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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht
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Ihr es wagen, Euer Kloster zu verlassen, um auf diese abstruse Pilgerreise zu gehen?«
    Thomas hatte es die Sprache verschlagen. Er war zutiefst erschüttert, nicht nur über den plötzlichen Wandel der Ereignisse (Thorseby wollte, dass man ihn in Gewahrsam nahm!), sondern auch darüber, dass der Ordensgeneral wusste, dass ihm der heilige Michael erschienen war.
    Hatte Prior Bertrand Thorseby davon berichtet?
    »Ich…«, begann er.
    »Schweigt«, unterbrach ihn Eduard. »Denn alles, was Ihr jetzt sagt, wird mich nur noch wütender machen. Ich übergebe Euch der Obhut Eures Onkels, Baron Ralph Neville von Raby, und Ihr werdet Euch fügen. Er wird Euch so lange einsperren, bis ich es über mich bringe, mit Euch darüber zu sprechen, was Ihr in den nördlichen Provinzen gesehen habt.«
    Damit wandte Eduard Thomas den Rücken zu.
    Baron Raby trat aus dem Schatten, ein kleines, freudloses Lächeln auf dem Gesicht. Seine prägnanten Gesichtszüge, die braunen Augen und das wellige schwarze Haar waren ein älteres Abbild von Thomas’ Gesicht, auch wenn die zwanzig Jahre, die er seinem Neffen voraus hatte, ihm tiefe Falten um die Augen und auf der Stirn beschert hatten.
    »Ich habe dir nur erlaubt, dem heiligen Orden beizutreten, Thomas«, sagte Raby, »weil ich glaubte, dass du Gott zutiefst ergeben seist, und ich hoffte, der Orden würde dein stürmisches Wesen mäßigen. Ich habe mich geirrt. Du hast unsere gesamte Familie entehrt. Komm.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, ging Raby an Thomas vorbei und verließ das Gemach.
    Thomas starrte Bolingbroke an – sein Gesicht wirkte ebenso unerbittlich wie das von Eduard und Raby –, drehte sich dann schweigend um und folgte seinem Onkel hinaus.
    Was war denn nur passiert?
    Raby führte ihn durch die Gänge der Burg in ein Gemach, das sich innerhalb des Innenhofes befand.
    Ohne ein Wort betrat er es, und Thomas folgte ihm.
     
     
    Dieser Raum war kleiner als der des schwarzen Prinzen, aber ebenso komfortabel eingerichtet. An der hinteren Wand stand ein Bett, dunkelrote und rosafarbene Vorhänge hingen daran herab, und als Raby und Thomas eintraten, löste sich eine Gestalt aus dem Dämmerlicht.
    Sie fiel Thomas sofort ins Auge, und wenn ihn die vorangegangenen Ereignisse erschüttert hatten, so erschreckte ihn nichts mehr als ihr Anblick.
    Sie hatte bronzefarbenes Haar, das von seltsamen goldfarbenen Strähnen durchzogen war und ihr locker und schwer über die Schulter fiel. Ihr Gesicht war so schön wie das einer Heiligen. Leuchtende dunkle Augen starrten ihn ebenso erschrocken an – so kam es ihm jedenfalls vor – wie er sie.
    »Liebste Meg«, flüsterte er.
    Sie machte einen Schritt rückwärts und legte unwillkürlich die Hand auf ihren Bauch, während sie die andere auf den Mund presste, um einen leisen Aufschrei zu unterdrücken.

Kapitel Zwölf
     
    Der zwanzigste Sonntag nach dem Fest der Dreifaltigkeit
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
    (31. Oktober 1378)
     
    – III–
     
     
     
    Raby blickte Thomas an, überrascht über seine Worte, und sah dann wieder zu der Frau hinüber.
    »Kennst du Lady Rivers?«, fragte Raby Thomas.
    »Nein, nein, ich habe sie mit jemandem verwechselt.«
    Trotz seiner raschen Antwort traute Thomas seinen Augen kaum. Hier war sie! Die Frau, von der die Dämonen behauptet hatten, dass sie ihm die Seele rauben würde… nein, das hatten sie nicht gesagt, aber es war klar, dass dies die Frau war, der Köder, der Leib, in den sich sein Samen ergossen hatte, als er Odile genommen hatte.
    Sie würde sein Untergang sein… der Untergang des Christentums. Aber nur, wenn er ihr gestattete, ihm seine Seele zu stehlen.
    »Lady Margaret Rivers«, sagte Raby, und Thomas konnte sich nur mit Mühe auf seine Worte konzentrieren, »ist in Schwierigkeiten geraten…«
    Thomas warf »Lady Rivers« einen Blick zu und unterdrückte ein spöttisches Lachen angesichts der Mischung aus Unschuld und Bestürzung, die sich auf ihrem Gesicht spiegelte.
    »Ihr Gemahl ist der Schwindsucht erlegen, als sie mit ihm in Bordeaux weilte…«
    Eine Schwindsucht, die zweifellos auf Hexerei zurückzuführen ist, dachte Thomas und hoffte, dass die Hexe seine Gedanken lesen konnte.
    »… und ließ sie ohne Mittel zurück, in ihre Heimat zurückzukehren oder auch nur, sich versorgen zu können. Ich bin ihr zufällig begegnet…«
    Diese Begegnung ist alles andere als »zufällig« gewesen, Onkel.
    »… und habe mich ihrer erbarmt, und seit diesem Tag
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