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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe
Autoren: Terry Pratchett
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betraten. Trotzdem hielt Mumm es für besser, auf der Hut zu sein. Er verstand es ausgezeichnet, sich die Feindschaft von Leuten zuzuziehen, die reich genug waren, um Assassinen zu bezahlen. Die Vertreter der Gilde mußten nur einmal Glück haben; Mumm brauchte ständig Glück.
    Er schlich durchs Zimmer und sah aus dem Fenster. Es stand fast immer offen, selbst dann, wenn’s draußen kalt wurde. Mumm hörte gern die Geräusche der Stadt. Wer am Gebäude hochzuklettern versuchte, bekam es mit seinem Einfallsreichtum in Form von lockeren Schindeln, scheinbar festen Steinen und trügerischen Regenrinnen zu tun. Außerdem hatte Mumm unten einen Speerspitzenzaun errichten lassen. Er diente vor allem zur Zierde, was jedoch nichts daran änderte, daß die Spitzen sehr… spitz waren.
    Bisher hatte er alle Assassinen überlistet.
    Ein zögerndes Klopfen erklang an der Tür.
    Es stammte von dem Zwerg. Mumm ließ ihn eintreten, schloß die Tür wieder und nahm am Schreibtisch Platz.
    »Du bist also Alchimist«, sagte er. »Säureflecken an den Händen und keine Brauen.«
    »Ja, Herr.«
    »Es ist recht ungewöhnlich, daß sich ein Zwerg für die Alchimie entscheidet. Leute wie ihr… Ich dachte immer, ihr schuftet in der Gießerei des Onkels oder so.«
    Leute wir ihr,
nahm der Zwerg zur Kenntnis. »Konnte mich einfach nicht an den Umgang mit Metall gewöhnen.«
    »Ein Zwerg, der sich nicht an den Umgang mit Metall gewöhnen kann? Das dürfte ziemlich ungewöhnlich sein.«
    »In der Tat, Herr Kommandeur. Als Ausgleich dafür war ich immer gut in alchimistischen Dingen.«
    »Bist du Mitglied der Gilde?«
    »Nicht mehr.«
    »Ach? Wie hast du die Gilde verlassen?«
    »Durchs Dach, Herr. Aber ich glaube, ich weiß inzwischen, was schiefging.«
    Mumm lehnte sich zurück. »Die Alchimisten jagen dauernd irgend etwas in die Luft. Deshalb ist noch niemand rausgeflogen, soweit ich weiß.«
    »Weil noch nie jemand den Gildenrat gesprengt hat, Herr.«
    »Was, den
ganzen
Rat?«
    »Einen großen Teil davon. Alle leicht abnehmbaren Teile.«
    Mumm stellte fest, daß er ganz automatisch die unterste Schublade öffnete. Er drückte sie wieder zu, schob statt dessen die Papiere auf dem Schreibtisch hin und her. »Wie heißt du, Junge?«
    Der Zwerg schluckte. Er schien diesen Augenblick gefürchtet zu haben. »Kleinpo, Herr Kommandeur.«
    Mumm sah nicht einmal auf.
    »Ah, ja. Hier steht’s. Du kommst vom Überwaldberg, nicht wahr?«
    »Äh… ja, Herr«, erwiderte Kleinpo ein wenig überrascht. Für gewöhnlich konnten Menschen nicht zwischen den einzelnen Zwergenclans unterscheiden.
    »Unsere Obergefreite Angua kommt von dort«, sagte Mumm.
    »Nun, was deinen Vornamen betrifft… Ich kann Freds Handschrift nicht entziffern…«
    Der Zwerg atmete tief durch. »Grinsi, Herr«, sagte Grinsi Kleinpo.
    »Grinsi, wie? Freut mich, daß die alten Namenstraditionen respektiert werden. Grinsi Kleinpo. Gut.«
    Der Zwerg hielt aufmerksam Ausschau. Mumms Gesicht verriet keine Spur von Erheiterung.
    »Ja, Herr, Grinsi Kleinpo«, bestätigte er. Auch diesmal zuckte der Kommandeur nicht einmal mit der Wimper. »Mein Vater hieß Fröhlich. Fröhlich Kleinpo«, ergänzte er wie jemand, der an einen kariösen Zahn klopft, um festzustellen, wann der Schmerz einsetzt.
    »Tatsächlich?«
    »Und…
sein
Vater hieß Heiter Kleinpo.«
    Nicht der Hauch eines Lächelns umspielte Mumms Lippen. Ernst und ungerührt schob er die Papiere beiseite.
    »Nun, wir arbeiten hier, um uns unseren Lebensunterhalt zu verdienen, Kleinpo.«
    »Ja, Herr Kommandeur.«
    »Wir jagen nicht irgendwelche Dinge in die Luft.«
    »Nein, Herr Kommandeur. Ich jage nicht
alles
in die Luft. Manchmal schmilzt das Zeug nur.«
    Mumm trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch. »Kennst du dich mit Leichen aus?«
    »Die anwesenden Gildenmitglieder haben nur Prellungen erlitten, in einigen Fällen auch eine leichte Gehirnerschütterung.«
    Mumm seufzte. »Hör mal… Ich weiß genau, was es bedeutet, Polizist zu sein: hauptsächlich reden und gehen. Aber es gibt auch viele Dinge, die ich nicht weiß. Man sieht sich an einem Tatort um und findet graues Pulver auf dem Boden. Was hat es damit auf sich?
Ich
habe von solchen Sachen keine Ahnung. Aber ihr Alchimisten wißt, wie man irgendwas in Schalen mischt und so. Ihr könnt solche Fragen beantworten. Angenommen, ein Toter hat keine sichtbaren Verletzungen. Ist er vergiftet worden? Wir brauchen jemanden, der weiß, welche Farbe die Leber haben sollte. Ich
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