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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund
Autoren: James Herbert
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James Herbert
    HÖLLENHUND

    Roman
    Deutsche Erstausgabe

    Für Kerry, Emma und Casey

    Titel der Originalausgabe FLUKE
    Aus dem Englischen übersetzt von Heinz Nagel
    2. Auflage
    Redaktion: Rainer-Michael Rahn
    Copyright © 1977 by James Herbert Copyright © der deutschen Ausgabe 1992 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Printed in Germany 1992 Autorenfoto: Snowson Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München Satz: Werksatz Siegsdorf GmbH Druck und Bindung: Eisnerdruck, Berlin
TEIL 1
1

    Das warme Sonnenlicht schlug gegen meine Augenlider — eine sanfte Überredung, sie zu öffnen. Geräusche krochen in meine Ohren und platzten dann in mein Bewusstsein, verwirrende Laute, ein Gebrabbel, unterbrochen von durchdringenden Lauten.
    Vorsichtig, beinahe widerwillig öffnete ich halb die Augen; der Schlaf in ihnen war noch klebrig, ein weicher, feuchter Kleister. Durch den Dunst sah ich einen dunklen, pelzigen Körper, ebenso groß wie ich selbst. Er hob und senkte sich rhythmisch in zufriedenem Schlaf. Mein Mund öffnete sich weit, als ihm ein Gähnen entkam, dann klappten meine Augen plötzlich auf. Andere Körper lagen rings um mich herum, schwarz und grau — und Mischungen von beiden; einige mit kurzem, glattem Fell, andere zottig oder gekräuselt. Ein weißer Blitz sprang über mich, und ich fühlte, wie scharfe Zähne nach meinem Ohr schnappten. Ich zuckte winselnd zurück. Wo war ich? Wer war ich? Was war ich?
    Gerüche drangen in meine Nase, zuerst unangenehm und dann seltsam wohltuend. Ich kräuselte die Nase, atmete die Dünste ein, kräftige Gerüche, die mir irgendwie ein Gefühl der Sicherheit verliehen. Ich kuschelte meinen Körper näher an die anderen Körper heran, weg von dem energiegeladenen weißen Störenfried, der schließlich aufgab und auf den Drahtzaun zusprang, der uns umgab. Er stellte sich auf die Hinterbeine, legte die Pfoten auf den Draht, und sein ganzes Hinterteil und sein Stummelschwanz wedelten aufgeregt. Eine riesige, farblose Hand griff herunter und hob ihn hoch, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Ich winselte wieder, diesmal erschreckt. Die Hand — so groß, so stark! Und die Gerüche, die von ihr ausgingen — so
    fremdartig. Beängstigend und doch... interessant. Ich versuchte mich tiefer in den dichten Berg aus trägem Fell hineinzukuscheln, suchte einen Kontakt, den ich nicht begriff. Warum war ich von diesen monströsen Tieren umgeben, und warum fühlte ich mich ihnen so verwandt?
    Der Schlaf hatte mich jetzt völlig losgelassen, und mein Körper vibrierte hellwach. Ich befand mich in einer Art Pferch — auf mich wirkte er sehr groß —, dessen Boden mit Stroh bedeckt war. Der Drahtzaun, der uns umgab, war hoch, viel höher als ich, und meine Gefährten waren Hunde. Ich glaube nicht, dass ich in dem Augenblick wirklich Furcht empfand; wahrscheinlich nur Verwirrung. Ich erinnere mich daran, dass mein Atem in kurzen, keuchenden Stößen ging, und ich glaube, ich habe ein wenig uriniert, nur ein klein wenig. Ich weiß, dass ich versuchte, mich noch tiefer zwischen zwei plump wirkende Körper hineinzugraben, mit denen mich ein Gefühl der Gemeinsamkeit verband. Heute vermute ich, dass das daher kam, weil wir verwandt waren, aber damals reagierte ich einzig und allein instinktiv.
    Ich sah mich um, hielt den Kopf gesenkt, das Kinn fest ins Stroh gedrückt. Alles war so gedämpft, die Farben kaum zu unterscheiden, nur Schattierungen von Grau und lehmigem Braun. Und doch sah ich die Farben vor meinem geistigen Auge, weil ich sie schon gekannt hatte, vor, vor...
    Vor?
    In meinem verwirrten Zustand wich mir sogar die Frage aus, ganz zu schweigen von der Antwort.
    Aber jetzt begannen bereits Farben durchzukommen, ein mir hinterlassenes Vermächtnis, ein Geschenk, das mich von meinen Mitgeschöpfen unterschied. Das weiche Grau verwandelte sich in helles Braun, das dichtere Grau in dunkleres Braun. Das Schwarz blieb schwarz, nur dass es tiefer wurde. Die Regenbogen flogen auf mich zu, füllten meinen Kopf mit einer benommen machenden Vielfalt, blendeten mich in ihrer Intensität. Das Schwarz war nicht länger schwarz, sondern blau, indigo; Hunderte von Brauntönen. Die Farben taten meinen Augen weh, und ich war gezwungen, sie zu schließen. Und doch stach die Sonne immer noch durch, und die Farben explodierten immer noch vor mir. Und dann nahm das Spektrum seine richtige Reihenfolge an, die Farben kannten ihr korrektes Gleichgewicht; die Blitze wurden gedämpft, die Töne
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