Schlaf gerissen worden war.
    »Hallo? Hier ist Bertram Cromwell. Mit wem spreche ich bitte?«
    »Hi Bernard, hier ist Joel Rockwell aus dem Museum.«
    »Hi Joel, ich heiße Bertram, nicht Bernard.«
    »Wie auch immer. Hören Sie, ich glaube, wir haben einen Einbrecher im Museum, aber ich bin nicht völlig sicher, deswegen dachte ich, ich rufe zuerst Sie an, bevor ich die Polizei alarmiere und so weiter, Sie wissen schon.«
    Cromwell schien ein wenig wacher zu werden. »Tatsächlich? Was ist denn los?«
    »Na ja, es klingt wahrscheinlich verrückt, aber ich glaube, eben hat sich jemand aus einer von diesen ägyptischen Mumien ausgewickelt.«
    »Wie bitte?«
    »Die Mumienausstellung. Ich glaube, jemand ist aus diesem gottverdammten ägyptischen Grab gekommen.«
    »Was? Das ist unmöglich! Was um alles in der Welt reden Sie da?«
    »Ja, ich
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