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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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bisher sicher geleitet, durch alle Wilden der Einöden, durch alle Hexen und Squatters des Ostens und durch die Riesen vom Marryland. Endlich unterrichtete er sie von der frechen Aufforderung, sich zu ergeben, und schwur, er werde die Provinz vertheidigen, so lange ihn der Himmel nicht verlasse und ihn noch ein hölzernes Bein aufrecht halte, welche edle Sentenz er durch einen fürchterlichen Schlag seines platten Säbels auf den Tisch bekräftigte, der seine Zuhörer kräftig electrisirte.
    Die geheimen Räthe, welche schon lange an die Art des Gouverneurs gewöhnt waren und in einer Mannszucht lebten, wie die Soldaten Friedrichs des Großen, sahen, daß hier kein Federlesen gemacht werde, steckten ihre Pfeifen an und rauchten in Frieden, wie fette und bescheidne Rathsherrn. Aber die Burgermeister, die weniger unter der Gewalt des Gouverneurs standen, da sie sich als Repräsentanten des souverainen Volkes betrachteten und überdem eine hohe Meinung von sich selbst hatten, die sie in jenen Schulen der Weisheit und Tugend, den Volksversammlungen eingesogen, waren nicht so leicht zu beschwichtigen. Da sie frischen Muth in der Hoffnung schöpften, daß sie vielleicht der gegenwärtigen Gefahr ohne Blutvergießen entgehen könnten, so forderten sie eine Abschrift der Aufforderung der Engländer, um sie dem Volke zu zeigen.
    Eine so insolente und meuterische Zumuthung wäre hinreichend gewesen, den Zorn des stillen van Twiller zu reizen – welchen Eindruck mußte sie erst auf den großen Stuyvesant machen, der nicht blos ein Holländer, ein Gouverneur und ein ritterlicher holzbeiniger Soldat war, sondern auch eine aufbrausende, schießpulverartige Gemüthsart besaß. Er brach in einen Strom edler Verachtung aus – schwur, keiner Mutter Kind solle eine Sylbe davon zu sehen bekommen – sie verdienten alle zusammen gehängt, gereckt, geviertheilt zu werden, weil sie die Unfehlbarkeit der Regierung antasteten – was ihren Rath oder ihre Mitwirkung anbelange, so sey diese keine Tabackswolke werth, er habe sich lange genug über ihre feigherzigen Rathschläge geärgert und durch sie gehemmt gesehen; aber jetzt sollten sie sich nach Hause scheren und ins Bett legen, wie die alten Weiber, denn er sey entschlossen, die Colonie selbst zu vertheidigen, ohne ihren und ihrer Anhänger Beistand! So sprechend nahm er das Schwerd wieder übern Arm, setzte den dreieckigen Hut trotzig auf, gürtete seine Lenden, tappte unwillig mit seinem Stützelfuß aus dem Rathszimmer – und alles machte ehrerbietig Platz, als er vorbeiging.
    Kaum war er weg, als die rührigen Burgermeister eine Volksversammlung vor das Stadthaus beriefen, wo sie einen Namens Dofue Roerback, einen einflußreichen Lebkuchenbäcker im Lande, vormals Mitglied des Cabinets Wilhelms des Eigensinnigen, zum Präsidenten ernannten. Das Volk hatte großen Respect vor ihm und betrachtete ihn als einen Mann von occulten Wissenschaften, da er der erste war, der die Neujahrskuchen mit den dunklen Hieroglyphen des Hahns und der Hosen und mit ähnlichen Zauberzeichen versah.
    Dieser große Burgermeister, welcher immer den Widerbeller bei dem wackern Stuyvesant machte, weil ihn dieser bei seinem Regierungsantritt so schmählig aus dem Cabinet gestoßen hatte, richtete eine sogenannte patriotische Rede an die schmierige Menge, worin er sie von der artigen Aufforderung, sich zu ergeben, unterrichtete, und von der Weigerung des Gouverneurs, es zu thun und dem Publikum von jener Aufforderung Kenntniß zu geben, die ohne Zweifel Bedingungen enthalte, welche der Provinz sehr zur Ehre und zum Vortheil gereichen würden.
    Dann sprach er von Seiner Excellenz in sehr hohen und ehrenrührigen Ausdrücken, indem er ihn mit Caligula, Nero und andern großen Männern verglich, die gewöhnlich in solchen Volksreden angeführt werden. Er versicherte das Volk, daß die Weltgeschichte kein Beispiel einer ähnlichen despotischen Handlung, einer solchen Härte, Grausamkeit, Tyrannei und eines solchen Blutdurstes aufzuweisen habe. Es werde in feurigen Lettern auf blutigen Tafeln der Nachwelt überliefert werden. Ganze Jahrhunderte würden zurückrollen, wenn sie das schreckliche Thun erfahren würden. Der Mutterleib der Zeit (mit welchem sich die Redner große Freiheiten erlauben, da es ziemlich ausgemacht ist, daß die Zeit ein alter Mann und kein Weib ist), wie schreckliche Schrecken er auch gebähre, werde nie mehr einen solchen Gräul zu Tage bringen! – Mit diesen und andern starr und stutzig
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