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Henningstadt

Henningstadt

Titel: Henningstadt
Autoren: Marcus Brühl
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fährt direkt zu Steffen. Steffen ist froh, ihn zu sehen. «Du kommst mir gerade recht», sagt er und will Hen ning schon den Weg ins Schlafzimmer zeigen. Aber Henning will sich nicht als Sexualobjekt benutzen lassen, bevor er seine Geschichte angebracht hat.
    «Ich weiß, wer der Mörder ist!», sagt Henning auf ge regt.
    Steffen lacht. «Es gibt keinen Mord, du Superdetektiv! — Noch nicht», fügt er ernster hinzu.
    Henning setzt sich und sprudelt los: «Erik war ’ s! Erik aus meiner Stufe. Wir waren an dem Abend zusammen Bier trinken, hab ich ja erzählt. Isa, Erik und ich, den Tag, bevor ich dir hinterhergefahren bin. Oder zwei Tage vor her. Wir waren zusammen da, und dann war Lars im Kran kenhaus. Und Erik und Lars hatten ein Stück Weg zusammen. Und er hat Lars angeschnauzt, er soll Isabell nicht so anstarren. Wir waren eben bei ihm: Erik hat eine Schramme am Oberarm. Sein rotes T-Shirt hab ich aus der großen Mülltonne vor dem Haus gezerrt. Der Ärmel ist eingerissen. Die Fäden an dem Drahtzaun am Friedhof! Er innerst du dich? Er war ’ s!»
    Henning verliert die Lust an der Entdeckerfreude. Hof fentlich muss Lars nicht sterben.
    «Na ja, das machen bürgerliche Familien so, wenn was Löcher hat. — Vielleicht sind sie auch einfach zusammen da gewesen und Erik ist weggelaufen, als es brenzlig wur de.»
    «Hm», macht Henning. Für ihn ist seine Geschichte total schlüssig, aber wissen kann man es natürlich nicht. Man könnte Erik fragen und sehen, wie er reagiert. Man muss ihn mit den Tatsachen konfrontieren.
    «Hast du mir von dem nicht mal vorgeschwärmt?», fängt Steffen an. «Wir könnten ihn ja erpressen. Entweder er fickt mit uns oder wir verraten ihn. Wenn dann nichts passiert, hast du falsch getippt.»
    Hennings Augen werden zu Schlitzen. «Er ist aber mit Isa zusammen und außerdem wacht Lars auch bald auf. Hoffentlich. Dann wissen wir mehr.»
    Steffen-Wolf lacht. «Okay. Ich wollte nur mal sehen, wie du reagierst.»
    «Es war geschmacklos!»
    «Aber du willst es!»
    Henning geht nicht darauf ein. «Was soll ich denn jetzt nur machen?»
    «Also wenn er es war, warum hat er es denn ge macht?»
    «Aus Eifersucht!», sagt Henning.
    «Er hat Lars eine geknallt und der ist einfach unglück lich hingefallen? Beide besoffen. Ich meine — Dann war es trotzdem scheiße von diesem Erik, aber wenn es raus kommt und Lars muss sterben, dann hat Erik sein Leben auch hinter sich. Das ist dann totale Scheiße. Knast und so. Nützt keinem und kostet unser aller Geld.»
    Pause. Henning will was trinken.
    «Wenn Lars aus dem Koma aufwacht, dann kann er selbst entscheiden, ob er es sagen will.»
    «Gut. — Du meinst, ich soll am besten gar nichts ma chen?»
    «Ja, mein ich fast. — Aber man kann Erik halt auch nur damit konfrontieren und sehen, ob er die Nerven verliert. Beweisen kann man mit dem T-Shirt sowieso nichts.»
    «Na ja, das stimmt. — Vermutlich.»
    «Habt ihr Lars eigentlich mal besucht?»
    «Man darf nicht hin. Intensivstation.»
     
     
     
    85
     
    Vor dem Abendessen verschwindet Isa, weil sie keine Lust auf Eriks Eltern hat. Die sind eindeutig anstren gen der als ihre eigenen.
    Beim Brotschmieren erzählt der Vater der Familie, ein Junge habe in ihrem Müll gewühlt und einen Lappen oder so was mitgenommen.
    Erik ruft Isa an, ob sie noch mal vorbeikommen kann. Er habe Sehnsucht und außerdem könne er noch mal. Isa schimpft ihn einen alten Angeber und macht sich auf den Weg.
    «Sag mal, Isa?», fragt Erik, nachdem er sein Sperma an ihren Muttermund gespritzt hat, was man in Zeiten von Aids tunlichst vermeiden sollte, auch wenn man schön weit spritzen kann.
    «Jaha?», sagt Isa und freut sich, angesprochen zu sein.
    «Was hältst du eigentlich von Geschichten, wo sich zwei Männer um eine Frau prügeln?»
    «Wieso? Meistens schwachsinnige Western und so.» Erik rollt sich von Isa runter auf die Seite neben sie.
    «Isa?», flüstert Erik, dann Pause. Erik holt tief Luft. «Lars liegt im Krankenhaus und dahingebracht hab ich ihn.»

86
     
    Christian meldet sich bei Steffen und holt ihn aus dem Privat-Ding mit Henning zurück in die Stadt. Die Sache mit den Flyern.
    Die SIH hat eine Protestveranstaltung organisiert, zu sammen mit den Schwusos und den Grünen. Ob Steffen eine Rede halten will. Will er nicht, aber er kommt na tür lich. Und bringt Henning mit, wenn Henning Zeit hat.
    «Freitag Nachmittag also. Sechzehn Uhr vor der Bib lio thek. Und malt noch zwei schöne Transparente. Henning
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