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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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aus wie ein Puzzle, das jemand falsch zusammengesetzt hat!«
    »Der arme Kerl hat das eine oder andere Furunkel. Er stellt die sonderbarsten Dinge damit an. Achte darauf, daß du nie zwischen ihn und einen Spiegel gerätst.«
    Sie begegneten nur wenigen Passanten. Die meisten Leute blieben in den Häusern – es war zu heiß, selbst für einen Sommer in Ankh-Morpork. Jeder einzelne Stein schien Hitze auszustrahlen. Der Fluß wälzte sich träge in seinem Bett wie ein Student gegen elf Uhr morgens. Wer nicht unbedingt unterwegs sein mußte, hockte im Keller und wartete auf den Abend.
    Karotte schritt durch die Straßen, als gehörten sie ihm, und auf seiner Stirn glänzte ein Film aus ehrlichem Schweiß. Ab und zu erwiderte er einen Gruß. Alle kannten ihn. Es war auch kaum möglich, ihn zu übersehen: Es gab sonst niemanden, der zwei Meter groß war und rotes Haar hatte. Außerdem war er ständig in eine Aura unerschütterlicher Zuversicht gehüllt.
    »Im Wachhaus habe ich jemanden mit einem granitenen Gesicht gesehen«, sagte Angua, als sie dem Verlauf des Breiten Weges folgten. »Wer war das?«
    »Das muß der Troll Detritus gewesen sein«, antwortete Karotte. »Früher nahm er es mit den Gesetzen nicht ganz so genau. Aber jetzt, da er sich um Rubins Gunst bemüht, hält er es für angebracht…«
    »Nein, ich meine den
Mann
«, warf Angua ein, die noch nicht wußte, daß Karotte Schwierigkeiten mit Metaphern hatte. »Seine Miene… Er schien sehr niedergeschlagen zu sein.«
    »Oh, du sprichst von Hauptmann Mumm. Soweit ich weiß, ist er von niemandem geschlagen worden. Und in einigen Tagen verläßt er die Wache und heiratet.«
    »Er scheint sich kaum darüber zu freuen«, kommentierte Angua.
    »Keine Ahnung.«
    »Und ich glaube, die neuen Rekruten gefallen ihm nicht.«
    Eine weitere Eigenschaft von Korporal Karotte war, daß er nicht lügen konnte.
    »Nun, er hat wenig übrig für Trolle«, sagte er. »Er schwieg den ganzen Tag, als er erfuhr, daß wir einen Troll-Rekruten in unsere Truppe aufnehmen mußten. Und dann durfte natürlich auch ein Zwerg nicht fehlen – andernfalls hätte es Probleme gegeben. Ich bin ein Zwerg, aber das glauben mir die hiesigen Zwerge nicht.«
    »Ach?« Angua musterte ihn.
    »Meine Mutter bekam mich durch Adoption.«
    »Oh. Nun, ich bin weder Troll noch Zwerg«, sagte Angua zuckersüß.
    »Nein, aber du bist eine F…«
    Angua blieb stehen. »
Das
ist der Grund, nicht wahr? Meine Güte, leben wir nun im Jahrhundert des Flughunds oder nicht? Denkt der Hauptmann wirklich so überholt?«
    »Er ist in seinen Gewohnheiten festgefahren.«
    »Wohl eher erstarrt.«
    »Der Patrizier meinte, wir müßten auch die Minoritäten in der Stadt repräsentieren«, sagte Karotte.
    »Minoritäten!«
    »Tut mir leid. Wie dem auch sei: Am Ende der Woche zieht sich Mumm in den Ruhestand zurück und…«
    Auf der anderen Straßenseite krachte es. Karotte und Angua drehten sich um und sahen jemanden aus einer Taverne stürmen und davonsprinten. Ein dicker Mann mit Schürze folgte ihm, zumindest einige Schritte weit.
    »Haltet ihn! Haltet ihn! Ein Dieb ohne Lizenz!«
    »Ah«, machte Karotte. Zusammen mit Angua überquerte er die Straße und näherte sich dem Dicken, der jetzt nicht mehr lief, sondern watschelte.
    »Morgen, Herr Flanell«, sagte er. »Ärger gehabt?«
    »Der Kerl hat sieben Dollar stibitzt, ohne mir die Diebeslizenz zu zeigen!« beschwerte sich Herr Flanell. »Unternimm was dagegen! Immerhin zahle ich pünktlich die Steuern!«
    »Gleich beginnt eine wilde Verfolgungsjagd, keine Sorge«, erwiderte Karotte ruhig und holte ein Notizbuch hervor. »Sieben Dollar wurden gestohlen?«
    »Mindestens vierzehn.«
    Flanell richtete den Blick auf Angua, blinzelte und sah genauer hin – eine typisch männliche Reaktion.
    »Warum trägt sie einen Helm?«
    »Sie ist ein neuer Rekrut, Herr Flanell.«
    Angua lächelte, und Flanell trat einen Schritt zurück. »Aber sie ist eine…«
    »Man muß mit der Zeit gehen«, sagte Karotte und steckte das Notizbuch weg.
    Flanell besann sich wieder auf das Geschäftliche.
    »Von achtzehn Dollar mußte ich Abschied nehmen, wahrscheinlich für immer«, sagte er scharf.
    »Oh,
nil desperandum,
Herr Flanell,
nil desperandum«,
entgegnete Karotte fröhlich. »Komm, Obergefreite Angua. Setzen wir die Ermittlungen fort.«
    Er schlenderte los, und Flanell starrte den beiden Wächtern mit offenem Mund nach.
    »Vergeßt meine fünfundzwanzig Dollar nicht!« rief er ihnen
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