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Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)

Titel: Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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nach der tröstlichen Gegenwart des Anton Van Corlear! Eine düstere Ungewißheit schwebte über dem Schicksal dieser abentheuerlichen Helden. Ein Tag nach dem andern war verstrichen, seit der Gouverneur ihnen die erschreckende Nachricht gegeben hatte, ohne daß weitere Zeitungen über seine Person nachfolgten. Manche traurige Vermuthung äußerte sich über sein und seines treuen Knappen Schicksal. Hatten die Canibalen von Marblehead und Cap Cod sie lebendig verschlungen? – hatten die Amphictyonen sich ihrer bemächtigt? – hatten die furchtbaren Bewohner von Pyquag sie mit ihren Zwiebeln erstickt? – Mitten in ihrer Angst und Verwirrung, als der Schrecken wie ein großer dicker Alp auf der kleinen, fetten, vollblütigen Stadt Amsterdam lag, wurde das Ohr der Menge plötzlich von einem seltsamen entfernten Ton getroffen – er näherte sich – er wurde immer lauter – und nun hallte es im Stadtthor wider. Sie hatten sich in dem wohlbekannten Tone nicht geirrt. – Ein Freudenschrei brach von allen Lippen, es war der ritterliche Peter, der von Staub bedeckt mit seinem getreuen Trompeter auf den Marktplatz geritten kam.
    Als der erste Wahnsinn der Freude vorüber war, sammelten sie sich um den ehrlichen Van Corlear, wie er vom Pferde stieg, und überhäuften ihn mit Grüßen und Glückwünschen. In athemloser Eile erzählte er ihnen die wunderbaren Abenteuer, die er mit seinem Herrn durchgemacht, und wie sie aus den Klauen der fürchterlichen Amphictyonen entronnen seyen. Es wird hier hinreichen, zu sagen, daß der ritterliche Peter Stuyvesant ängstlich in seiner Seele erwog, wie er mit Ehren entrinnen möge, als einige der Schiffe, die das Manhattenland erobern sollten, an den östlichen Häfen hielten, um Vorräthe einzunehmen und den großen Rath des Bundes zur versprochenen Mitwirkung aufzufordern. Diese Gelegenheit benutzte der wachsame Peter zu einer eiligen heimlichen Flucht; doch schmerzte es seine edle Seele sehr, daß er einer feindlichen Nation den Rücken kehren mußte. Es gab manches knappe Durchkommen und manche Gefahr, als er so, ohne Trompetenstöße, durch die schönen Regionen des Ostens flog. Das Land war schon in lebendiger Kriegsrüstung begriffen, und ein großer Umweg sollte gemacht werden, wo sie durch das Waldgebirg, des Teufels Rückgrat, sich hindurch schleichen mußten. Von da sprang der ritterliche Peter eines Tages wie ein Löwe hervor und schlug eine ganze Legion Squatters in die Flucht, drei Generationen einer fruchtbaren Familie, die eben im Begriff waren, von einem Eck der Neuen Niederlande Besitz zu nehmen. Den getreuen Anton kostete es große Ueberwindung, nicht zuweilen mit blankem Schwerd aus dem Hinterhalt der Berge einen Ausfall auf einige Gränzstädte zu machen, wie sie ihren schmutzbeinigen Landsturm exercirten.
    Das erste, was der Gouverneur that, als er sein Haus erreichte, war, daß er aufs Dach stieg und von da mit traurigem Blick das feindliche Geschwader betrachtete. Dieses lag schon in der Bai vor Anker und bestand aus zwei gewaltigen Fregatten, die dreihundert tapfere Rothröcke an Bord hatten. Nachdem er diesen Ueberblick genommen, setzte er sich nieder und schrieb dem Commandanten einen Brief, den dieser nicht hinter den Spiegel steckte, worin er ihn um die Ursache seines Ankerwerfens ohne vorgängige Erlaubniß, befragte. Dieser Brief soll zwar sehr artig geschrieben gewesen seyn, doch biß er dabei, wie ich für gewiß erfahren habe, die Zähne zusammen und machte ein Gesicht, das sehr bitter lächelte, so lange er an dem Brief schrieb. Nach Absendung des Schreibens hinkte der grimmige Peter mit einem sehr kriegerischen Gesicht in der Stadt umher, die Hände in den Hosentaschen, eine niederländische Psalmenmelodie zwischen den Zähnen brummend, die nicht wenig der Musik des Nordostwindes beim Ausbruch eines Sturmes glich. Die Hunde flohen vor Schrecken, als sie ihn erblickten; aber die alten Weiber von Neu-Amsterdam folgten ihm überall auf der Ferse nach und heulten um Beistand und Rettung vor den Mördern, Räubern und Entführern.
    Die Antwort des Obersten Nichols, der die Expedition der Eindränger commandirte, war in gleich artigen Ausdrücken abgefaßt: daß Seine britische Majestät Rechte und Ansprüche auf die Provinz habe, daß die Niederländer bloße Zwischendränger seyen und daß die sofortige Übergabe der Stadt und des Forts erfolgen müsse, wobei er Schutz und Sicherheit Allen versprach, die sich gutwillig der Krone England unterwerfen
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