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Hölle mit Vollpension

Hölle mit Vollpension

Titel: Hölle mit Vollpension
Autoren: Carter Brown
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so aus, als liege da einfach jemand auf dem Boden. Als ich heran war, gab es überhaupt keinen Zweifel mehr: Da lag mir ein splitternackter Kerl zu Füßen. Hoffnungsfroh überlegte ich, ob ich nicht mitten in irgendein Nudistencamp gestolpert sein könnte; vielleicht war das ja irgend so ein Narr, der sich vom Mondschein braunbrennen lassen wollte? Da stand ich und sah auf ihn hinab, während er rücklings zu mir herauf grinste. Schließlich räusperte ich mich.
    »Well«, sagte ich, und meine Stimme kam sogar mir makaber vor. »Grüß Gott, da unten !«
    Er machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern grinste mich immer nur an. So ging das fünf peinliche Sekunden lang, dann versuchte ich es noch einmal.
    »Bedaure, Sie stören zu müssen«, sagte ich mit einem Räuspern. »Aber ich bin auf der Suche nach dem Fluß — der Themse, Sie wissen schon. Geht’s da lang ?«
    Immer noch keine Antwort; nur meine überanstrengten Nerven vibrierten wild. »He — was ist los mit Ihnen? Hat’s Ihnen die Sprache verschlagen ?« Ich beugte mich zu ihm hinab, fest geballte Fäuste an den Seiten. »Gefällt Ihnen mein amerikanischer Akzent so gut, daß Sie ihm für den Rest der Nacht lauschen wollen? Wie würde Ihnen denn ein saftiger Tritt in den...«
    Und da versagte mir die Stimme. Unwillkürlich hatte ich mich immer tiefer gebückt, bis ich schlagartig begriff, daß ich seinen Mund zwar nicht sehr deutlich sehen konnte, daß er aber keinesfalls grinste. Vielmehr stand er weit offen — verzerrt in einem lautlosen Schrei! Was ich für ein Grinsen gehalten hatte, war ein klaffendes Loch in der Kehle, die fast von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt war. Langsam richtete ich mich auf, wich einen Schritt zurück — und da erscholl irgendwo hinter mir ein haarsträubender Schrei. Sofort erstarrte ich von Kopf bis Fuß und stand da wie festgefroren — jahrelang, wie mir schien. Wieder ertönte das nervenzerfetzende Geschrei, diesmal viel näher, und trotz aller gegenteiligen Anstrengungen fuhr mein Kopf wie selbsttätig herum.
    Knapp zwanzig Meter entfernt hob sich die Silhouette eines gigantischen Vampirs gegen den Mondhimmel ab. Da stand er, groß wie ein Mensch, mit gespreizten Schwingen und gelb glühenden Augen. Eine Ewigkeit lang konnte ich ihn nur anstarren, dann schickte er wieder diesen furchtbaren Schrei zum Himmel und kam auf mich zu. In diesem Augenblick wurde ich von blankem Terror gepackt. Ich setzte mit einem Sprung über die nackte Leiche zu meinen Füßen und rannte. Die Beine arbeiteten unter mir wie wildgewordene Kolben, und es dauerte ziemlich lange, ehe ich begriff, daß dieses verzweifelte Stöhnen, das mir in die Ohren scholl, aus meiner eigenen Kehle kam.
    Und dann kam dieses vertraute Alptraum-Gefühl: Je schneller ich rannte, desto langsamer kam ich vorwärts, Die Füße sanken mir immer tiefer in den morastigen Boden, und als meine Augen wieder etwas sahen, registrierten sie blankes Wasser voraus. Little-Upham-on-the-Marsh! Ein Dorf am Moor, das wir kurz zuvor passiert hatten! Sie hätten ihm keinen passenderen Namen geben können, das merkte ich nun am eigenen Leibe. Hinter mir erscholl wieder dieser unmenschliche Schrei, und mehr brauchte es bei mir nicht: Lieber ertrank ich im Moor, als daß ich mir von irgendeinem blutgierigen Supervampir die Kehle zerfleischen ließ!
    Also rannte ich weiter, und bald sank ich mit jedem Schritt knietief in den schwarzen, klebrigen Morast. In meinen Lungen schien ein Feuer ausgebrochen zu sein, und jeder Atemzug verursachte mir höllische Schmerzen. Wenige Sekunden später hatte sich mein Vorwärtskommen auf wenig über Spaziergängertempo verlangsamt, und ich rechnete jederzeit mit dem Ende. Fast schien es gar nicht mehr der Anstrengung wert, immer wieder mühsam die Füße aus dem zähen Schlamm zu ziehen, um sie sofort nur noch tiefer darin zu begraben. Noch ein letzter Schritt, schwor ich mir, dann konnten das Moor und dieses Monster es unter sich ausmachen, wer Larry Baker zuerst bekam. Es gab ein eklig schmatzendes Geräusch, als ich den rechten Fuß aus dem stinkenden Schleim zog, dann machte ich diesen meinen letzten Schritt — und stürzte kopfüber in klares Wasser.
    Der plötzliche Kälteschock löste bei mir automatische Reflexe aus, und zu meiner Überraschung fand ich mich schwimmend wieder. Ein einziger Gedanke an diese schwarze Dracula-Ausgeburt hinter mir genügte, und meine Arme und Beine peitschten das Wasser wie Dreschflegel. Eine Weile
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