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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund
Autoren: James Herbert
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abzulecken. Ich weiß nicht, ob ich unter der Obhut des anderen Riesen gelitten hatte, aber ich war jedenfalls fest überzeugt, dass es gut war, von ihm wegzukommen; von seinem Körper ging eine Aura des Schlechten aus. Als ich auf die anderen Bündel hinunterblickte, die in dem Pferch lagen, verspürte ich eine Anwandlung von Bedauern; sie waren meine Brüder, meine Freunde. Traurigkeit durchflutete mich, während ich weggetragen wurde, und die Vision eines viel größeren Hundes, wahrscheinlich meiner Mutter, blitzte durch meinen Kopf. Dann weinte ich und drängte mich an das riesige Geschöpf. Als er mein Wimmern hörte, begann seine Hand über meinen Körper zu streichen, und von seinen Lippen kamen leise Töne.
    Die Scharen von Zweibeinern waren noch beängstigender, jetzt, wo ich mich zwischen ihnen bewegte, und ich begann vor Furcht zu zittern. Alles, jeder war so groß. Ich versuchte meinen Kopf ganz dicht an das große Lebewesen zu pressen, und dieses ließ es zu, hatte Verständnis für meine Angst und beruhigte mich leise. Hier und da schob ich den Kopf heraus, aber der Lärm, die blitzenden Farben, das Gedränge veranlassten mich immer wieder, schnell den Kopf einzuziehen und ihn noch tiefer unter der losen Haut des Riesen zu vergraben, wobei das Lochen aus seiner breiten Brust eine seltsam beruhigende Wirkung auf mich hatte. Bald hatten wir den Markt hinter uns gelassen, und ein neues, viel beunruhigenderes Geräusch dröhnte in meinen Ohren.
    Mein Kopf fuhr aus seinem Versteck hervor, und angesichts der riesigen Ungeheuer, die auf uns zustrebten, fiel mir die Kinnlade in neuem Schreck herunter, Ungeheuer, die gleich darauf in einem Wirbelwind verdrängter Luft vorbeifegten und uns, wie es schien, nur um wenige Zoll verfehlten. Für mich waren es fremdartige Tiere, viel fremdartiger als das Tier, das mich trug, und auf furchterregende Art ohne ausgeprägte Eigenschaften, wenn man von Kraft und Größe absah. Die Dünste, die von ihnen ausgingen, waren Übelkeit erregend, und es fehlten ihnen jeglicher Geruch nach Nahrung oder Schweiß. Und jetzt tauchte ein noch viel schlimmeres Ungeheuer auf: grellrot und viermal so groß wie die anderen Geschöpfe. Ich hatte gerade noch Zeit festzustellen, dass seine Beine rund waren und in schrecklichem Tempo wirbelten, ehe ich aus den Armen meines Trägers sprang und dabei den grauen Beton mit Urintröpfchen besprenkelte, als ich vor der herannahenden Bestie floh. Rufende Laute hallten hinter mir, aber meine Beine wollten nicht zu rennen aufhören, während ich zwischen den Riesen dahinhuschte, die mir den Weg zu versperren suchten. Ein Fuß streckte sich vor mir aus, aber ich flog darüber hinweg, ohne mein Tempo zu verlangsamen. Ich bog seitwärts ab, als große Hände nach mir griffen und mich packen wollten, verließ den Bürgersteig, stürzte mich in den Strom der schnellbewegten Ungeheuer. Kreischende Laute füllten meinen Kopf, und über mir ragten dunkle Silhouetten auf. Aber ich rannte immer weiter, die Augen nur auf das gerichtet, was vor mir lag, ohne dabei den Vorteil meiner neugefundenen weiten Peripherie zu nutzen, mein ganzes Wesen auf ein dunkles Loch konzentriert, das vor mir lag. Und dann regte sich in mir eine Erinnerung: Ich war einen Augenblick lang etwas anderes, hoch über dem Boden, und damals war die Furcht in mir dieselbe wie die Furcht in mir jetzt. Etwas warf sich mir entgegen, etwas Weißes, Blendendes. Dann explodierte das Licht in Schmerz, und ich war wieder ein Hund, floh auf einer geraden Linie quer über die Wege kreischender Autos und Busse.
    In diesem Augenblick musste etwas in mir ausgelöst worden sein: Erinnerungen, Gefühle, Instinkte — ich weiß nicht, was — flackerten, wurden geweckt, lagen aber noch nicht frei. Etwas hatte sie geweckt, und sie hatten zu leben begonnen, aber mein Hundehirn war noch nicht bereit, sie zu empfangen.
    Ich erreichte den Ladeneingang, der mein Ziel gewesen war, und glitt über den Boden, bemüht, nicht gegen ein hohes Ding zu krachen, das grellfarbige viereckige Gegenstände enthielt. Es schwankte gefährlich, als ich dagegen prallte, und Hände versuchten es festzuhalten, während sich erschreckte Stimmen erhoben. Ich fand ein anderes Loch, in das ich huschen konnte, rannte um eine Ecke und in einen hübschen sicheren, dunklen Platz. Dort duckte ich mich, zitterte, den Mund offen, die Zunge hing herunter wie ein langes Stück Leber. Mein Magen bäumte sich auf, während ich kurze, keuchende
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