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Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Falkensaga 02 - Im Auge des Falken

Titel: Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
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Prolog
     
    Der junge Mann zitterte am ganzen Körper, als er sich mit letzter Kraft aus dem Fluss kämpfte und am Ufer zusammensank. Seine Zähne schlugen aufeinander, und nach einem keuchenden Hustenanfall erbrach er schmutziges Wasser. Vor seinen Augen flimmerte es, und in seinem Hinterkopf pochte es schmerzlich. Er fühlte, wie aus der Wunde an seiner Schulter helles Blut sickerte.
    Mit aller Kraft versuchte er sich ins Gedächtnis zu rufen, wie er hierhergelangt sein konnte. Er erinnerte sich an das Wasser, tosend, sprudelnd, schaumbedeckt, das ihn herumwirbelte und unerbittlich in die Tiefe zog.
    Die Strömung hatte ihn bald hierhin, bald dorthin getrieben - wehrlos wie ein Blatt im Wind - und ihn dann doch endlich freigegeben und mitten aus einem mächtigen Wasserlauf wieder ausgespeit. Es blieb ihm gerade noch genug Kraft, sich an einem vorbeitreibenden Baumstamm festzuklammern, während der kräftige Strom ihn mit sich riss. Dichte Wälder und tiefe Schluchten zogen an beiden Ufern an ihm vorbei, doch von all dem nahm er nichts mehr wahr. Seine Fingernägel krallten sich in das Holz. Er kämpfte ums Überleben.
    Er wusste nicht, wie viele Wegstunden verstrichen sein mochten, bis die Kraft des Stroms nachließ und sich der Baumstamm endlich in einer kleinen Bucht verfing. Von dort aus hatte er sich an Land ziehen können.
    Lange lag er am Ufer, unfähig, sich zu rühren, unfähig, der Kälte in seinen Gliedern Herr zu werden. Doch die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen durchdrang seinen braun gebrannten Körper und weckte neues Leben in ihm. Sein Blick wurde klar. Ein Hungergefühl überfiel ihn mit einer Heftigkeit, die er nicht kannte.
    Ein Gedanke blitzte in seinem noch immer benebelten Verstand auf, und dabei begann sich ein Bild zu formen.
     
    ... Er flog ... Hoch über den Baumwipfeln schnellte er hin und her, suchte nach etwas ... Hunger lenkte ihn ab. Er erspähte eine Waldtaube und stürzte in die Tiefe, um sie zu reißen, grub die Krallen in ihr Gefieder und brach ihr das Rückgrat ... Satt vom Mahl aus warmem Fleisch und Blut erhob er sich wieder in die Lüfte und setzte seine Suche fort ...
     
    Das dumpfe Gefühl in seinem Magen war verflogen, und aus unerfindlichem Grund spürte er frische Kraft durch seine Adern strömen.
    Schwerfällig rappelte er sich auf. Seine Schulter war steif und klebrig vom geronnenen Blut, die Wunde pochte immer noch heftig. Eine Weile starrte er darauf, unsicher, was zu tun war. Er ließ seinen Blick wandern und entdeckte an einem Busch in unmittelbarer Nähe leuchtend orangefarbene Beeren. Er raffte sich auf, pflückte eine Handvoll und schob sie gierig in den Mund.
    Sie schmeckten süß und saftig, und er konnte sich nicht erinnern, je etwas Köstlicheres gegessen zu haben. Wieder und wieder griff er zu, bis seine Finger und sein Mund vom Fruchtsaft verklebt waren. Gesättigt stand er auf und streckte sich unter Schmerzen.
    Ein schriller Ruf drang ihm von ferne entgegen. Er blickte zum Himmel und sah einen majestätischen Vogel mit großer Geschwindigkeit auf ihn zufliegen. Wieder setzte sein Instinkt ein. Er empfand keine Furcht, vielmehr ein Gefühl des Erkennens. Sein Arm, dessen Handgelenk von einem seltsamen Ornament gezeichnet war, hob sich wie von fremder Kraft gelenkt. Mit einer Wucht, die ihn beinahe aus dem Gleichgewicht geraten ließ, schlossen sich mächtige Krallen darum, als seien die Male ihr gewohnter Platz. Ein Blick aus zwei dunklen Augen begegnete ihm - so tief wie ein Brunnen, in dem sich um Mitternacht die Sterne spiegeln. Ein Gefühl der Vertrautheit überwältigte ihn. Kihscha ... hörte er eine Stimme flüstern.

1
     
    Drei Tage war Alduin nun schon in Sanforan. Die Luft über den Ziegeldächern der Stadt flimmerte vor Hitze, und ein jeder sehnte sich nach Regen.
    Der Blick des jungen Falkners wanderte aus dem Fenster seines Zimmers über ein Wirrwarr von Gebäuden zur Außenmauer bis hin zu den Wäldern und fernen Bergen, die sich verschwommen am Horizont abzeichneten. In den vergangenen zwei Jahren hatten er und sein Marvenfalke Rihscha im Dienste verschiedenster Auftraggeber viele der malerischen Regionen Nymaths bereist, und doch war er jedes Mal aufs Neue überwältigt vom Anblick der Berge. Vielleicht faszinierten sie ihn umso mehr, weil Rihscha aus den Gefilden der hohen Gipfel stammte. Ganz besonders in der letzten Zeit hatte Alduin das Gefühl, dass die Beziehung zwischen ihm und seinem Wildfalken noch sehr viel intensiver
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