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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann
Autoren: Sven Regner
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ist offen, was soll das uberhaupt heißen, die Mauer ist offen. Der Arsch ist offen."
    Herr Lehmann guckte sich um. Der Barmann erzaöhlte es anderen Leuten, und die Sache schien sich herumzusprechen. Es gab aber keine große Aufregung, alle machten weiter wie bisher.
    „Naja, wenn das stimmt ... Kann doch sein", sagte Herr Lehmann.
    „Und wenn schon, was soll das heißen, die Mauer ist offen."
    „Was weiß ich."
    Sie bestellten noch ein Bier. Als sie es halb ausgetrunken hatten, wurde Heiko plötzlich munter.
    „Das sollten wir uns angucken", sagte er.
    „Laß uns zur Oberbaumbräcke gehen", sagte Herr Lehmann. „Da geht's doch ruber."
    „Ja. Nur mal gucken."
    „Aber erst austrinken", sagte Herr Lehmann.
    Sie tranken das Bier aus und gingen die Skalitzer Straße hinunter zur Oberbaumbruöcke. Viel war nicht los auf der Straße. Wahrscheinlich wieder nur so ein Geschwatz, dachte Herr Lehmann.
    Aber als sie an der Oberbaumbriicke waren, kamen da tatsächlich Menschen heröber. Es waren nicht viele. Vielleicht ist der erste Ansturm schon vorbei, dachte Herr Lehmann, es kann doch nicht sein, daß die Mauer offen ist und dann kommen nur so ein paar Leute. Er stellte sich mit Heiko unter die Kreuzberger, die da standen und sich die Sache anschauten. Ganz friedlich und einer nach dem anderen kamen Leute zu Fuß heröber und gingen dann irgendwo hin. Richtige Stimmung ist das nicht, dachte Herr Lehmann.
    „Die kommen da echt einfach röber", sagte Heiko verblöfft. „Ist das uberall so?" fragte er einen Mann, der neben ihm stand.
    „Mußt mal zu die anderen Übergänge gehen. Das ist doch Kleinkram hier", sagte der Mann, der auch nicht ganz nuchtern war. „Das ist doch Pipifax hier mit die Fußganger."
    Herr Lehmann beobachtete die Leute aus dem Osten. Sie wirkten etwas unsicher und sahen sich aufmerksam um.
    „Das sieht hier ja aus wie bei uns", härte er eine Frau sagen.
    „Das ist doch Pipifax hier mit die Fußgänger", sagte der andere Mann wieder. „Ich geh wieder zum Moritzplatz, da ist wenigstens was los."
    Komische Sache", sagte Heiko.
    „Laß uns mal zum Moritzplatz gehen", schlug Herr Lehmann vor.
    „Ach Scheiße, das ist mir jetzt zu weit."
    „Ich geb ein Taxi aus."
    „Ich weiß nicht, das ist doch Scheiße."
    „Heiko, echt mal. Nur mal eben gucken."
    „Jetzt findest du eh kein Taxi."
    „Klar finde ich jetzt ein Taxi."
    Sie gingen zum Schlesischen Tor. Herr Lehmann hatte Gluck. Es kam sofort ein Taxi, und es hielt auf Herrn Lehmanns Winken hin auch an.
    Seid ihr aus dem Osten?" fragte der Taxifahrer, als sie einstiegen.
    „Klar", sagte Heiko und grinste. „Mann, ist das irre hier im Westen."
    Wo wollt ihr denn hin?"
    „Übergang Heinrich-Heine-Straße", sagte Heiko. „Da sind meine Verwandten, die wollen mit dem Auto ruber."
    Herr Lehmann schwieg. Er wunderte sich plotzlich öber Heiko, so hatte er ihn noch nie gesehen.
    Habt ihr denn Westgeld?"
    „Na logo."
    Na dann . . . " Der Taxifahrer fuhr los.
    „Wie isses denn so im Westen fur euch?"
    „Na irre. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll."
    „Sag ich doch. Ünd wieso habt ihr Westgeld?"
    „Von Oma."
    „Ach so."
    Ganz bis zum Moritzplatz kamen sie gar nicht mehr, die Straßen waren zu verstopft.
    Laß uns hier mal aussteigen, Herr Lehmann", sagte Heiko. Das wird uns sonst zu teuer", sagte er zum Taxifahrer, wir muässen uns das Westgeld gut einteilen."
    „Kann ich mir vorstellen."
    „Gib mal Westgeld, Herr Lehmann. Hier, stimmt so."
    „Na, ich bedanke mich. Warum ist denn dein Kollege so still?"
    „Der ist in der Partei, fur den ist heute Trauer."
    „Na, das hab ich gern."
    „Ist kein schlechter Kerl."
    Am Moritzplatz hatte Herr Lehmann jubelnde Massen erwartet, aber dafur war es wohl schon zu spat. Es gab nur eine unendliche Autolawine, die sich aus dem Osten kommend in den Kreisverkehr ergoß und dann in alle Richtungen verteilte. Es war ein Riesenlaärm, und es stank hoällisch nach Abgasen.
    „Ach du Scheiße", sagte Heiko. „Ach du Scheiße."
    Wo wollen die bloß alle hin?"
    „Kudamm wahrscheinlich."
    Wieso Kudamm?"
    Wohin denn sonst . . . "
    Sie standen eine Weile da und schauten sich das an. Dann wurde ihnen langweilig.
    „Mir reicht's", sagte Heiko, „ich hau ab. Ich geh mal nach Schoneberg."
    „Was willst du denn in Schoneberg?"
    Mal gucken, was jetzt in der schwulen Sub so los ist. Da brennt jetzt die Hutte, da kannst du Gift drauf nehmen. Außerdem kann es ja sein, daß ich ein paar Kumpel von fruher
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