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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage
Autoren: M Wilcke
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gegenübergestanden und in seinen Augen die gleiche |315| Skrupellosigkeit gesehen wie in den Euren. Ihr habt es darauf angelegt, ihn zu Eurem Feind zu machen, aber er verfügt über weitaus mehr Einfluß und Mittel, als Ihr je besitzen werdet. Betet darum, daß dieser Krieg noch Jahre andauern mag. Wenn er sich zugunsten der Liga entscheidet, wird Euch der Bischof wie einen Hund aus der Stadt jagen. Und sollten die Schweden siegreich bleiben, wird Gustav Gustavson mächtiger denn je zurückkehren und Euch vor Gericht stellen. Euer Amtsvorgänger Albert Modemann wird ihn darin selbstlos unterstützen. Ihr wolltet Modemann mit der Verleumdung seiner Familie brechen, doch Ihr habt damit nur erreicht, daß Modemann sich mit seinen eigenen Gegnern verbünden wird, um Euch zu stürzen.«
    Zum ersten Mal bemerkte Jakob eine gewisse Unsicherheit in der Miene des Bürgermeisters. Dessen Mundwinkel zuckten, und er rieb sich die Stirn, als verursachten Jakobs Worte ihm Kopfschmerzen.
    »Verlaßt mein Haus! Verschwindet endlich!« knurrte Peltzer.
    »Und auch dieses Buch wird Euch dann nicht mehr von Nutzen sein«, sagte Jakob und klappte mit einer schnellen Handbewegung den
Malleus maleficarum
zu. Dann drehte er sich um und ging mit einem bitteren Gefühl des Triumphes aus der Kammer.
     
    Wenige Tage später reiste Jakob mit Georg Meddersheim und Mina aus Osnabrück im Schutz der Dunkelheit ab. Saras Vater hatte zuvor in Windeseile die wichtigsten Angelegenheiten geregelt, einem Neffen den Verkauf des Hauses anvertraut und einen großen, mit grauem Leinentuch überspannten Wagen erstanden, auf dem sie das nötigste Hab und Gut verstauten. Ihre kostbarste Fracht war dabei die Truhe, in der Georg Meddersheim seine wertvollen Edelsteine und eine nicht geringe Anzahl von Goldmünzen aufbewahrte. Dieser kleine Schatz würde ihnen den Beginn eines neuen Lebens in einer fremden Stadt erleichtern.
    Jakob legte Mina die kleine Anna in den Arm, die er bei der |316| Amme abgeholt hatte. Das Kind war wohlgenährt, und seine rosigen Wangen glänzten hübsch. Mina hielt sie ganz vorsichtig fest, sichtlich stolz darauf, daß das Kind ihr anvertraut wurde.
    Zu dritt zwängten sie sich nebeneinander auf den Bock. Georg Meddersheim trieb die beiden Stuten an, die Stadt zu verlassen. Als sie das Stadttor passierten, war es für Jakob wie eine Befreiung, und bis sie den Waldrand erreicht hatten, verspürte er nicht den Drang, sich auch nur einmal umzuschauen.
    Im Wald hielten sie eine Weile, lauschten nach Geräuschen und vergewisserten sich, daß ihnen niemand gefolgt war. Es war unwahrscheinlich, daß man ihnen nachspionierte, aber der Gedanke, daß er durch eine dumme Unachtsamkeit das Mißtrauen des Bürgermeisters auf sich gezogen haben könnte, machte Jakob nervös.
    Doch sie vernahmen kein verdächtiges Geräusch, und im fahlen Mondlicht war auch keine Bewegung am Stadttor auszumachen. Also fuhren sie weiter und erreichten bald darauf die Gertrudenberger Höhle, wo Matthias Klare und Sara bereits auf sie warteten. Der Scharfrichter hielt Sara am Arm fest, da sie zu geschwächt war, um aus eigener Kraft zu stehen. Sie wirkte noch immer bleich und ausgezehrt.
    »Sara!« rief Georg Meddersheim und sprang vom Kutschbock, um seine Tochter in die Arme zu schließen. Sara legte ermattet einen Arm um seinen Rücken und drückte ihr Gesicht auf seine Schulter. Dann erblickte sie das Kind in Minas Arm und streckte eine Hand nach Anna aus. Sie führten Sara zum Wagen und reichten ihr das Kind, das selig schlief, während seine Mutter es sanft wiegte.
    Sara schaute auf, und nun – zum ersten Mal, seit sie ins Leben zurückgekehrt war – verschwand die Schwermut für einen Moment aus ihren Zügen, und sie lächelte.
    Jakob ging auf Matthias Klare zu. »Meister Klare, seid Ihr Euch sicher, daß Ihr weiterhin für Peltzer und den Rat als Scharfrichter arbeiten wollt?«
    |317| »Es ist ein ehrbarer Beruf«, erwiderte Klare, »auch wenn viele anders darüber denken.«
    Jakob nickte. »Behaltet Peltzer im Auge. Er könnte Euch gefährlich werden.«
    »Er wird nicht immer Bürgermeister sein.«
    »Nein, wohl nicht.« Jakob zog unter seinem Wams einen versiegelten Brief hervor und reichte ihn dem Scharfrichter.
    »Ich habe alles niedergeschrieben, was ich über Peltzers Machenschaften herausgefunden habe, und ich möchte Euch dieses Dokument anvertrauen. Wenn Ihr es für richtig haltet, könnt Ihr das Papier dem Grafen Gustavson zukommen lassen. Was hier
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