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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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nach.
    »Wie sollen wir den Dieb einholen, wenn wir nicht rennen?« fragte Angua.
    »Ich kenne eine viel einfachere Methode.« Karotte trat in eine Gasse, die so schmal war, daß sie nur für einen aufmerksamen Beobachter zu erkennen war. Zwischen zwei feuchten, moosbewachsenen Wänden setzten sie ihren Weg durch eine Welt des Zwielichts fort.
    »Eine interessante Sache«, meinte er nach einer Weile. »Bestimmt wissen nicht viele Leute, daß man vom Breiten Weg aus die Zephirstraße erreichen kann. Wenn man jemanden danach fragt, so bekommt man folgende Auskunft: Es ist unmöglich, von hier zur anderen Seite der Hemdgasse zu gelangen. Aber das läßt sich durchaus bewerkstelligen. Man geht einfach über die Mormiusstraße, zwängt sich
hier
an den Pfählen vorbei in den Darmkollerpfad – nicht übel, diese Dinger, sehr stabiles Eisen –, und schon ist man in der Weilandgasse…«
    Am Ende der Gasse blieb er stehen und lauschte eine Zeitlang.
    »Worauf wartest du?« fragte Angua.
    Jemand kam ziemlich schnell näher und schnaufte dabei hingebungsvoll. Karotte lehnte sich an die Wand und streckte einen Arm in die Zephirstraße. Ein dumpfes Pochen erklang, Karottes Arm rückte nicht einen Zentimeter zur Seite. Genausogut hätte der Dieb gegen einen massiven Balken laufen können.
    Sie blickten auf den Bewußtlosen hinab. Silbermünzen rollten über das Kopfsteinpflaster.
    »Oje, oje, oje«, sagte Karotte. »Armer alter Hierundheute. Er hat mir
versprochen,
endlich damit aufzuhören. Na ja…«
    Er griff nach einem Bein.
    »Wieviel Geld ist es?« fragte er.
    »Sieht nach drei Dollar aus«, antwortete Angua.
    »Gut. Die exakte Summe.«
    »Nein, der Ladeninhaber sprach von…«
    »Komm. Kehren wir zum Wachhaus zurück. Hierundheute kann sich freuen. Dies ist sein Glückstag.«
    »Warum soll heute sein Glückstag sein?« fragte Angua. »Wir haben ihn doch geschnappt, oder?«
    »Ja.
Wir.
Wenn ihn die Diebesgilde vor uns erwischt hätte – sie hätte ihn nicht annähernd so freundlich behandelt.«
    Hierundheutes Kopf hüpfte von Kopfstein zu Kopfstein.
    »Klaut drei Dollar und rennt dann direkt nach Hause.« Karotte seufzte erneut. »Typisch für ihn. Er ist der schlimmste Dieb auf der ganzen Welt.«
    »Eben hast du doch gesagt, daß die Gilde…«
    »Wenn du länger hier bist, verstehst du allmählich, wie alles läuft«, sagte Karotte. Hierundheutes Kopf stieß an die Bordsteinkante. »Man braucht eine Weile, um alles zu durchschauen. Und dann gelangt man zu einer erstaunlichen Erkenntnis: Es funktioniert. Ich wünschte, dem wäre nicht so, aber es funktioniert tatsächlich.«
     
    Während Hierundheute auf dem Weg zum Wachhaus eine Gehirnerschütterung erlitt, kam ein Clown ums Leben.
    Er wanderte durch die Gasse und fühlte sich völlig sicher, weil er bereits die Jahresgebühr an die Diebesgilde entrichtet hatte. Plötzlich trat vor ihm eine dunkle Gestalt aus den Schatten.
    »Beano?«
    »Oh, hallo… Bist du das, Edward?«
    Die Gestalt zögerte.
    »Ich wollte gerade zur Gilde zurück«, sagte Beano.
    Die dunkle Gestalt nickte.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« fragte der Clown.
    »Es tut mir sehr l-eid«, lautete die Antwort. »Es geschieht zum Wohle der Stadt. Es ist nichts P-ersönliches.«
    Mit einem Schritt war die Gestalt hinter dem Clown. Etwas knackte, und dessen inneres Universum schien sich einfach auszuschalten.
    Der Clown setzte sich auf.
    »Au«, sagte er. »Das tat w…«
    Er unterbrach sich, als er merkte, daß das gar nicht stimmte – er fühlte gar keine Schmerzen.
    Edward d’Eath sah entsetzt auf ihn hinunter.
    »Oh… Ich wollte nicht so fest zuschlagen! Ich wollte dich nur, vorübergehend ins Reich der Träume schicken.«
    »Warum mußtest du mich überhaupt schlagen?«
    Und dann begriff Beano, daß Edward durch ihn hindurchsah, daß seine Worte gar nicht
ihm
galten.
    Er blickte zu Boden und erlebte jenes spezielle Empfinden, das nur gerade verstorbene Personen kennenlernen: Erschrocken erkannte er, wer dort vor ihm auf dem Pflaster lag, und er fragte sich, mit wessen Augen er sah.
    HALLIHALLO.
    Beano hob den Kopf – oder das, was er für seinen Kopf hielt.
    »Wer ist da?«
    TOD.
    »Tod wer?«
    Die Luft war plötzlich frostig. Edward klopfte dem Clown verzweifelt auf die Wangen – beziehungsweise auf das, was bis eben seine Wangen gewesen waren.
    KÖNNEN WIR NOCH EINMAL VON VORN ANFANGEN? MIT SOLCHEN DINGEN KOMME ICH OFFENBAR NICHT SEHR GUT ZURECHT.
    »Wie bitte?« erwiderte Beano.
    »Es tut
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