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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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patriarchalischer Zurückgezogenheit. Hier erfreute er sich einer Ruhe des Geistes, die er unter den zerstreuenden Sorgen der Regierung nie gekannt hatte und schmeckte die Süßigkeit unbeschränkter Gewalt, die seine aufrührerischen Unterthanen ihm so oft durch ihre Opposition vergällt hatten.
    Keine Ueberredung brachte ihn je dahin, daß er die Stadt wieder besuchte – im Gegentheil, er ließ sich seinen großen Lehnsessel immer mit dem Rücken gegen die Fenster nach derselben stellen, bis vor diesen Fenstern ein dickes Gebüsch von Bäumen aufwuchs, die er mit eigner Hand gepflanzt hatte, ein Schirm, der ihm alle Aussicht benahm. Er spottete immer über die unnatürlichen Neuerungen und Verbesserungen, welche die Eroberer einführten – er verbot seiner Familie auch nur ein einziges Wort von dieser verhaßten Sprache zu sprechen, welches man gern erfüllte, da Niemand im Hause eine andere Sprache als Holländisch reden konnte – er ließ sogar eine schöne Allee vor seinem Hause niederhauen, weil sie aus englischen Kirschbäumen bestand.
    Dieselbe unermüdliche Wachsamkeit, welche seine Regierung ausgezeichnet hatte, gab sich auch hier, zwar kräftig, doch in etwas engern Gränzen kund. Er patroullirte in unablässiger Bewegung rings um die kleinen Gränzen seines Landguts, trieb jeden Angriff mit unerschrockener Schnelligkeit zurück, bestrafte jede landstreicherische Plünderung seines Obstgartens oder seiner Felder mit unbeugsamer Strenge und führte jede umher laufende Kuh oder Sau im Triumph in den Pfandstall. Aber dem armen Nachbar, dem verlassenen Reisenden oder dem müden Wanderer war seine Thüre stets geöffnet, und an seinem geräumigen Herd, dem Sinnbilde seines eigenen warmen, edlen Herzens, fand sich immer ein Plätzchen zu seiner Aufnahme und Erquickung. Eine Ausnahme zwar machten die Engländer oder Yankees, wenn unglücklicherweise von ihnen jemand seine Hülfe ansprach, so konnte man ihn nie dahin bringen, die Pflichten der Gastfreundschaft zu erfüllen. Ja, wenn durch Zufall ein herumreisender Kaufmann vom Osten an seiner Hausthüre mit einer Ladung von zinnerner oder hölzerner Waare hielt, fuhr der lebhafte Peter wie ein Riese aus seinem Schloß und machte ein so höllenmäßiges Geklapper unter dem Geschirr, daß der Verkäufer sogleich die Flucht ergriff.
    Seine Uniform, durch die Bürste fadenscheinig, war mit Sorgfalt in dem kostbaren Schlafzimmer aufgehängt und wurde jeden ersten Tag im Monat gelüftet; sein dreieckiger Hut und sein betrautes Schwerd hingen in grimmiger Ruhe über dem Kamingesimse des Wohnzimmers und bildeten Fuß und Stütze eines vollständigen Portraits des Admirals Van Tromp. In seinen häuslichen Einrichtungen hielt er strenge Ordnung und ein wohlorganisirtes tyrannisches Regiment; wenn aber auch sein Wille immer als höchstes Gesetz galt, so war doch das Wohl seiner Unterthanen das einzige Ziel seiner Wünsche. Er sorgte nicht allein für ihren unmittelbaren leiblichen Vortheil, sondern auch für ihr geistiges und ewiges Wohl, denn er gab ihnen eine Menge guter Rathschläge und es konnte sich Niemand beklagen, daß er karg sey in heilsamen Strafen, wenn es der Anlaß erforderte.
    Die guten alten holländischen Festlichkeiten, diese periodischen Zeichen eines überfließenden Herzens und dankbaren Gemüths, die bei meinen Mitbürgern ganz in Verfall gerathen, blieben in dem Haushalt des Gouverneurs Stuyvesant in gewissenhafter Uebung. Neujahr war ein Tag der offensten Freigebigkeit, der fröhlichsten Späße, der wärmsten Begrüßungen, wo der Busen von guter Compagnieschaft überfloß und eine reichliche Tafel mit ungenirter Freiheit und ehrlicher breitmäuliger Lustigkeit bedient wurde, die man in diesen Tagen der Entartung und Verfeinerung gar nicht mehr kennt. Die Kirchenfeste Paas und Pinxter wurden in seinen Besitzungen streng gehalten, und der St. Nikolaustag durfte nicht verstreichen, ohne daß Geschenke gegeben, der Strumpf in den Schornstein gehängt und die anderen Ceremonieen gemacht wurden.
    Einmal im Jahre, auf den ersten April, pflegte er sich in voller Uniform zu zeigen, es war der Jahrestag seines Triumpheinzugs in Neu-Amsterdam, nach der Einnahme von Neu-Schweden. Dieß war immer eine Art von Saturnalien unter den Dienstboten, wo sie sich die Freiheit nahmen, zu sagen und zu thun, was ihnen einfiel; an diesem Tage war ihr Herr sehr ausgelassen, spaßhaft und kurzweilig, er schickte die alten grauköpfigen Neger nach Taubenmilch in den April,
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