Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hölle mit Vollpension

Hölle mit Vollpension

Titel: Hölle mit Vollpension
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
rechts .«
    Diesmal dauerte das gluckernde Geräusch scheinbar eine Ewigkeit, ehe Boris tief aufseufzte. »Mein Onkel, der Großfürst, hatte ganz recht mit seiner Ansicht über Frauen Ihres Kalibers. Er warf sie meist seinen Kosaken vor, zum Säbelwetzen .«
    »Und deshalb wurden ihre Säbel immer so schnell stumpf ?« erkundigte ich mich.
    »Raus mit euch !« schrie Amantha.
    Bis Boris und ich vor dem Kühler zusammenfanden, hatte Amantha sinnvollerweise die Scheinwerfer gelöscht. Anämisches Mondlicht sickerte durch die Wolken und gewährte uns klare Sicht auf das gesamte Terrain — im Umkreis von zwei Schritten.
    »Ich nach rechts, du nach links«, kommandierte Boris. »Sieger ist der, welcher den Fluß als erster findet, richtig ?«
    »Okay«, brummte ich skeptisch.
    »Und der Verlierer«, meinte er langsam, »darf Miss Hardy erwürgen, im Zeitlupentempo und mit bloßen Händen .«
    »Topp !« stimmte ich zu.
    »O Brüderchen, wir hätten beizeiten schlau werden und im Fernsehgeschäft bleiben sollen. Da wird wenigstens nicht lange gefackelt. Sie führen dir einfach die Hand beim Unterschreiben, und dann weißt du todsicher, wo du die nächsten fünf Jahre steckst .« Boris wandte sich ab, straffte die Schultern und marschierte entschlossen nach rechts. Das Manöver wäre noch sehr viel eindrucksvoller gewesen, wenn die beiden Flaschen, die er an die Brust drückte, dabei nicht wie ein Paar Kastagnetten geklappert hätten.
    Auch ich machte mich auf den Weg. Die ersten zehn Meter waren kein Problem, aber dann geriet ich ins Unterholz. Danach wurde jeder Schritt zu einer Errungenschaft. Zweige rissen an mir, Wurzeln stellten mir ein Bein, und ehe ich weitere fünfzig Meter geschafft hatte, verwandelte sich der Boden unter meinen Füßen in zähen Schlamm. Zu dem Zeitpunkt, als ich mich rapide dem Stadium äußerster Erschöpfung näherte, wurden die Bäume spärlicher und das Unterholz schien sich zu lichten. Dann kam der Mond hinter einer Wolkenbank hervor, und ich entdeckte vor mir ebenen Boden, auf dem nur vereinzelt kümmerliche Büsche wuchsen. Meiner Schätzung nach näherte ich mich dem Fluß, deshalb beherrschte ich mein Keuchen und arbeitete mich zielstrebig voran. Im nächsten Moment schrie ein Käuzchen praktisch in mein Ohr, und ich machte einen Satz halbwegs in die Stratosphäre.
    » Hol’s der Teufel«, sagte ich zu meinem zitternden Ego, »es war ja nur ein Kauz. Wer verliert denn schon den Kopf, bloß weil er sich mutterseelenallein im Niemandsland verirrt hat und das Licht der Zivilisation wahrscheinlich niemals wiedersehen wird? Und dieses tanzende blaue Flämmchen, das etwa fünfzig Meter voraus in der Luft zu hängen scheint, ist garantiert nur eine Ausgeburt meiner Phantasie !« Ehe ich’s merkte, war ich in eine angeregte Unterhaltung mit mir selbst vertieft, wie immer bei äußerster Anspannung.
    »Also, Kleiner«, antwortete mein anderes Ich in diesem gemein lakonischen Ton, »ich existiere nur in deiner Einbildung, okay ?«
    »Ganz wie du sagst«, murmelte ich.
    »Dann kann ich mir aber auch keine blauen Lichter einbilden !«
    »Bestimmt nicht ?«
    »Eine Blondine in durchsichtigem Neglige — das wäre Routine«, meinte mein anderes Ich. »Aber blaue Flämmchen bestimmt nicht .«
    »Außerdem sind sie jetzt sowieso verschwunden«, seufzte ich erleichtert.
    »Wie recht du hast .«
    »Klingen da irgendwo Zweifel mit durch ?« fragte ich drohend.
    »Tja...« Mein anderes Ich hörte sich etwas unsicher an. »Ich weiß, es ist lästig, daß wir beide nur auf ein Paar Augen angewiesen sind — aber siehst du, was ich sehe ?«
    »Was?«
    »Da auf der Erde, wo eben noch das blaue Licht war. Da liegt — iih – etwas !«
    »Was zum Beispiel ?« kreischte ich im Geiste.
    »Liegt bloß so da .« Die zweite Stimme wurde rasch schwächer. »Warum gehst du denn nicht nachsehen, mein Bester, und wenn’s nichts Schlimmes ist, kann ich ja später wiederkommen und weiterschwatzen .«
    »Feigling !« schrie ich, aber zu spät, denn mein anderes Ich hatte sich bereits abgesetzt.
    Mit Recht, und das war am allerschrecklichsten; denn da auf der Erde lag wirklich etwas. Während der ganzen Dauer dieser einseitigen Konversation waren meine stupiden Beine ganz von selbst immer weiter marschiert, und nun hatten sie mich schon viel zu nahe an das Ding vor mir herangebracht, als daß ich es noch hätte übersehen können. Das Mondlicht verlieh ihm unbestimmte Konturen, doch je näher ich kam, desto mehr sah es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher