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Hungerkralle

Hungerkralle

Titel: Hungerkralle
Autoren: Jürgen Ebertowski
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dass der Mercedes
erst noch wenden würde.
    Plötzlich erstarrte Kassner, schrie
Brennecke etwas zu und sprang in den Wagen. Im Anfahren riss Brennecke das
Steuer bis zum Anschlag nach links, gab Vollgas, dann krachte es.
    Brennecke hatte blitzschnell kalkuliert,
dass ein Wendemanöver vor dem Tor zu viel Zeit kosten würde, und versucht, über
die Freifläche in Richtung Columbiadamm zu entkommen. Bei dem Lenkmanöver, das
bezweckte, dem Lastzug dort auszuweichen, war der Mercedes auf dem
Schotterbelag ins Schleudern geraten und hatte sich mit der Motorhaube voran
unter die Ladefläche des Anhängers geschoben.
    »Das hat aber recht ordentlich
gescheppert!«, sagte der Major zu Karl und legte den Gang ein.
    An der Unfallstelle stiegen sie aus.
    »Das war’s denn wohl!« Karl tastete nach
seiner Zigarettenschachtel. »Sie auch, Major?«
     
     
    Otto Kassner war sofort tot, Horst
Brennecke starb, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben, einen Tag darauf
im amerikanischen Militärhospital. Die Bordwand des Anhängers hatte das Dach
von Brenneckes Mercedes zerquetscht wie einen Pappkarton.
    Die Ermittlungen von BOB in Kassners Fall
waren bald abgeschlossen. Im Keller seiner Westender Wohnung entdeckte man
neben den eingemauerten Reichsmark-Druckplatten auch eine Metallkiste mit
Goldmünzen und Goldbarren. Umgerechnet in die neue Währung hatte der Fund einen
Wert von annähernd zwei Millionen D-Mark. Bei Birgit Kellners Freund
gestalteten sich die Recherchen von BOB und dem Document Center schwieriger.
Erst die Auswertung der Personalakten der ehemaligen Deutschen Botschaft in
Stockholm brachte Klarheit. Ein Horst Brandermann fand sich zwar nicht unter
den in der Passabteilung beschäftigten Diplomaten, wohl aber ein Horst
Brennecke. Sonderbarerweise verzeichneten die Listen von Ribbentrops
Auswärtigem Amt keine Person dieses Namens. Bill Gleasons Old-Boys-Connection
im Document Center wurde schließlich durch Zufall fündig. Ein Horst Brennecke
war im Sommer 1942 von der Gestapo-Hauptverwaltung von Wilna nach Schweden
geschickt worden, um dort deutsche Emigrantenorganisationen zu beobachten. Es
lag nahe, anzunehmen, dass er bereits in Wilna mit Richter und Wagener
zusammengetroffen war. Wann Brennecke in Berlin zu ihnen und Kassner gestoßen
war, ob in den letzten Kriegstagen oder erst später, ließ sich nicht ergründen,
denn die meisten Akten in der Gestapo-Zentrale waren rechtzeitig vor dem
russischen Einmarsch vernichtet worden.

 
    22. Kapitel
    Eugen
     
     
     
    Ernst Reuters Appell »Völker der Welt,
schaut auf Berlin!« verhallte nicht ungehört. Amerika, England und Frankreich
setzten die Luftbrücke fort, bis die Sowjetunion vor den gigantischen und
effektiven Anstrengungen der Westalliierten resignierte und die Blockade der
Stadt am 12. Mai 1949 beendete.
    Es war zufällig der Tag, an dem Liselotte
Hofmann und Leutnant- Colonel Paul Miller auf dem Standesamt Tempelhof mit
ihrer Unterschrift die Eheschließung von Vera und Karl bezeugten.
    Drei Monate später erblickte Eugen Meunier das
Licht der Welt, um als »waschechter Insulaner« aufzuwachsen.
    Aber das ist eine andere Geschichte…

 
    Personen
     
     
     
    Karl Meunier, ein ehemaliger
Hausdetektiv vom Hotel Adlon
    Vera Binder, seine
verschollene Freundin
    Birgit Kellner, eine ehemalige Artistenkollegin von Vera
    Benno Hofmann, Karls
Sportkamerad, Ex-Rausschmeißer vom Oriental, jetzt eine Schwarzmarkt-Eminenz
    Liselotte Hofmann (»Lilo«), Bennos Frau
    Hasso, mag
keine Fremden im heimischen Garten
    Otto Kassner, ein
Parteigenosse der ersten Stunde und der letzte Empfangschef vom Hotel Adlon
    Horst Brennecke (»Hotte«), immer in Kassners Nähe
    Adolf Wagener bzw.
Adolf Hübner und Wolfgang Richter,
    ebenfalls
    Renate Hansen, hält
alte Kontakte am Leben
    Captain/Major Paul Miller, schreibt nicht nur für The Stars and Stripes
    Leutnant John McCullen, teilt sich eine Dahlemer Wohnung mit Miller
    Sergeant Robert Burns, liebt die Deutschen im Allgemeinen nicht sonderlich,
seine Edith und ihre beiden kleinen Töchter aber sehr
    Edith Jeschke, will
mit Robert und den Kindern bloß weg aus Berlin
    Bill Gleason, wer
zu ihm vordringen will, muss sich gut ausweisen können
    Richard Bloomsfield, ist nicht nur ein unauffälliger Stammgast im Oriental
    Genosse Oberstleutnant Wladimir Wassilinski, besucht die westalliierten Sektoren Berlins bevorzugt
in Zivilkleidung
    Colonel Brian Teasdale, Wirtschaftsfachmann im Stab von Field
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