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Hulamädchen auf Abwegen

Hulamädchen auf Abwegen

Titel: Hulamädchen auf Abwegen
Autoren: Carter Brown
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nahm sie wieder bei der Hand und zerrte sie den
Korridor entlang bis zum Fuß der Leiter. Virginia stöhnte leise und kauerte
sich erschöpft zusammen. Ich streckte meine Hand aus, ergriff die unterste
Sprosse und hielt plötzlich erschrocken inne.
    Auf einer der nächsten
Sprossen, die ich eine Sekunde später hochgeklettert wäre, erschien ein tadellos
blankgeputzter Schuh. Ich blieb wie angewurzelt stehen, unfähig, etwas dagegen
zu unternehmen. Die Schuhe kamen Sprosse um Sprosse tiefer, bis mich die
glühende Hitze, die meinen Rücken hochkroch, wieder in die Gegenwart
zurückbrachte. Irgendwie mußte ich zusehen, Virginia hier wegzubringen, bevor
es zu spät war, dachte ich unbestimmt. Wir mußten über die Treppe hinauf an
Deck. Zu peinlich, daß sich ausgerechnet jetzt irgend so ein Idiot hier
herunter verirrte. Doch dann kam mir die erlösende Idee. Wenn jemand schon so
dumm war, sich mir in den Weg zu stellen, verdiente er keine Nachsicht.
    Ich ergriff die beiden vor mir
auftauchenden Knöchel, hielt sie mit Gewalt fest und trat schnell zwei Schritte
zurück. Als seine Hände den Halt verloren, stürzte er mit dem Gesicht voraus
nach unten und schrie hoch und dünn auf. Gleichzeitig vernahm ich ein
metallisches Klirren, das ich mir nicht erklären konnte.
    Ich ließ seine Beine wie alte
Lumpen auf den Boden fallen. Dann beugte ich mich zu Virginia hinunter und zog
sie vorsichtig in die Höhe. Neben ihr lag eine Zweiunddreißiger Automatik. Das erklärte das Klicken vorhin hinlänglich. Ich nahm sie zu mir und
steckte sie in meinen Hosenbund. Dann schob ich Virginia meinen Arm unter die
Schulter und zog sie hoch, bis sie wie ein lebloses Bündel über meiner Schulter
hing.
    Kaum hatte ich ein paar
Sprossen hinter mich gebracht, als die Flammen auch schon die Stelle
erreichten, wo Virginia eben noch gekauert hatte. Ich kletterte Sprosse um
Sprosse hinauf und warf Virginia, als ich endlich oben war, einfach erschöpft
hinaus auf Deck. Irgendwo in meinem Unterbewußtsein hörte ich jemand »Danny!« schreien. Ich dachte schon, ich hätte
Halluzinationen, doch die Schreie wurden immer verzweifelter. Widerwillig
wandte ich mich um und starrte auf den Korridor hinunter.
    Vor lauter Rauch konnte ich ein
paar Sekunden lang nichts sehen. Als sich der Qualm dann stellenweise verzog,
entdeckte ich ein blutüberströmtes Gesicht, das mich entsetzt anblickte.
Plötzlich erschien in dem kaum erkennbaren Gesicht ein schwarzes Loch, aus dem
eine von Qual und Todesangst verzerrte Stimme klar bis zu mir heraufdrang.
    »Danny! Lassen Sie mich doch
nicht so furchtbar sterben!« Das Loch schloß sich wieder, aber die entsetzten
Augen starrten mich immer noch an. Ich griff nach der Automatic und sah, wie sich in diesem Moment ein eigenartiger Heiligenschein um seinen
Kopf bildete. Nur unklar war mir bewußt, daß sein Haar Feuer gefangen hatte.
Ich legte an und zielte mitten hinein in diese gepeinigten Augen. Zweimal.
Danach war das Gesicht verschwunden.
    Die frische Nachtluft strömte
wie Sekt durch meine rauchgefüllten Lungen, als ich mich ebenfalls an Deck
schwang. Virginia stöhnte laut auf und deutete mit einer winzigen Kopfbewegung
zur Brücke hinüber. Vom Ruderhaus bis zum Bug brannte das Deck lichterloh. Ich
streckte langsam meine schmerzenden Glieder und wurde geblendet von einer
schneidenden Helligkeit, die aber gleich wieder vorüber war. Eine donnernde,
körperlose Stimme dröhnte mir in den Ohren, die ich mir nicht erklären konnte.
    Jetzt war ich mit meinem Latein
am Ende. Für Virginia konnte ich nichts mehr tun. Falls ich sie ins Wasser
warf, würde sie sang- und klanglos untergehen. Auch mit mir war es aus. Nur
eine kleine Angelegenheit blieb mir noch zu klären übrig.
    Irgendwie trugen mich meine
Füße mechanisch auf die andere Seite der Jacht hinüber, wo die Goldbarren in
ihren Metallkassetten untergebracht waren.
    Wieder streifte mich diese
merkwürdige Helligkeit, auf die ich mir keinen Reim machen konnte, nur daß sie
diesmal von hinten kam. Ein paar Meter vor mir glänzten die Kassetten, und der
Mann, der davorstand, gab hilflos seine ganze Litanei schmutziger Obszönitäten
von sich.
    »Eddie!« rief ich ihn an. Meine
aufgesprungenen Lippen brannten wie die Hölle.
    Mayes drehte sich um und
starrte mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Boyd?« murmelte er ungläubig.
»Aber Sie sind doch tot!«
    Der Himmel mochte wissen,
welcher Teufel mich ritt. Aus einem Grund, den ich mir selbst nicht
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