Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die mit dem Werwolf tanzt

Die mit dem Werwolf tanzt

Titel: Die mit dem Werwolf tanzt
Autoren: Mary Janice Davidson
Vom Netzwerk:
PROLOG 
    Vergangenheit
    Der Mann hatte kurzes braunes Haar. Er trug es sauber g e schnitten. Seine Augen wirkten schimmelfarben, nicht mehr grau, aber auch noch nicht braun - wie die Farbe von etwas, das wahrscheinlich jeder schon mal ganz hinten im K ühlschrank gesehen hat. Seine Haut machte einen hellbraunen Eindruck, wie billige Milchschokolade, und alles in allem war er von ä u ßerst durchschnittlicher Größe.
    Er trug einen Anzug, der um einiges heller als seine Hautfarbe war, ein wei ßes Button-Down-Hemd und eine graue Krawatte mit braunen Streifen. Am dritten Finger seiner linken Hand steckte ein einfacher goldener Ehering, auch wenn er nicht ve r heiratet war. Er trug eine Brille, obwohl er weder kurz - noch weitsichtig war, und seine Schuhe waren nigelnagelneu und noch nicht ein einziges Mal geputzt worden. Er sah wie ein Buchhalter aus. Er war aber kein Buchhalter.
    Der Mann sah durch die Glasscheibe auf DOE, JANE, die vor zweiundsiebzig Minuten geboren worden war. DOE, JANE war ein s üßes, speckiges Baby mit einem strubbeligen dunkelroten Haarschopf. DOE, JANE war offenbar überrascht gewesen, das Licht der Welt zu erblicken, denn ihr Haar stand gerade in die H öhe, und ihre Augenbrauen bogen sich hoch über ihren sehr blauen Augen. Sie öffnete den kleinen, feuchten Mund und stieß einen Schrei aus, den der Mann, der kein Buchhalter war, noch hinter der Scheibe hören konnte.
    „ Nun? “ , fragte die Krankenschwester. Sie war aufgrund von Personalmangel eingesprungen - zumindest dachten das diej e nigen, die sich um solche Dinge kümmerten. Tatsächlich war ihre Anwesenheit bei der Geburt von DOE, JANE aber bereits vor sechs Jahrhunderten vorhergesagt worden. Wie auch der gewaltsame Tod von DOE, JAN Es Vater, einige Minuten b e vor das Kind geboren wurde. Wie auch das Erscheinen von DOE, JANE selbst, natürlich. „ Ist das ... haben sie recht? Ist das ...? “ „ Sie wird uns erlösen und ebenso unseren König “ , erw i derte der Mann. „ Sie ist Morgan Le Fay. Nun weilt sie also wieder unter uns - und dieses Mal wird sie das tun, was ihr das letzte Mal nicht gelungen ist. Dieses Mal ... “ Der Mann lächelte und zeigte dabei eine Menge weißer Zähne. Zu viele, schien es, für so einen durchschnittlich großen Mund. „ Dieses Mal we r den wir diejenigen sein, die triumphieren. “
    Die Krankenschwester l ächelte zurück. Ihr Lächeln aber flößte keine Angst ein - so wie seines; sie strahlte vielmehr, als nähme sie an einem Schönheitswettbewerb teil. Aber ihre Augen w a ren tot.
    Lange Zeit betrachteten sie DOE, JANE durch die Glasscheibe.

1
    Gegenwart
    Michael Wyndham trat aus seinem Schlafzimmer, ging durch den Flur und erblickte seinen besten Freund, Derik Gardner, der im Erdgeschoss gerade auf dem Weg zur Haust ür war. Er pac k te das Geländer und sprang, fiel viereinhalb Meter tief und la n dete mit einem ordentlichen Rums, den er bis in seine Knie sp ürte.
    „ He, Derik “ , rief er munter. „ Warte mal. “
    Aus dem Schlafzimmer h örte er, wie seine Frau brummte: „ Ic h h asse es, wenn er das tut. Jedes Mal bleibt mir fast das Her z s tehen “ - und musste grinsen. Wyndham Manor war schon sei n g anzes Leben lang sein Zuhause gewesen, und diese Trepp e g ing er nur zu Fu ß, wenn er seine Tochter Lara trug. Es war ih m r ätselhaft, wie es die Menschen in ihren empfindlichen Hülle n a ushielten. Aber immer wenn er versuchte, mit seiner Fra u d ar über zu sprechen, erschien ein harter Ausdruck in ihren Augen, ihre Schusshand spannte sich, die Worte „ haariges Faschistenarschloch “ fielen - und dann nahm die Unterhaltun g e inen eher unangenehmen Verlauf. Werw ölfe waren zäh, un d z war unglaublich z äh, aber wer war das nicht im Vergleich z u e inem Homo sapiens?
    Es war ein wundersch öner Tag, und er verstand, warum Deri k e s so eilig hatte, das Haus zu verlassen. Aber irgendetwa s m achte seinem alten Freund offenbar Sorgen, und Michael wa r f est entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen.
    „ Warte. “ Michael griff nach Deriks Schulter. „ Ich will... “
     
    „ Mir ist egal, was du willst “ , antwortete Derik, ohne sic h u m zudrehen. Er stie ß Michaels Hand fort, und zwar so fest, dass Michael f ür einen Augenblick das Gleichgewicht verlor. „ Ic h g ehe. “
    Michael wollte die Antwort schon mit einem Lachen abtun un d d abei die Haare, die ihm im Nacken zu Berge standen, ignori e ren. „ Da ist aber einer empfindlich! Ich wollte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher