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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann
Autoren: Sven Regner
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aber besser vorbereitet. Dann rieb er sich die Augen.
    „Kärperlich ist Schlaf nicht so wichtig. Aber wenn Sie erst mal zwei, drei Nächte nicht geschlafen haben, werden Sie auch irgendwann verräckt. Deshalb ist schwer zu sagen, was hier Roß und was Reiter ist. Ist er verruäckt geworden, weil er so lange nicht geschlafen hat? Oder hat er so lange nicht geschlafen, weil er verruäckt geworden ist?"
    Ja, was?" fragte Herr Lehmann.
    „Naja, ich wurde sagen: von beidem ein bißchen. Das muß man erst rauskriegen. Vielleicht ist es nur voruäbergehend, aber vielleicht ist es auch eine ausgewachsene Depression. "
    Herr Lehmann sah zu Karl hinuäber, der auf dem Ruäcken lag, wie ein gestrandeter Wal, und schnarchte. Er kampfte mit den Tränen. Jetzt werde ich selber noch labil, dachte er. Wenn das so weitergeht, dachte er, und: buff!
    Was wuärde das heißen?" fragte er.
    „Das dauert. Ich empfehle in solchen Fallen immer, die Leute wieder nach Hause zu schicken und dort zu therapieren. Es sind ja fast immer Leute aus Westdeutschland."
    „Dann soll er wieder nach Herford, oder was?"
    „Wenn's schlimm ist - manchmal hilft das. Manchmal ist es auch kontraproduktiv. Das hat ja auch was Regressives, wenn man in so einer Situation wieder heimkommt. Das hangt auch von der Familie ab. Und die Sache kann auch angeboren sein, dann hat man einen mehr davon in der Familie, wer will das schon." Er lachte. „Muß man mal sehen. Die Frage ist doch: Was will er morgen? Will er wieder raus? Sollen wir ihn hier gegen seinen Willen festhalten, weil er gefährlich oder gefährdet ist? Ihn erst einmal mit Medikamenten ruhigstellen und dann langsam aufmachen und mal gucken? Kann man noch nicht sagen."
    Und jetzt?"
    Der Arzt stand auf, ging zur Liege und schnallte Karl mit zwei daran hängenden Gurten fest.
    Jetzt bringe ich Ihren Freund erst einmal auf die Station, da betten die ihn dann um. Wenn Sie wollen, kännen Sie ihn ja morgen mal besuchen."
    Ja klar" , sagte Herr Lehmann.
    Der Arzt nahm die Papiere vom Tisch und legte sie auf Karls Bauch. Dann beugte er sich noch einmal daruäber. Ihre Adresse und Telefonnummer haben wir ja, nicht wahr? Und Sie sagen seinen Eltern Bescheid?"
    „Wenn ich sie finde."
    „Gut. Übrigens, haben wir heute nicht den Neunten?"
    „Ja."
    „Na dann: Herzlichen Gluckwunsch zum Geburtstag."
    Danke" , sagte Herr Lehmann.
    „Konnen Sie dann mal die Tör aufmachen?"
    Herr Lehmann tat das. Der Arzt schob Karl an ihm vorbei nach draußen. Herr Lehmann ging hinterher und schloß die Tur. Der Arzt schuttelte ihm noch einmal schlaff die Hand.
    „Ich könnte es auch kerniger machen", sagte er unvermittelt und schaute seine Hand an. „Aber das liegt mir nicht. Die Leute lesen zu viel in den Händedruck hinein."
    Gut, daß Sie das sagen", sagte Herr Lehmann. Kommen Sie morgen mal vorbei. Station 7."
    Okay" , sagte Herr Lehmann, und sie trennten sich. Der Arzt ging zu Station 7, und Herr Lehmann ging seinen Geburtstag feiern.
Kapitel 20  PARTY
    Herr Lehmann wollte nicht nach Hause, da erwartete ihn nichts außer ein paar Buchern und einem leeren Bett. Vielleicht sollte ich mir doch mal wieder einen Fernseher anschaffen, dachte er. Er schötzte, daß es etwa acht Uhr abends war. Es ist ein guter Abend, um sich zu besaufen, dachte er. Er hatte frei, was selten genug vorkam, und schon deshalb kam es fur ihn uberhaupt nicht in Frage, ins Einfall zu gehen, er hatte es sich zum Prinzip gemacht, niemals als Kunde in die Kneipe zu gehen, in der er gerade arbeitete. Das sieht sonst so aus, dachte er immer, als ob man nichts Besseres wuößte oder sonst keine Bekannten hatte. Außerdem wollte er niemanden von der ganzen Bagage sehen, die dort heute nachmittag herumgehangen und ratlos seinen besten Freund angeglotzt hatte. Er wollte auch ihre Fragen nicht höoren und keine Erklaörungen abgeben und schon gar nicht von ihnen erklaört bekommen, was ihrer Meinung nach mit Karl los war, ihn schauderte bei dem Gedanken an das dumme Geschwötz, das losbrechen wurde, wenn er jetzt unter seinen Bekannten auftauchte, die, wenn er ehrlich war, alle mehr oder weniger mit dem Einfall zu tun hatten. Oder mindestens mit Erwin. Es ist alles vorbei, dachte er und merkte erst jetzt, wie sehr ihn das Ende seiner Liebesgeschichte mit Katrin aus der Bahn geworfen hatte.
    Ich haötte mich mehr um Karl kuömmern sollen, dachte er, waöhrend er langsam vom Urbankrankenhaus am Kanal entlanglief. Aber er hatte die letzten Tage fast voöllig
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