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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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mit Allen trieb er seinen Schabernack, und sie machten sich eine Ehre daraus, ihrem alten Herrn zur Zielscheibe des Witzes zu dienen. So herrschte er glücklich und zufrieden über sein Land – beleidigte und beneidete Niemanden – wurde durch keine auswärtigen Kämpfe, durch keine innerlichen Bewegungen in Unruhe und Verwirrung gebracht – die gewaltigen Herren der Erde, welche vergebens danach trachten, Frieden zu stiften und das Heil der Menschheit zu fördern, indem sie Kriege und Verheerungen wüthen lassen, würden wohl gethan haben, eine kleine Reise nach der Manhatten-Insel zu machen und in der häuslichen Oekonomie-Verwaltung Peter Stuyvesants Unterricht im Regieren zu nehmen.
    Im Verlaufe der Zeit jedoch fing der alte Gouverneur Stuyvesant an, wie alle Menschenkinder, Zeichen des Verfalls zu geben. Wie ein betagter Eichbaum, der lange der Wuth der Elemente getrotzt hat, zwar noch immer seine riesenhafte Gestalt behält, aber bei jedem Sturmwind zu zittern und zu knarren anfängt – so ging es auch dem ritterlichen Peter; er trug zwar noch immer das Ansehen von dem, was er in den Tagen seiner heldenmüthigen Stärke war, allein Alter und Gebrechlichkeit erschütterten die Kraft seines Körpers – doch sein Herz, diese unbezwingliche Citadelle, triumphirte noch immer als unerobert. Mit großer Begierde spannte er auf jeden neuen Zeitungsartikel, welcher von Schlachten zwischen Engländern und Deutschen handelte; sein Herz pochte stärker, wenn er von den Siegen eines de Ruyter hörte, und sein Kopf senkte sich und seine Augenbrauen zogen sich zusammen, wenn sich das Kriegsglück zu den Engländern neigte. Endlich an einem gewissen Tage hatte er gerade seine fünfte Pfeife ausgeraucht und schlummerte ein bischen nach Tisch in seinem Lehnsessel, wo er im Traum ganz England eroberte; da wurde er plötzlich von Glockenläuten, Trommelgewirbel und Kanonendonner geweckt, und sein Blut kam ganz in Aufruhr. Er erfuhr, daß es Zeichen der Freude seyen, bei einem Siege, den die vereinigte Flotte der Engländer und Franzosen über den braven de Ruyter, sowie über den jüngeren Van Tromp davongetragen. Dieß ging ihm so sehr zu Herzen, daß er sich ins Bett legen mußte und in weniger als drei Tagen durch eine heftige Cholera morbus an den Rand des Grabes gebracht war! Aber selbst in dieser äußersten Gefahr zeigte sich der unbezwingliche Geist Peter des Starrköpfigen . Er hielt sich bis zum letzten Athemzuge mit der größten Hartnäckigkeit gegen eine ganze Armee von alten Weibern, die sich bemühten, den Feind aus seinen Eingeweiden zu vertreiben, nach einer ächt niederländischen Vertheidigungsart, mit Katzenkraut und Krausemünze.
    Wie er so dalag und der Auflösung nahe war, kam die Nachricht, daß der brave de Ruyter nur wenigen Verlust erlitten – sich vortheilhaft zurückgezogen habe – und gesonnen sey, seinem Feind eine neue Schlacht zu liefern. Die brechenden Augen des alten Kriegers funkelten noch einmal bei diesen Worten – er erhob sich im Bett – kriegerische Begeisterung blitzte auf seinen Zügen – er ballte die dürre Faust, als ob er das Schwerd fasse, welches er einst triumphirend vor den Mauern des Forts Christina geschwungen, lächelte grimmig siegreich, sank zurück auf sein Kissen und starb.
    So endete Peter Stuyvesant, ein herzhafter Krieger – ein treuer Bürger – ein edler Gouverneur, und ein ehrlicher Holländer – dem nur wenige Reiche zur Verwüstung fehlten, um als ein Held unsterblich zu werden!
    Sein Leichenbegängniß ging mit der größten Pracht und Feierlichkeit vor sich. Die Stadt war von ihren Einwohnern verlassen; alles drängte sich hinzu, um dem guten alten Gouverneur die letzte Ehre zu erweisen. Alle seine vollgültigen Eigenschaften traten jetzt vor ihre Seele, und die Erinnerung an seine Mängel und Schwächen verschwand. Die alten Bürger stritten sich um die Ehre, wer im Zuge den Zipfel halten dürfe; das Volk balgte sich um das Glück, dem Sarg am nächsten zu gehen und der melancholische Zug schloß mit einer Schaar grauköpfiger Neger, die in der Haushaltung ihres abgeschiednen Meisters mehr als die Hälfte eines Jahrhunderts überwintert und übersommert hatten.
    Mit düsteren traurigen Mienen versammelte sich das Volk um sein Grab. Sie dachten mit blutenden Herzen an die hohen Tugenden, großen Dienste und ritterlichen Thaten des wackern Edlen. Sie riefen sich mit geheimen Gewissensbissen ihre eignen aufrührerischen Bewegungen ins Gedächtniß
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