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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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dieser Beschuldigung voll zu Bewußtsein.
    »Sie glauben doch nicht im Ernst«, rief ich, »daß an dieser Geschichte etwas Wahres ist?«
    »Die Fakten sprechen nicht für Sie. Sie haben sie auch zugegeben.«
    »Aber die Zusammenhänge —«
    »— die müssen nicht stimmen, gewiß nicht. Aber sie könnten stimmen. Und darauf kommt es nun einmal an.«
    Meine Verzweiflung schlug in helle Wut um.
    »Welcher Lump hat Ihnen dieses Märchen aufgetischt?« schrie ich. »Den Kerl bringe ich um.«
    »Sie werden einsehen, daß ich Ihnen keine Namen nennen kann. Zudem handelt es sich um keine Einzelperson, sondern um jenes tausendköpfige Tier, das man Klatsch nennt. Wenn Sie es nicht wissen sollten: Sie stehen zur Zeit im Mittelpunkt dieses Klatsches. Es sind noch unzählige andere Geschichten über Sie im Umlauf.«
    »Andere Geschichten?« wiederholte ich verblüfft.
    »Man hört zum Beispiel, daß Sie sich im vergangenen Sommer in einem Luxushotel als aristokratischer Exilrusse ausgegeben und Ihre Hotelrechnung nicht bezahlt haben.«
    Ich fühlte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat.
    »Man hört, daß Sie bereits verheiratet sind, während Sie sich überall als ledig ausgeben und unter diesem Deckmantel sogar einer Redaktionsangestellten Avancen machen.«
    »Weiter!« keuchte ich.
    »Ich denke, das genügt«, erwiderte er vorwurfsvoll.
    »Jawohl, das genügt«, tobte ich, »mehr noch, das Maß ist übervoll.«
    Plötzlich wurde ich ganz ruhig und sah ihm in die Augen: »Ich frage mich nur, warum Sie mich nicht schon längst auf die Straße gesetzt haben, wenn Sie mich für ein so verkommenes Subjekt halten.«
    Er nahm sich eine Zigarette.
    »Erstens, weil Sie einer unserer brauchbarsten Leute sind«, sagte er langsam. »Zweitens, weil wir glauben, daß das eine oder andere in Wirklichkeit vielleicht doch etwas anders aussieht. Und drittens, das ist auch das Ziel dieser Aussprache, weil wir verlangen und hoffen, daß Sie in Zukunft ein Leben führen, das keine ähnlichen Versionen aufkommen läßt.«
    »Ich schwöre Ihnen«, sagte ich außer mir, »daß das Ganze —«
    »Belasten Sie Ihre Seele mit keinem Meineid.«
    »Ich kann Ihnen mit reinem Gewissen —«
    »Nein, mein Sohn, das können Sie nicht«, feixte er mit hängenden Backen. »Oder stimmt es etwa nicht, daß Sie verheiratet sind?«
    Die Frage traf mich wie ein Schlag unter die Gürtellinie.
    »Nun?« forschte er.
    »Ich bin natürlich — das heißt —«
    »Geben Sie es ruhig zu!«
    »Aber das ist doch alles ganz anders«, fuhr ich auf.
    »Ich weiß«, versetzte er schwermütig, »wenn man verheiratet ist, ist immer alles ganz anders.«
    Ich ließ die Schultern fallen und sagte kein Wort mehr.
    »Darf ich erwarten«, sagte er, indem er sich ächzend erhob, »daß Sie unsere Bedingungen erfüllen und Ihren Lebensstil ändern?«
    Ich erwachte zu neuem Leben.
    »Ich kann Ihnen mit gutem Gewissen«, rief ich, unterbrach mich aber sofort, als er ein Gesicht schnitt, als hätte er auf einen hohlen Zahn gebissen. So sagte ich nur: »Das können Sie.«
    »Mehr wollte ich nicht hören.«
    »In genau elf Tagen«, sagte ich, »ist mein Leidensweg zu Ende. Dann bin ich glücklich verheiratet und Besitzer einer komfortablen Zweizimmerwohnung mit Bad. Was sagen Sie dazu?“
    »Es ist gut, mein Sohn«, murmelte er verstört und klopfte mir zum Abschied mit einem Blick auf die Schultern, der deutlich erkennen ließ, daß er mich weniger für einen moralischen als für einen klinischen Fall hielt.

21

    Isabell hüpfte vor Vergnügen auf einem Bein, als ich es ihr erzählte. Am besten gefiel ihr, daß mich der Chefredakteur wegen ihr zur Rede gestellt hatte.
    »Ich verstehe nicht, wie du darüber lachen kannst«, sagte ich verbittert. »Die Geschichte ist höchst peinlich.«
    Nun lachte sie erst recht.
    »Du wirst mich mit deinen Verrücktheiten noch um Amt und Brot bringen«, prophezeite ich düster.
    Sie fiel mir um den Hals: »Dann verhungern wir eben beide.«
    »Ich bin am Ende. In meinem Nervensystem geht es zu wie in einem Webstuhl«, sagte ich gebrochen.
    »Und du wolltest als kleiner Junge Seeräuber werden«, rügte sie.
    »Vergiß nicht, daß ich auch davon träumte, in einen Orden einzutreten.«
    Sie versuchte, mich mit Liebkosungen wieder aufzumuntern.
    »Hast du wenigstens mit deinen Eltern gesprochen?« fragte ich müde, felsenfest davon überzeugt, daß die Situation wieder einmal ungünstig gewesen war. Wahrscheinlich würden ihre Eltern ihren Schwiegersohn
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