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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe
Autoren: Terry Pratchett
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KOMMST DU JETZT NICHT MEHR.
    »Nein, nein. Tut mir leid, aber es wartet zuviel Arbeit auf mich. Du mußt dich noch ein wenig gedulden. Ich kann jetzt keine Zeit damit vergeuden, tot zu sein.«
    Tod war sprachlos. Nach der anfänglichen Verwirrung reagierten die meisten Leute mit Erleichterung auf die Erkenntnis, daß sie gestorben waren. Sie streiften eine unbewußte Bürde ab. Der schwere Schritt ins Jenseits lag hinter ihnen. Das Schlimmste war bereits geschehen, jetzt konnten sie, zumindest in metaphorischer Hinsicht, das Leben fortsetzen. Nur wenige Leute verhielten sich so, als sei die ganze Sache ein Ärgernis, das verschwand, wenn sie sich lange genug darüber beklagten.
    Hopkinsons Hand strich durch den Tisch. »Oh.«
    SIEHST DU?
    »Das kommt mir
sehr
ungelegen. Hättest du deinen Besuch nicht ein wenig verschieben können?«
    NUR IN ABSPRACHE MIT DEINEM MÖRDER.
    »Offenbar ist das alles schlecht organisiert. Hiermit möchte ich mich offiziell beschweren. Immerhin zahle ich pünktlich meine Steuern.«
    ICH BIN DER TOD, KEIN STEUEREINTREIBER.
ICH
KOMME NUR EINMAL.
    Hopkinsons Gestalt verblaßte immer mehr. »Ich habe immer versucht, vernünftig vorauszuplanen…«
    NACH MEINEN ERFAHRUNGEN IST ES AM BESTEN, DAS LEBEN SO ZU NEHMEN, WIE ES KOMMT.
    »Das klingt ziemlich unverantwortlich…«
    FÜR MICH HAT ES IMMER GUT FUNKTIONIERT.
     
    Die Sänfte hielt vor der Wache am Pseudopolisplatz. Mumm überließ es den Trägern, sie zu parken, trat ein und streifte die Jacke über.
    Er konnte sich noch gut an die Zeit erinnern, zu der das Wachhaus fast leer gewesen war. Erst wenige Tage schienen seitdem vergangen zu sein. Feldwebel Colon, der auf seinem Stuhl döste, Korporal Nobbs, der seine Wäsche vor dem Ofen trocknete… Und dann, ganz plötzlich, hatte sich alles verändert.
    Feldwebel Colon wartete mit einem Klemmbrett auf ihn. »Ich habe hier die Berichte von den anderen Wachhäusern, Herr Kommandeur«, sagte er und ging neben Mumm.
    »Irgendwelche besonderen Vorfälle?«
    »Ein sonderbarer Mord, Herr Kommandeur. In einem der alten Häuser an der Schlechten Brücke. Es hat ‘n alten Priester erwischt. Weiß nicht viel darüber. Die Patrouille meinte nur, wir sollten Ermittlungen anstellen, Herr Kommandeur.«
    »Wer hat die Leiche gefunden?«
    »Obergefreiter Besuch, Herr Kommandeur.«
    »Lieber Himmel.«
    »Ja, Herr Kommandeur.«
    »Na schön. Vielleicht finde ich heute morgen Gelegenheit, mir den Tatort anzusehen. Sonst noch etwas?«
    »Korporal Nobbs ist krank, Herr Kommandeur.«
    »Oh, ich weiß, daß er nicht normal ist…«
    »Ich meine, er hat sich krank
gemeldet,
Herr Kommandeur.«
    »Was ist es diesmal? Die Beerdigung seiner Oma?«
    »Nein, Herr Kommandeur.«
    »An wie vielen Beerdigungen mußte er in diesem Jahr teilnehmen?«
    »An sieben, Herr Kommandeur.«
    »Fred, du brauchst mich nicht dauernd ›Herr Kommandeur‹ zu nennen.«
    »Wir haben Gesellschaft, Herr Kommandeur«, sagte der Feldwebel und warf einen bedeutungsvollen Blick zum Besucherzimmer. »Ist wegen des Alchimiejobs gekommen.«
    Ein Zwerg sah zu Mumm auf und lächelte nervös.
    »Na schön«, sagte der Kommandeur. »Ich empfange ihn in meinem Büro.« Er griff in die Jackentasche und holte den Geldbeutel des Assassinen hervor. »Bitte füg das hier dem Witwen-und-Waisen-Fonds hinzu, Fred.«
    »Oh, gut, Herr Kommandeur. Wenn sich solche Glücksfälle häufen, können wir uns bald mehr Witwen leisten.«
    Feldwebel Colon kehrte an seinen Schreibtisch zurück, öffnete unauffällig die Schublade und holte das Buch hervor, in dem er gelesen hatte. Der Titel lautete:
Tierwirtschaft.
Colon dachte voller Unruhe an die seltsamen Geschichten, die man sich von manchen Leuten auf dem Land erzählte. Er fragte sich, ob er mit Gasthäusern rechnen mußte, die allein von Tieren besucht werden durften. Doch derartige Befürchtungen erwiesen sich schließlich als grundlos. In dem Buch ging es schlicht und einfach darum, wie man Kühe, Schweine und Schafe züchtete.
    Es gab nur noch ein Problem für ihn: Er brauchte ein Buch, das ihn die Kunst des Lesens lehrte.
    Im Obergeschoß drückte Mumm ganz vorsichtig die Tür seines Büros auf. Die Assassinengilde beachtete die Regeln, das mußte man ihr lassen. Es galt als außerordentlich taktlos, einen Unbeteiligten zu töten. Einer der großen Nachteile bestand zum Beispiel darin, daß man dafür kein Honorar bekam. Aus diesem Grund waren Fallen im Büro ausgeschlossen, weil zu viele Personen den Raum
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