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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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die nun sehr auf ihre Rechte dachten und von der Ankunft geheimnißvoller Depeschen gehört hatten, ins Zimmer gerückt mit einer Legion von Schöffen und Krötenfressern hinter ihnen her, und verlangten den Brief zu lesen. So von einer «infamen Pöbelrotte» wie er sie nannte und grade in dem Augenblick, wo er durch die Botschaft von Außen so gereizt war, überfallen zu werden, war zu viel für die Wuth Peters. Er zerriß das Schreiben in tausend Stücke und warf es dem nächststehenden Burgermeister ins Gesicht – zerbrach über dem Kopf des zweiten seine Pfeife – schleuderte sein Spukkästchen auf einen unglücklichen Schöffen, der grade sehr weise aus der Thüre retirirte, und vertagte die ganze Versammlung
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, indem er sie mit seinem hölzernen Fuß die Stiege hinabtrat.
    Sobald die Burgermeister sich von der Verwirrung erholen konnten, worein sie ihr plötzliches Abschiednehmen versetzt, und wieder ein bischen Zeit hatten, um freien Athem zu schöpfen, protestirten sie gegen das Benehmen des Gouverneurs, das sie ohne Bedenken tyrannisch, anticonstitutionell, höchst unanständig und etwas unehrerbietig zu nennen wagten. Dann beriefen sie eine Volksversammlung, wo sie ihre Protestation ablasen, dann in einer präparirten Rede die Menge anredeten und in allen Details, mit gehöriger Ausmalung und Uebertreibung das despotische und rachsüchtige Betragen des Gouverneurs schilderten, indem sie erklärten, daß, was sie selber betreffe, sie sich nicht so viel daraus machten, geschlagen, geworfen und mit dem hölzernen Bein Seiner Excellenz getreten zu werden, daß sie aber wohl wüßten, wie sehr die Würde des souverainen Volks verletzt worden sey durch eben jene Stöße auf den Sitz der Ehren ihrer Repräsentanten. Dieser letzte Theil der Rede machte einen heftigen Eindruck auf das Zartgefühl des Volks, indem es auf einmal jene verletzbare Empfindung und jenen eifersüchtigen Charakterstolz zeigte, in welchen sich jeder wahre Pöbel zu kleiden weiß, der zwar Injurien ohne Murren verträgt, doch erstaunlich eifersüchtig ist auf seine souveraine Würde – und man kann nicht wissen, zu welcher gewaltthätigen Handlung der Rache sie sich getrieben gefühlt hätten, wären diese schmierigen Schufte nur nicht vor ihrem alten Gouverneur mehr in Furcht gewesen, als vor dem heiligen Nicolaus, oder vor den Engländern, oder vor dem Teufel selbst!

Achtes Kapitel.
    Wie Peter Stuyvesant die Stadt Neu-Amsterdam einige Tage, Kraft der Stärke seines Kopfes, vertheidigte.
    Es liegt etwas ausnehmend Erhabenes und Melancholisches in dem Schauspiel, das sich in der jetzigen Krise unserer Geschichte bietet. Eine berühmte und ehrwürdige kleine Stadt – die Hauptstadt von einem unermeßlichen Striche unbewohnten Landes – besetzt von einer herzhaften Schaar von Rednern, Stuhlherrn, Committee-Männern, Burgermeistern, Schöffen und alten Weibern – regiert von einem entschlossenen und starrköpfigen Krieger – und befestigt mit Schlammbatterieen, Pallisaden und Volksbeschlüssen – zur See blokirt, zu Land belagert – von Außen mit schrecklicher Verwüstung bedroht, während seine Eingeweide von inneren Partheiungen und Bewegungen zerrissen werden! – Noch nie zeichnete eine Feder auf ein Blatt der Geschichte verwickeltere Unglücksfälle – es wäre denn der Jammer, der die Israeliten bei der Belagerung von Jerusalem verzehrte, wie die entzweiten Bürger einander die Kehlen abschnitten, als eben die siegreichen Legionen des Kaisers Titus ihre Bollwerke niedergerissen hatten und mit Feuer und Schwerd selbst ins Allerheiligste des Tempels drangen.
    Nachdem der Gouverneur Stuyvesant, wie erzählt worden, seinen großen Rath triumphirend in die Flucht geschlagen und sich auf diese Art des ganzen Trosses impertinenter Rathgeber entledigt hatte, sandte er den Commandanten des angekommenen Geschwaders eine kategorische Antwort, versicherte das Recht und die Titel Ihrer Hochmögenden der Herren Generalstaaten auf die Provinz der Neuen Niederlande und sein Vertrauen auf die Gerechtigkeit seiner Sache, und forderte, sich hierauf stützend, ganz England heraus!
    Meine ängstliche Sorgfalt, die Leser und mich selbst von diesen unseligen Scenen bald zu befreien, erlaubt mir nicht, den ganzen ritterlichen Brief hier einzuschalten, der aber mit folgenden mannhaften und innigen Worten schließt:
    «Was die Drohungen am Ende eures Schreibens betrifft, so haben wir darauf nichts zu erwiedern, als daß wir nichts fürchten,
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