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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel
Autoren: Sally Cheney
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in Lebensgefahr. Die Kugel, die Carstairs auf ihn abgefeuert hatte, hatte seinen Kopf nur gestreift, die Haut aufgerissen und viel Blut fließen lassen. Aber jetzt saß der Junge schon aufrecht und versuchte, sich zu orientieren.
    Was den armen Bernie anging, so holte Dr. Manley sich ein paar Männer von der Straße, damit sie ihn in seine Praxis trugen. Dort wurde der junge Mann gewaschen, ins Bett gesteckt und bekam zu essen und zu trinken. Einen Tag später war er bereits in der Lage aufzustehen und in seinem Zimmer umherzugehen, und nach zwei Tagen stützte er sich schwerer auf Rachel, als es eigentlich nötig war.
    Man schickte Brewsters Familie in Reading eine Nachricht, und ein weiterer Brief ging an seinen Vater in Liverpool. Mr Brewster senior hatte geargwöhnt, dass bei seinem Sohn etwas nicht stimmte, und wollte sich eigentlich schon früher auf die Suche nach ihm machen. Doch dann hatte die Londoner Nationalbank Kontakt mit ihm aufgenommen und ihm das Darlehen angewiesen, und zwar gerade noch rechtzeitig, um die Biberpelze aufkaufen zu können. All das hatte ihn in Liverpool aufgehalten.
    Sobald Mr Brewster von dem Vorgefallenen erfuhr, eilte er nach London, um bei seinem Sohn zu sein. Und dann kam auch noch, zu Peter Desmonds größtem Erstaunen, sein eigener Vater nach London.
    Dr. Manley hatte ein Quartier für seine beiden genesenden Patienten besorgt. Sie brauchten zwar nicht das Bett zu hüten, waren aber zufrieden, ruhig im Zimmer zu sitzen und auszuruhen. Peter hatte gelesen, ein wenig geschlummert und sich gefragt, wann Marianne wohl wiederkommen werde, als eine dunkle Gestalt an der Tür erschien. Einen Augenblick lang konnte er nur die Silhouette ausmachen, und das war nicht Mariannes schmale Gestalt. Im nächsten Moment erkannte er die Person und glaubte, er blicke in dieselbe unbeugsame Miene wie bei ihrer letzten Begegnung.
    „Vater?“
    „Wie geht es dir, Peter?“, fragte Mr Desmond und blieb unschlüssig auf der Schwelle stehen. Auch er glaubte, den Tonfall und die Miene von früher wiederzuerkennen.
    „Schon besser.“
    Kurz schwiegen beide, dann trat Mr Desmond senior zögernd einen Schritt auf seinen Sohn zu. „Ich bin im Ausland gewesen. Auf dem Kontinent. Geschäftlich. Deine Mutter hat mir Carstairs’ Briefe nachgeschickt in dem Glauben, der Mann sei ein Geschäftsfreund von mir. Ich … sie … wir hatten doch beide keine Ahnung.“
    „Als Carstairs keine Antwort auf seine Forderungen erhielt, dachte ich schon …“, begann Peter.
    „Sobald ich den ersten Brief gelesen hatte, bin ich gekommen“, schaltete sich Mr Desmond ein. „Aber das Schreiben war mir durch drei Länder gefolgt, und dann waren die Eisenbahnen und Schiffe, mit denen ich heimgefahren bin, furchtbar langsam. Ich hatte Angst, ich würde zu spät kommen.“
    „Ich habe Carstairs vorausgesagt, dass er von dir kein Geld erwarten könne. Ich dachte nicht, dass du mich auslösen würdest“, sagte Peter leise.
    „Ich hätte jede Summe bezahlt“, meinte Mr Desmond mürrisch. Er schwieg und räusperte sich. „Darf ich?“, fragte er und blickte auf das Bett seines Sohnes herunter.
    „Selbstverständlich“, antwortete Peter.
    Mr Desmond nahm auf der Bettkante Platz, denn auf dem einzigen Stuhl im Zimmer saß Peter. „Deine Mutter hat mich endlich über deine Aktivitäten aufgeklärt. Natürlich ist mir nicht entgangen, dass deine Mutter dir ständig Geld zusteckte, aber ich hielt es für besser, mich nichteinzumischen. Typisch besorgte Mutter, dachte ich …“
    „Ich habe nicht um Geld gebeten“, verteidigte sich Peter. „Aber ich konnte die jungen Frauen wohl kaum in meinem Haus behalten, bis wir Verbindung zu ihren Familien aufgenommen hatten.“
    „Ja, ja, das sehe ich doch ein. Und jetzt verstehe ich auch, was deine Mutter meinte, als sie sagte, du hättest dich geändert. Das heißt, dein verantwortungsloses Benehmen hast du aufgegeben, aber ich glaube, du bist genau der großartige junge Mann, der du immer gewesen bist.“
    Peter hielt den Atem an. Es war an der Zeit, zu sagen, was gesagt werden musste. Das, von dem er endlich erkannte, dass es die Wahrheit war.
    „Es tut mir leid, Vater. Kannst du mir verzeihen?“
    „Ach, mein Junge!“, rief Mr Desmond, stand auf und zog seinen Sohn hoch, bis er vor ihm stand. „Du hättest die ganze Zeit über nur darum zu bitten brauchen.“
    Die beiden Männer, Vater und Sohn, umarmten sich, und die Jahre der Feindschaft und Entfremdung lösten sich in
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