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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund
Autoren: James Herbert
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vermittels unserer Sinne die verschiedenen Körpergerüche zusammenzufügen. Sie sind viel verlässlicher, denn physische Züge kann man verändern - oder sie verändern sich infolge des Alters selbst —, aber seinen eigenen persönlichen Duft kann man nicht tarnen. Er baut sich mit der Zeit aus allem auf, was man in seinem Leben getan hat, und man kann noch so viel schrubben und ihn doch nicht löschen. Die Nahrung, die man gegessen hat, die Kleider, die man getragen hat, die Orte, die man besucht hat — das ist es, was uns unsere Identität gibt, und kein visueller Aspekt ist besser erkennbar.
    Ich nahm an, dass der Riese (zu der Zeit hatte ich noch keine Vorstellung vom Menschen), der mich aus dem Pferch holte, nach Tabak, Alkohol, zu fettem Essen und jenem anderen Aroma roch, das stets zu finden ist — Sex —, aber zu der Zeit waren diese Gerüche alle neu für mich und, wie ich schon vorher sagte, beängstigend, unangenehm und doch interessant. Der einzig vertraute Geruch war der nach
    Hund, und meine empfindliche Nase suchte ihn und klammerte sich daran fest, wie er mir Wohlbehagen vermittelte. Jetzt konnte ich nach meinem Gefühl Millionen und Abermillionen zweibeiniger Lebewesen sehen, die vor und zurück wogten, und ihre Laute schmerzten in meinen Ohren und verblüfften mich. Ich befand mich natürlich auf einem Straßenmarkt, und selbst in jenen Frühstadien gab es doch ein gewisses Erkennen, eine gewisse Vertrautheit mit dem Ort. Grobe, knurrende Laute kamen von irgendwo dicht an meinem Ohr, und ich fuhr nervös mit dem Kopf herum. Die Lippen des Geschöpfes, das mich festhielt, bewegten sich, und dies war der Ort, wo die knurrenden Geräusche herkamen. Ich behaupte nicht, dass ich damals die Worte selbst verstanden hätte, aber was sie beabsichtigten, begriff ich.
    Eine andere Stimme sprach auf meiner anderen Seite, und ich wurde nach vorn gestoßen, in ein Paar Arme hinein. Das Aroma war völlig anders. Vermutlich waren die Gerüche nach Essen und Trinken immer noch vorhanden, aber der Nikotingestank fehlte. Und da war noch so viel mehr. Man kann Freundlichkeit riechen; es ist wie ein Wohlgeruch. Kein sonderlich interessanter Geruch, aber ein beruhigender. Da war nicht besonders viel davon; aber im Vergleich zu den Händen, die ich gerade verlassen hatte, war es, als würde ich plötzlich mit feinstem Parfüm besprüht. Ich begann die Hände zu lecken, denn es waren immer noch Spuren von Nahrung daran. Es ist so herrlich, eine menschliche Hand oder ein Gesicht abzulecken; der Schweiß an jeder Stelle des menschlichen Körpers hält immer noch die zuletzt gegessene Nahrung fest, und die Salzigkeit verleiht ihm ein besonderes Aroma. Der Geschmack ist höchst subtil und verfliegt bald, aber das zarte Aroma im Verein mit dem kitzligen Kratzen der Zunge auf der Haut ist ein erlesenes Vergnügen, das jeder Hund liebt. Du musst verstehen, das ist nicht Zuneigung (obwohl nach einer Weile ein vertrauterer Geschmack angenehmer als ein fremder ist und fast eine Art
    Liebesbeweis wird), sondern eher eine Übung für die Geschmacksknospen.
    Während mich eine Hand an die Brust des freundlichen Riesen drückte, strich mir die andere über den Kopf und kitzelte mich hinter den Ohren. Das versetzte mich in Entzücken, und ich versuchte ihn in die Nase zu kneifen. Er riss den Kopf weg und gab dabei einen Laut von sich, den ich nur als ein glückliches Knurren deuten konnte, und so steigerte ich meine Bemühungen, das knollige Gebilde in seinem Gesicht zu erreichen. Meine Zunge erreichte sein Kinn und kratzte an dessen rauher Oberfläche. Das überraschte mich ein wenig, und ich fuhr zurück. Aber dann packte mich die Erregung erneut, und ich warf mich aufs Neue nach vorn. Diesmal hielten mich feste Hände zurück.
    Die Stimmen gingen hin und her, und plötzlich setzte man mich wieder in den Pferch. Ich sprang sofort wieder auf, versuchte den freundlichen Riesen zu erreichen, und meine Vorderpfoten legten sich auf die hölzerne Oberfläche des Drahtpferches. Ein weicher Körper schob sich neben mich und versuchte mich wegzudrängeln. Ich schob zurück und begriff, dass mir möglicherweise etwas Nettes widerfahren könnte, und sah einige Stücke grünlichen Papiers über meinen Kopf in die rauhen roten Hände meines Besitzers wandern. Dann war ich wieder in der Luft, wurde in die Höhe gezogen und an die Brust des freundlichen Riesen gedrückt. Ich japste vergnügt und versuchte das riesige Gesicht über mir
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