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Hungerkralle

Hungerkralle

Titel: Hungerkralle
Autoren: Jürgen Ebertowski
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Hansi. Während die Wirtin nach einem
geeigneten Glas suchte, fragte Karl: »Wo ist Vera?«
    »Ich glaube, sie sitzt mit Benno an einem
Tisch hinten neben der Tanzfläche.«
    Karl bekam seinen Schnaps und trank ihn
auf ex.
    »War was?«, fragte Lilo.
    Karl nickte. »Das kann man wohl sagen!
Aber ich erzähl euch besser alles im Lagerraum. Geh du mit Hansi schon mal
unauffällig vor. Ich hole nur noch Vera und dein Dickerchen.«
     
     
    Lilo stand an der Lagerraumtür und
behielt, während Karl zu erzählen begann, durch einen Spalt den Tresen im
Blick. Benno hockte mit verschränkten Armen auf einem Bierfass. Vera, Hansi und
Karl hatten sich auf leere Weinkisten gesetzt. Alle waren mit Brandermanns
Geburtstagssekt versorgt worden, aber niemand rührte sein Glas an.
    »… er hat in Panik einfach hintereinander
abgedrückt. Auch als die Mündung schon auf ihn zeigte. Als er auf dem Boden lag
und sich nicht mehr bewegte, hab ich dann ein Streichholz angezündet. Es war
kein schöner Anblick, kann ich euch versichern, und das beileibe nicht wegen
der Schmisse im Gesicht: Die Kugel ist ins linke Auge rein und am Scheitel
raus. Zehn Minuten später kam Miller mit der Militärpolizei. Die Aktentasche
mit den Goldmünzen, die der Dicke von Elektro-Klaus bekommen hatte, war noch im
Hanomag. Als ihm klar geworden war, dass ihn jemand verfolgte, muss er sich gleich
hinter dem Lkw auf die Lauer gelegt haben, ohne die Druckerei zu betreten.«
    Der Oriental- Wirtschüttelte
ungläubig den Kopf. »Dasser sich denn ooch noch mitter eignen Kanone ausrottet,
da fällt mir nischt weiter zu een, als det mit die Doofen Jott is! – Mensch,
Karlchen! Sich nach hinten zu drehen und zu versuchen, ‘nem Angreifer, der’n
Messer hat, die Waffe mit ‘nem Handdrehhebel abzunehmen, is alleene schon
russischet Rulett. Die Technik jelingt ja selbst mir fast nie ohne Patzer. Du
hast echt verdammten Massel jehabt, meen Bester!«
    »Ich weiß. Und wenn ich jetzt darüber
nachdenke, würde ich sogar sagen, dass es der helle Wahnsinn gewesen ist. Aber
um groß nachzudenken, blieb mir nun mal keine Zeit. Zumal ich damit rechnen
musste, dass in der Halle noch Komplizen warteten. Im Obergeschoss brannte
schließlich Licht. Und dann hätte ich richtig alt ausgesehen. Also habe ich
alles auf eine Karte gesetzt.«
    »Und wat war mit dem Licht?«
    »Da hatte bloß ein Druckereiarbeiter
vergessen, eine Lampe im Klo auszuknipsen.«
    »Aber wie geht es nun weiter?«, fragte
Vera. »Dieses Fräulein Schwandt in Frohnau sagte doch, in der Nachbarvilla
hätten vier Männer gewohnt. Einer von ihnen ist in Frankfurt von den Amis
erschossen worden. Falls die Spurensicherung feststellt, dass in der
Nollendorfstraße Falschgeld gedruckt wurde, dann wäre der mensurnarbige Dicke
vermutlich Nummer zwei. Somit verbleiben von der Bande noch zwei weitere. – Außerdem:
Was soll mit Elektro-Klaus geschehen? Will Miller den hochgehen lassen?«
    »Das alles besprechen wir morgen Nachmittag um fünf
Uhr mit dem Major in Tempelhof.«
    »Wer ist ›wir‹?«, fragte Lilo.
    »Benno, Hansi und ich.«
    Der kleine Hansi schaute verwundert zu
Karl. »Wie, ick ooch?«
    »Sicher. Von dir kam schließlich der entscheidende
Hinweis. Und bitte zu niemandem ein Sterbenswörtchen über die Schießerei. Das
gilt für jeden von uns.«
    »Die Schüsse wird bestimmt jemand gehört haben«, warf
Vera ein, »und das Anrücken der Militärpolizei-Jeeps sicherlich auch.«
    »Da hast du vermutlich recht. Dennoch
will Miller darauf hinwirken, dass der Vorfall nicht in der Öffentlichkeit
breit gewalzt wird. Die Berliner Presse jedenfalls erhält keine Informationen.
Vielleicht weiß er morgen auch schon, ob der Dicke derselbe Mann ist, der immer
Renate Hansen besucht hat.«
    »Renate Hansen, wer is denn det nu
wieder?«, fragte Hansi irritiert.
    »Das erfährst du morgen auch. – So. Und
jetzt, meine ich, sollten wir langsam in den Saal zurück. Unser Geburtstagskind
wird mit Sicherheit schon von allen vermisst.«
    Benno hob das Sektglas. »Jut, Karlchen. Aber vorher
unbedingt noch een janz kräftijet Prosit uff den jelungenen Handdrehhebel!«

 
    18. Kapitel
    Krisensitzung
nicht nur im Föhrenweg
     
     
     
    Anhand der Dokumente in der Brieftasche fand Miller
schnell heraus, dass der mensurnarbige Tote der Besitzer der Hinterhofdruckerei
war, ein gebürtiger Breslauer namens Wolfgang Schulze. Seine Leiche wurde noch
am Abend der Schießerei von der Spurensicherung der Militärpolizei
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