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Die Pollinger-Kinder und die Geister vom Flattertstern

Die Pollinger-Kinder und die Geister vom Flattertstern

Titel: Die Pollinger-Kinder und die Geister vom Flattertstern
Autoren: Josef Carl Grund
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Saure Finger
     
    Das Raumschiff näherte sich dem fremden Himmelskörper.
    „Fertigmachen zur Landung!“ befahl der Kommandant.
    Da geschah es.
    Ein greller Blitz flammte auf, und mit einem gewaltigen Knall wurde ein riesengroßes Stück aus dem fremden Himmelskörper herausgesprengt. Mit unheimlicher Geschwindigkeit schoß es ins Weltall hinein.
    Nur um Haaresbreite wich das Raumschiff dem mächtigen Brocken aus; und als dieser vorüberraste, rief der Kommandant: „Da sind doch Lebewesen drauf!“
    Und dann war’s aus.
    Auf dem Fernsehschirm erschien die Ansagerin, lächelte freundlich und sagte: „Liebe Jungen und Mädchen, die nächste Fortsetzung unserer Weltraumserie seht ihr am kommenden Dienstag zur gleichen Zeit.“
    Hans-Heinrich Pollinger schaltete den Kasten ab. „So was Doofes!“ schimpfte er. „Gerade wenn es am spannendsten wird, machen sie Feierabend!“
    „Gemeinheit!“ brummelte Roswitha Pollinger und war ebenfalls sauer.
    „Das Abendessen ist fertig!“ rief Mutter Pollinger aus der Küche. „Hilf mir auftragen, Roswitha!“
    „Raumschiff Roswitha fertigmachen zum Bratwursttransport“, unkte Hans-Heinrich.
    Roswitha streckte ihm die Zunge heraus, sagte „Bäh!“ und lief zur Tür.
    „Na warte!“ rief Hans-Heinrich.
    „Verhau mich, wenn du kannst“, spottete Roswitha und schlug die Wohnzimmertür so gemein zu, daß Hans-Heinrich mit den Fingerspitzen dagegenstieß.
    „Au!“ stöhnte er, blies auf seine Hände und murmelte etwas von Rache.
    Zum Abendessen gab es saure Bratwürste mit Zwiebelringen; und Hans-Heinrich stellte fest, daß die in Essig und Öl gekochten Würste wie Leichenfinger aussähen. Daraufhin verging Tante Kyrilla, die zu Besuch gekommen war, der Appetit.
    Vater und Mutter warfen Hans-Heinrich messerscharfe Blicke zu. Roswitha grinste, und Hans-Heinrich fragte unschuldig: „Ist dir jetzt schlecht, Tante Kiki, und darf ich deine sauren Finger mitessen?“
    „Shocking!“ seufzte die Tante.
    „Das ist englisch“, erklärte Hans-Heinrich. „So sagen englische Tanten im Fernsehen, wenn ihnen etwas auf die Nerven geht. Es heißt soviel wie Schei…“
    „Hans-Heinrich!“ unterbrachen ihn Vater und Mutter streng.
    „Du bist ein sehr schlimmes Kind“, tadelte Tante Kyrilla.
    Da konnte Roswitha das Lachen nicht länger zurückhalten. Sie platzte lauthals heraus.
    „Warum schimpft ihr bloß mit mir?“ verteidigte sich Hans-Heinrich beleidigt. „Warum darf ich denn nicht sagen, daß shocking soviel wie Scheibenkleister heißt? Das ist doch nichts Unanständiges. Gestern abend sagte Vati auch Scheibenkleister, als er seine neue Krawatte beim Topfgucken in die Nudelsuppe tauchte.“
    „Aus und Schluß!“ bestimmte Vater Pollinger. „Jetzt wird gegessen — und zwar ohne dumme Bemerkungen. Und Tante Kiki ißt ihre Lei — Verzeihung — ihre Bratwürste selbst. Im übrigen heißt shocking unerhört. Mahlzeit!“
    „Mahlzeit“, murmelten die anderen.
    Tante Kyrilla, die sich gern Kiki nennen ließ, zwang die Würste mit deutlichem Widerwillen hinunter, und Hans-Heinrich war sehr unzufrieden mit ihr. „Erst schalten sie im Fernsehen den Weltraum ab“, brummelte er Roswitha zu, „dann verdrückt Tante Kiki ihre Leichenfinger selber. Wo saure Bratwürste doch meine Leibspeise sind!“
    „Ääätsch!“ spottete Roswitha und steckte dafür einen Rippenstoß ein.
    „Geht auf eure Zimmer und macht die Hausaufgaben fertig“, sagte Mutter Pollinger gefährlich liebenswürdig.
    „Aber Mutti“, wandte Roswitha ein, „wir können keine Hausaufgaben machen, weil seit vier Tagen große Ferien sind.“
    „Dann übt irgend etwas“, bestimmte Vater Pollinger. „Meinetwegen Mengenlehre. Ab mit euch!“
    Hans-Heinrich und Roswitha sagten „Tschüs, Tante Kiki“ und verkrümelten sich.
     
    Die Familie Pollinger wohnte im 16. Stock eines Hochhauses.
    Vater Pollinger hieß Sven-Wilhelm und war von Beruf Versicherungsdirektor.
    Mutter Pollinger hieß Liselotte und war Hausfrau. Sie konnte manchmal so scharf gucken, daß sogar der freche Kanarienvogel „Spatzi“ den Kopf unter den Flügel steckte.
    Hans-Heinrich und Roswitha waren „die Pollinger-Kinder“, neuneinhalb und achteinviertel Jahre alt und hin und wieder „unmöglich“ — fanden die Eltern, Tante Kyrilla und manchmal auch die Nachbarn. Zeitweise waren sie aber auch lieb.
    Tante Kyrilla zählte einundsiebzig Jahre und war eigentlich Großtante; aber das hörte sie nicht gern. Sie kleidete sich wie
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